
Manchmal ist der Weg von Shirt zum Shirtdress, von der Hemdbluse zum Hemdblusenkleid kürzer als gedacht.
Natürlich habe ich den Hemdblusenkleid-Sewalong von Tina und Manuela von Anfang an verfolgt. Zu einer Teilnahme konnte ich mich anfangs nicht so recht entschliessen, da Kleider grad nicht so auf meiner Liste standen. Aber die netten Beiträge des Sewalongs und die inspirierenden Kommentare taten – erwartungsgemäß- ganze Arbeit, und so freue ich mich sehr, zum Abschluß des Sewalongs hier auch mein Hemdblusenkleid zu präsentieren.

Genährt habe ich einen Hack des Donny Shirts von Friday Pattern. Der Donny Shirt erfreut sich allgemein großer Beliebtheit, nicht nur bei mir, sondern in der gesamten Nähcommunitiy. Das Geheimnis ist wohl eine legere, unkomplizierte Paßform in Verbindung mit einem modischen Erscheinen, dazu kommt, daß Donny so ziemlich aus jedem Stoff genäht werden kann und immer gut aussieht.
Meine drei bisherigen Kurzarm Donny-Variationen trage ich jedenfalls grade bei warmem Wetter sehr, sehr gerne. Die Langarmfassung liegt im Schrank und wartet auf den Herbst:-)
Donny hat einen Reverskragen, über dessen Nähtechniken sich eine sehr bekannte amerikanische Bloggerin ihre Gedanken gemacht hat. Die Diskussion darüber, die zumindest für mich sehr lehrreich war, kann man in meinem letzten Teil des Sewalongs nachlesen.
Wie kommt man denn jetzt vom Hemd, von der Bluse zum Kleid? Es gibt da zwei Wege, die aber sicher auch kombiniert werden könnten. Natürlich könnte man einen Blusenschnitt einfach verlängern, bis er ein Kleid ist. Wenn der Schnitt weit genug ist, um über die Hüfte zu passen, kann das ganz gut aussehen. Mir fällt da spontan das Kalle Shirt und Dress von Closet Core ein, hier finde ich das sehr gelungen.

Der andere Weg, den auch ich gewählt habe, sieht einen Designwechsel an der Taille des Shirts vor und fügt einen Rock an. Wenn ich mir auf Instagramm den Hashtag #donnyshirtdress anschaue, ist das auch die häufigste Variante. Auch auf dem Blog von Friday Pattern gibt es Kleidvarianten von Donny nach diesem Schema.

Ich habe am Donnyschnitt einige Änderungen vorgenommen, um zum Kleid zu kommen. Zunächst einmal habe ich einen Brustabnäher eingefügt, das tut den meisten abnäherlosen Oberteilen sowieso gut, finde ich. Auch wenn es von den reinen Massen her nicht notwendig wäre, Donny hat im Brustbereich eine Mehrweite von 18-21 cm, denke ich, das war die richtige Entscheidung. Die durch die FBA entstandene Mehrweite im Taillenbereich habe ich wieder entfernt- weiter wollte ich die Taille meines Kleides auf keinen Fall.

Das Rückenteil des Donnyshirts hat eine Passe und ein leicht eingereihtes Oberteil. Ich habe in der hinteren Mitte ca 1 cm rausgenommen und den Rest der Mehrweite, die durch das einkräuseln entstand, mit zwei Abnähern zur Taille hin wieder reduziert.
Die Taille selbst hatte ich einige cm tiefer gelegt als meine natürliche Taille. Dazu liest man im Buch „Kleid-Grundschnittvariationen “ von Harumi Maruyama:
Tiefe Taille: der Designwechsel zur niedrigen Taille hin verschoben. Durch das verlängerte gerade Oberteil entsteht ein femininer, eleganter Eindruck.
Ja, das wollte ich natürlich, und so schnitt ich das Oberteil um ca 5 cm länger zu als die Taillenlinie. Eine Anpassung des Musters der beiden Vorderteile habe ich kurz überlegt, aber da mein Stoff nicht so reichlich war, habe ich mich dagegen entschieden und finde es mittlerweile auch ganz schön, daß die Naht in der vorderen Mitte sichtbar ist. Für den Rock musste ich meinen Stoff um 90° drehen, um ausreichend Weite zum Einkräuseln zu erreichen, aber bei diesen großformatigen Blumen stört es nicht. Die Rockweite ist ca 1,5 fach zur Taillenweite, das ist vermutlich so das Mindestmaß an Einkräuselweite für diesen feinen Stoff. Auf Instagram finden sich auch Beispiele, bei denen die 1,2fache Menge Stoff eingekräuselt wird, aber das sind dann festere Stoffe wie Leinen.

Der Stoff ist, wie sicher alle schon längst erkannt haben, ein Liberty Tana Lawn. Wunderschön, zart und seidig von der Haptik, und auch beim Vernähen einfach ein Traum.
Beim Entwerfen und Nähen des Kleides hatte ich zwei Gedanken, die ich umsetzen wollte. Der erste war ganz praktischer Natur: ich wollte ein Kleid, das ich ohne Verschluß einfach überziehen kann. Das ist ein Punkt, den ich ich am Donnyshirt so gerne mag, man zieht es einfach an, muß nicht groß zuknöpfen und vor allem keinen Reißverschluß am Rücken zusammen fummeln.
Andererseits wollte ich auch kein Kleid, das zu weit und unförmig aussieht. Auch wenn oversize grad so modern ist, mir steht das nur in begrenztem Maße, es ist meistens besser für mich, wenn die Mitte des Kleidungsstückes wie auch immer definiert wird.

Die erste Frage beantwortete mir wieder mein oben schon genanntes Lieblingsbuch:
Bei Kleidern ohne Verschluss muss man die Weite des Oberteils und das Maß des Halsausschnitts überprüfen. Die Weite sollte größer sein als die Körperweite (gemessen mit nach oben gestreckten, leicht geöffneten Armen inclusive der Arm + 5 cm Spielraum…
Kleid-Grundschnittvariationen Harumi Maruyama (Hrsg)
Nach meiner Berechnung mußte es locker passen, und so ist es im Endeffekt auch, ich komme wunderbar in mein Kleid hinein und ohne große Verrenkungen auch wieder heraus.
Die andere Frage war schwieriger. Ich habe natürlich den eingekrausten Rock erstmal angesteckt und fand das auch ganz gut, aber der Gesamteindruck ergab sich erst nach dem finalen Annähen des Rockes. Und der Gesamteindruck war schon – sehr weit und unförmig.

Also wurde Plan B ausgeführt, denn ich hatte mir natürlich im Vorfeld überlegt, wie ich ein bisschen Taille in dieses Kleid bringe. Einen Gummizug in der Taille wollte ich nicht, das mag ich bei den warmen Temperaturen nicht so gerne. Für einen kompletten Gürtel hatte ich nicht mehr genug Stoff, aber die Stoffreste haben für kurze Bändel gereicht, die ich am Rückenteil befestigt habe. Diese Verschlussvariante hatte ich vom Darling Ranges Kleid von Megan Nielsen in Erinnerung. Ich habe die Bändel hier nur locker gebunden, ich finde, das reicht schon aus, um etwas Form ins Kleid zu bringen.
Ach ja, Taschen hat das Kleid natürlich auch, in diesem Fall Nahttaschen, genäht nach diesem Tutorial.
Und so reihe ich mich jetzt gerne ein in die Reihe der Hemdblusenkleidernäherinnen, die Tina heute sammelt. Ich bin schon so gespannt auf die Tagebilder der anderen, das ist eine großartige Modenschau. Ganz herzlichen Dank an Euch, Tina und Manuela, für die Idee und das Hosten dieses Sewalongs, und vor allem für die viele Zeit, die Ihr hier investiert habt!
Liebe Grüße, Barbara
So ein wunderschönes Kleid und es steht dir so super. Es stehen viele Gedanken dahinter, aaber das hat sich sichtlich gelohnt. Der Stoff ist ein Traum. Danke für die ausführliche Beschreibung und fürs zeigen.
MfG Lila-Cat
Bravo, dein Kleid sieht wunderbar weiblich und lässig zugleich aus. Länge, Weite, Taille, alles gut abgestimmt. Da hast du deine Vorstellung richtig gut getroffen.
Wie schön, dass du mitgemacht hast! Deine Überlegungen zum Kragen und der vertieften Taille finde ich sehr spannend.
Liebe Grüße Christiane