Ich zeige heute einen neuen Schnitt von Colette, das Kleid Rue. Die Präsentation von neuen Schnitten verläuft bei Colette ja immer absolut professionell.. Schon viele Tage vorher werden im Blog und auf Instagram erste Einblicke auf das neue Modell gestreut, natürlich immer nur häppchenweise, so daß die Neugier steigt. Dieser neue Schnitt wurde auch als die „Rückkehr zu Vintage-Modellen “ eingeführt. Wenn der Schnitt dann erscheint, gibt es gleich ein stimmungsvolles Video, das die Modelle vorführt…hier müssen etliche sehr gute Profis am Werk sein. Egal wie, Werbung ist erlaubt, und ich fand diesen neuen Schnitt gleich sehr schön und interessant, so daß ich ihn fast unmittelbar genäht habe.
Rue ist also ein Kleid im Vintage-Stil. Vintage ist in diesem Fall wohl die Form des Oberteiles mit den geschwungenen Nähte. 50-er Jahre? Oder 40-er Jahre? Das mögen die Vintage-Spezialistinnen entscheiden!
Die Nähte im Vorderteil sollen mit Paspeln betont werden. Das mittlere Vorderteil hat seitlich je zwei kleine Falten. Es gibt zwei Rockvarianten, von denen ich die schmale Form gewählt habe , die im Vorderteil zwei leicht eingekrauste Partien hat. Es gibt aber auch einen weiten Rock mit Falten. Im Schnitt sind zwei Ärmellängen enthalten, kurz und etwas 3/4 lang. Das Kleid ist gefütter und wird hinten mit einem nahtverdeckten Reißverschluß geschlossen.
Bei der Stoffauswahl wird ein mittelfester Stoff empfohlen, unter anderem werden auch Patchworkstoffe als geeignet angesehen. Nun gibt es ja so wunderschöne Patchworkstoffe, die ich als Nicht-Patchworkerin bisher nur andächtig bestaunt habe. Aber jetzt hatte ich also die Legitimierung, einen Stoff aus der Art Gallery Serie Athena „LaureateDeep“ zu bestellen. Den habe ich schon eine Weile angeschmachtet, und der sollte jetzt bei mir zum Kleid Rue werden. Passendes Futter und sogar eine Paspel hatte der lokale Stoffdealer, und so konnte ich gleich loslegen.
Den Schnitt hatte ich als pdf bestellt und wie immer plotten lassen. Bei diesem Schnitt ist das schon viel Papier, das ich dann geschickt bekam, nämlich 5 DinA0 Bögen. Natürlich beanspruchen die beiden Rockformen viel Fläche, aber musste man wirklich für jedes Futterteil einen extra Schnitt ausdrucken? Die Futterteile unterscheiden sich von den eigentlichen Schnittteilen nur durch eine etwas geringere Nahtzugabe ringsum, so wie ich es ausgemessen habe. Im Colette-Sewalong, der ja mittlerweile auch begonnen hat, wird sogar nur von einer geringeren Nahtzugabe am Halsausschnitt gesprochen. -Also, diese Schnittteile kann man sich sparen abzupausen.
Ich hatte versucht, den Schnitt mit meinem Grundschnitt abzugleichen, bin dabei aber nicht sehr weitgekommen. Ich hatte schon verstanden, daß der Abnäher im Vorderteil in der seitlichen Passe versteckt ist. Aber die Fältchen im Oberteil, sollten die über dem Brustpunkt liegen, oder ganz woanders? Nach den ersten Kommentaren auf Instagram war mir zumindest klar, daß die Paspelnaht im Oberteil eben nicht wie eine Prinzessnaht genau über den Brustpunkt laufen soll, sondern etwas darunter.
Der Armausschnitt erschien mir zu hoch, den habe ich etwa 2cm nach unten gelegt und damit auch die Zwischnnaht nach unten geschoben.So verläuft sie bei mir knapp unterhalb des Brustpunktes , könnte aber noch weiter nach unten gesetzt werden.
Die Falten im mittleren Teil sind zwar ein schönes Detail, fielen aber bei mir in dem doch etwas steifen Stoff irgenwie eigenartig. Da auch der Ausschnitt vorne etwas abstand, habe ich am Ausschnitt kurzerhand zwei kleine offene Abnäher eingefügt, die in der Richtung der Falten liegen. Mir ist das nicht ganz symmetrisch gelungen, aber mit dem Ergebnis bin ich zumindest zufriedener als mit dem klaffenden Ausschnitt.
Das Nähen war ansonsten völlig unproblematisch. Wie immer bei Colette, ist die Beschreibung gut und ausführlich. Ich habe neue Techniken gelernt: eine Paspel hatte ich bisher noch nicht eingenäht. Dabei ist das gar nicht so schwierig, zumal ich den Ratschlag von Fröbelina gelesen hatte und dafür den Fuß für nahtverdeckte Reißverschlüsse verwendet hatte. Ich hatte erst Bedenken, ob das geht, da ja die Paspel doch dicker ist als die Raupe des Reißverschlusses, aber das Füßchen lief problemlos auf der Paspel.
zum Glück hatte ich kompetente Hilfe beim Nähen |
Das Kleid ist komplett gefüttert. Viel mehr Arbeit ist das eigentlich nicht, man näht einfach den Schnitt nochmal aus Futterstoff und spart sich dadurch das Versäubern der Nähte. So steht es jedenfalls in der Anleitung- ob das wirklich korrekt ist? Überstehen denn die unversäuberten Nähte die Waschmaschine? man wird sehen!
Die Ärmel sind mit dem Oberstoff gedoppelt. Lustig ist das Verstürzen des Futters vom Oberteil mit den Ärmeln. Das geht wirklich mit der Nähmaschine, wenn man beherzt zwischen Futter und Oberstoff greift, sich die entsprechenden Nahzugaben schnappt und in zwei Etappen jeweils von der Achsel zur Schulter näht.
Und so ein gefüttertes Kleid fühlt sich beim Anziehen schon toll an!
Am Rückenausschnitt blitzt das weiße Futter immer leicht hervor, stört mich nicht wirklich, da ich mich selten von hinten sehe. Ich glaube , das liegt daran, daß der hintere Halsausschnitt auch nicht ganz optimal anliegt.
Im Herst braucht man für ein kurzärmliges Kleid natürlich auch ein passendes Jäckchen, und ich habe mich sehr gefreut, daß mein Wickeljäckchen farblich gut dazu passt:
Insgesamt bin ich mit dem Schnitt recht zufrieden. Ich habe beim Nähen viel gelernt, und das ist ja auch schon etwas wert. Ob ich das Kleid oft und gerne tragen werden, weiß ich noch nicht. Es ist schon sehr Vintage-mäßig und entspricht nicht so meinem sonstigen Kleidungsstil. Aber wer weiß, ein Stil kann sich ändern, und vielleicht wird dieses Kleid ein Auftakt zu weiteren Vintage-Kleidern?
Jetzt freue ich mich erstmal auf die Parade der anderen gut gekleideten Frauen am memademittwoch,
die von Dodo in einem traumhaften Blumenrock angeführt wird.
Ganz lieben Dank für Deine ausführliche Beschreibung. Da habe ich wieder etwas gelernt. Habe auch direkt bei Fröbelina nachgeschaut, wie das mit der Paspel ist. Dafür liebe ich den MMM. Ich finde Dein Kleid sehr gelungen, werde mir gleich mal im Internet den Schnitt raussuchen. Mit dem Jäckchen dazu hast Du sogar ein passendes Herbstoutfit.
LG Epilele
Liebe Epilele,
vielen Dank! Ja , ich finde das auch so toll am MMM, daß man Informationen und Tipps weiter geben kann. Und ich hoffe, daß ich das Kleid in den kommenden Tagen auch noch ohne Jäckchen tragen kann…
LG Barbara
Mir gefällt Dein Kleid sehr gut und es wirkt auf mich auch nicht so vintage-lastig. Für mich ein sehr schönes Sommerkleid und mit Deiner tollen Wickeljacke wird es auch noch herbsttauglich, bitte weiter tragen, steht Dir wirklich sehr gut! LG, Tanja
Liebe Tanja, vielen Dank für Deine Rückmeldung! Wenn man einige Zeit an so einem Teil genäht hat, wird man glaube ich auch etwas betriebsblind und sucht nur noch nach Fehlern- um so mehr freue ich mich über Deine positiven Äußerungen!
LG Barbara
Das Kleid sieht schön aus. Vielen Dank für deine Schnittbeschreibung. Ich habe den Schnitt auch, mal sehen, wann ich zur Umsetzung komme.
Viele Grüße
Julia
Liebe Julia,
Danke für Deinen Kommentar! Ja, da würde ich mich sehr freuen, Dich bald in diesem Schnitt zu sehen!
LG Barbara
Ich finde das Kleid nicht zu retro zum Anziehen! Ich finde Colette finden da ja immer eine gelungene Balance, aber der Schnitt und die Falten auf/unter der Brust wurden heiß diskutiert sobald der Schnitt raus war. Das hat mich schon abgeschreckt. Aber deine Version ist sehr gelungen, vor allem der tiefere Ausschnitt gefällt mir.
Liebe Dalia, danke für Deine Rückmeldung, ich freue mich, daß Dir meine Version gefällt! Der Schnitt ist ja auch schön und empfehlenswert. Übrigens glaube ich, daß die Falten über der Brust mit einem weicheren Stoff besser fallen.
LG Barbara
Hallo, das Nähen liegt als in der Familie. Das ist ja nett, die Tante von "sewing addicted" bloggt auch.
Dass du dich für Schnittkonstruktion interssierst, freut mich sehr. Ich finde es auch sehr spannend. Einen sehr schönen Stoff hast du dir für das Kleid ausgesucht und es ist auch gut gelungen. Beim ersten Draufschauen habe ich gedacht, es soll so sein mit den Falten am Ausschnitt. Man kann es tragen, wenngleich es etwas unglücklich gelöst ist, dass zwei Falten auf eine treffen. Das kann sich nur komisch legen. Wenn du den Ausschnitt vergrößert hast, ist es klar, dass du dann näher an den erweiterten Bereich kommst und Weite übrig hast. In dem Fall hätte man den Schnitt so verändern müssen, dass man vom Halsausschnitt zum Paspelbogen einschneidet und einen kleinen Keil herausnimmt. Leider weiß man bei einem Schnitt, den man nicht selbst erstellt hat nicht, welches die ursprüngliche Weite war. Du könntest, da du ja einen Grundschnitt hast, den Schnitt mit abgelegten Falten auf deinen legen und abgleichen. Ich würde, falls ich das Kleid nähen wollte, zwei deutlich erkennbare parallele Falten auch gut finden. -Ich lese gerne wieder bei dir und bin gespannt, was weiter passiert in Richtung Konstruieren. Und lieber ein Wort zuviel verlieren als zuwenig, denke ich mir, denn zuweilen fühlt man sich beim Bloggen wie auf den Mond geschossen, weil die Leute nichts reden. Viele Grüße Regina
Liebe Regina, vielen lieben Dank für Deine Antwort und ausführlichen Kommentar! Die familiären Zusammenhänge hast Du ganz richtig erkannt:-)
Ich hatte übrigens auch überlegt, zwei Falten am Ausschnitt zu legen, hatte aber dafür dann doch zuwenig Stoff über. Aber das könnte durchaus eine Version für eine Neuauflage des Kleides sein: den Ausschnitt noch mehr aufspreizen und zwei eindeutige parallele Falten nähen. Das gibt nämlich eine sehr hübsche Raute im Vorderteil, denke ich. Und das ist doch das spannende am Nähen, daß man sich über den Schnitt Gedanken macht, Änderungen einbauen kann- und natürlich der Austausch mit anderen!
LG Barbara
Diese Schnittidee hat mich direkt motiviert ein bißchen herumzubasteln. Ob was Anziehbares draus wird, weiß ich aber noch nicht. Regina
ich bin gespannt auf Deine Bastelei, hoffentlich zeigst Du sie bald einmal! Und auch wenn es nicht anziehbar ist- man lernt doch aus Fehlern (auch von denen der andern) am meisten! Ich glaube, auch Blogger sind sehr in der Perfektionismusfalle, man zeigt nur das gelungene…
LG Barbara