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Heather die zweite

Ich nähe ja die meisten Schnitte nur einmal- nicht, weil ich unzufrieden mit den Schnitten wäre, nein, die  meisten Schnitte , die ich nähe, gefallen mir sehr gut (schliesslich habe ich sie ja auch aus einer Vielzahl von möglichen zu nähenden Schnitten ausgewählt…)

Aber es gibt so viele spannende Schnitte, die mich interessieren, so daß mir oft einfach keine Zeit für eine Zweitauflage bleibt.

Wenn ich einen Schnitt wiederholt nähe, handelt es  sich a) um einen besonders tollen Schnitt  b) um einen Schnitt, bei dem ich mir eine Optimierung der Paßform überlegt hatte oder  c) um einen Schnitt, nach dem ein neu gekaufter Stoff undbedingt ruft.

Wenn alle drei Dinge zusammen treffen, handelt es sich um den Schitt Heather von Sewoverit und einen  Sommersweat von Albstoffe.

Heather hatte ich schon mal genäht, gefällt mir immer noch sehr gut und wurde in diesem Frühjahr gerne und viel getragen. Eine Version mit Streifen konnte ich mir gut vorstellen, dann aber mit einfarbigen Außenteilen. Die idealen Stoffe dafür entdeckte ich im Stoffbüro: ein gestreifter Sommersweat,  mittelblau mit zarten grauen Streifen, und ein dazu passender Uni-Stoff– perfekt für mein Projekt.

An meiner ersten Heather fand ich ja die Paßform nicht so optimal, ich fand das Kleid im Oberkörperbereich etwas zu weit. Aber anstatt die Teilungsnähte etwas nach innen zu nähen, wollte ich jetzt mal ganz schlau sein: ich nahm mir vor, eine Größe kleiner zu nähen, dafür aber ein Full-Bust-Adjustment durchzuführen und hoffte auf eine ideale Paßform.

Dieser Gedanke war vermutlich ganz richtig, das glaube ich immer noch. Die meisten Fertigschnitte sind ja für ein B-Körbchen gemacht, das heißt für uns C-Körbchen-und-größer-Trägerinnen, daß wir immer eine zu große Größe bei den Fertigschnitten wählen, wenn wir nach der Brustweite gehen.

Mein weiteres Vorgehen allerdings war ziemlich stümperhaft. Ich also die nächstkleinere Größe des Schnittes abgepaust, das war dann die Größe 8 , ist übrigens auch schon die kleinste Größe bei Sewoverit. Dann die FBA versucht, nach einer Anleitung für Prinzeßnähte, wo man ja die FBA vor allem am äußeren Seitenteil vornimmt- ging natürlich nicht, denn Heather hat eben keine richtigen Prinzessnähte, sondern Teilungsnähte, die dem Design und der Taschenformung dienen, soviel habe ich jetzt gelernt.

Der korrekte Weg wäre gewesen, die Teilungsnähte am Schnitt wieder zusammen zu fügen, die FBA vorzunehmen und dann erneut zu teilen.

Für diesen korrekten Weg war ich einfach zu faul. Nachdem ich eine Weile an den Schnittteilen erfolglos herumgestrichelt und geschnippelt hatte, entschied ich mich für den Weg „quick and dirty“.

In diesem Fall hieß das, das Mittelteil zu verlängern, um die erforderliche Länge für die größere Brust zu bekommen. Die Seitenteile habe ich einfach aufgespreizt. Und die notwendige Weite wollte ich mir aus der Erweiterug der Seitennaht holen bzw aus einer Verringerung der Nahtzugaben- also wirklich alles quick and dirty, nicht zu empfehlen.

Die Armausschnitte wollte ich in der ursprünglichen Größe 10 lassen, habe sie sogar noch etwas nach unten vergrößert und die Ärmelweite entsprechend erhöht, da mir in der ersten Version die Ärmel etwas zu eng gewesen waren. Das alles hatte ich natürlich nicht auf die Schnitteile augezeichenet, sondern mir lässig beim Zuschneiden überlegt…

Spätestens jetzt merkt die geneigte Leserin, an welcher Phase meiner Nähkünste ich angelangt bin: eindeutig in der Phase, in der ich zwar manche Zusammenhänge der Schnittkonstruktion begriffen habe, aber meine Kenntnisse durchaus nicht Schritt halten können mit dem Zuwachs an Selbstvertrauen oder eher Selbstüberschätzung. Auch ein Schnitt aus dehnbaren Materialien folgt gewissen Grundsätzen, die man nicht einfach lässig vereinfachen darf.

Unter diesen Umstaänden war es eigentlich überraschend, daß Heather II doch noch so gut gelungen ist.  Aber das Kleid ist eindeutig zu eng im Brustbereich. Zum Glück ist der Sweat halbwegs dehnbar, so daß die fehlende Oberweite aus der Dehnbarkeit geholt wird.

Die Schultern sitzen nicht richtig. Das Problem hatte ich schon bei der ersten Version, habe ich jetzt aber durch die kleinere Größe eher verstärkt. Und der Ärmel ist eher zu groß. Zu meiner Ehrenrettung kann ich hier nur vorbringen, daß die andere Schulter besser sitzt: dies ist die rechte Schulter, die bei mir mehr abfallend ist als die andere. Langsam müßte ich wirklich mal anfangen, das bei meiner Schnittanpassung zu berücksichtigen, aber es fällt mir immer zu spät ein…

Als das Kleid fertig war, war ich zunächst maßlos enttäuscht. Die Anpassung war mir nicht gelungen, und ich fand das ganze Kleid auch nicht so schick, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nach den ersten Trageerfahrungen musste ich zum Glück meine Meinung revidieren: dieses Kleid ist genau das, was die Lücke zwischen den alltagstauglichen praktischen Dingen und den „schickeren“ Klamotten wunderbar erfüllt.

Die Paßformmängel stören mich im Alltag überhaupt nicht- ja, war eigentlich zu erwarten, man ist da einfach zu pingelig mit sich selbst. Das Kleid ist bequem wie in Sweatshirt, und so durfte es auch mit nach Mecklenburg reisen, wo die Bilder an einem einsamen Strand entstanden sind. Ja, so was gibt es wirklich in Deutschland- die deutsche Ostseeküste ist absolut eine Reise wert!

Zum Fahrradfahren und Strandwandern war das Kleid wunderbar geeignet, und auch bei Schlossbesichtigungen, von denen es in Mecklenburg ja so viele gibt, fühlte ich mich mit Heather immer gut angezogen.

Und so kann ich mir gut noch eine Heather III vorstellen, vielleicht gelingt mir die Anpassung ja doch noch etwas besser. Auch bei diesem Kleid habe ich jedenfalls wieder viel gelernt. Nähen ist so toll!

Was tragen denn die anderen Selbernäherinnen heute so? Das sieht man auf dem Blog des Memademittwoch, heute von Sybille in einem traumhaften Lempidress angeführt.

verlinkt MMM, ichnähbio

14 Kommentare

    • Barbara sagt am 31. Mai 2017

      Liebe Anja, vielen Dank, ich freue mich sehr, daß Dir mein Kleid gefällt!
      LG aus Hanau, Barbara

  1. kuestensocke sagt am 31. Mai 2017

    Sehr schönes lässiges Kleid. Und ja: an der Ostsee gibt es die schönen einsamen Strände und ganz in der NÄhe immer ein tolles Gutshaus/Schloss. Immer eine Reise wert. LG Kuestensocke

    • Barbara sagt am 31. Mai 2017

      Vielen Dank! Ich beneide Dich ja sehr um Deine räumliche Nähe zur Ostsee. Für uns Hessen ist die Anfahrt doch um einiges weiter.
      LG Barbara

  2. Doro sagt am 31. Mai 2017

    Das ist ein tolles Kleid, dem man auf den ersten Blick wirklich keine Passformprobleme ansieht. Mir gefällt es prima, auch die Stoffkombination wäre genau meins. So könnte ich mir sogar so ein lässiges Kleid auch an mir vorstellen. Mit deutlich über Körbchengröße C kenne ich die einschlägigen Probleme gut. Passt die Oberweite, ist die Taille weg, und gerade das sieht dann sehr unvorteilhaft aus … Da hilft nur Übung beim Schnitt korrigieren, die ich ebenfalls noch dringend brauche.
    SChön, dass du dieses hübsche, frische Kleid jetzt trotz der "Mängel" genießen kannst. Das verdient es auf jeden Fall.

    LG Doro

    • Barbara sagt am 31. Mai 2017

      Liebe Doro, vielen Dank! Ja, ich war ja dann doch ganz glücklich mit meinem Kleid. ich glaube, man darf auch nicht immer so überkritisch mit sich selbst sein.
      LG Barbara

  3. 20GradNordOst sagt am 31. Mai 2017

    Sehr raffiniert der Schnitt, toll.
    LG
    Annett

    • Barbara sagt am 31. Mai 2017

      Liebe Annett, ja, der Schnitt ist wirklich toll! Danke!
      LG Barbara

  4. Wiebke sagt am 31. Mai 2017

    Das Kleid ist super super schön geworden! Ich finde die Idee, die zwei Stoffe zu kombinieren ganz toll und Passform-Probleme sieht man dem Teil wirklich nicht im geringsten an. Zum Glück fühlst du dich wohl darin, sonst wäre es wirklich eine Schande um das schöne Kleid gewesen!
    Viele Grüße von Wiebke

    • Barbara sagt am 31. Mai 2017

      Liebe Wiebke, vielen Dank! Ja, die Kombination der beiden Stoffe war wirklich ein Glücksgriff für mich. Und der dehnbare Stoff verzeiht so manches Paßformproblem!
      LG Barbara

  5. Nordendstück sagt am 31. Mai 2017

    Mir gefällt dein Kleid sehr gut, von den beschriebenen Problemen sieht man nix. Ich gleiche echt jedes Schnittmustern mit meinem Grundschnitt ab und sehe meist, dass da total viel zu verändern ist. LG Anja

    • Barbara sagt am 1. Juni 2017

      Liebe Anja, ich habe bisher nur einen Webstoff- Grundschnitt, an meinem Jersey- oder Sweat-Grundschnitt arbeite ich noch! Du hast völlig Recht, das spart einem viel Frust beim Anpassen.
      LG Barbara

  6. Freu-Zeit sagt am 31. Mai 2017

    Diesem Kleid sieht man deine "Mängel" wirklich nicht an. Ich finde es ganz wunderbar, gerade auch die Streifen im Mittelteil … Und deine Fotos wecken Sehnsucht nach Meer. In einem Monat bin ich zum Glück auch wieder da 🙂
    Liebe Grüße von Doro

    • Barbara sagt am 1. Juni 2017

      Liebe Doro, vielen Dank! Dann wünsche ich Dir auch einen tollen Urlaub am Meer, mit hoffentlich viel selbstgenähten Kleidern…
      LG Barbara

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