Heute ist das dritte virtuelle Treffen der Wintermantel- Näherinnen auf dem Memademittwoch-Blog. Es soll über Fortschritte berichtet und über Schulterpolster diskutiert werden.
Mit den Schulterpolstern halte ich es ganz einfach: ich habe keine eingenäht und gehe deshalb davon aus, daß ich keine brauche. Zur Erinnerung: ich näheClare, einen Schnitt von ClosetCaseFiles. Es ist ein Mantelschnitt mit Raglanärmeln, ich weiß grad auch gar nicht, ob man auch unter Raglanärmel Schulterpolster einsetzen kann? Aber wahrscheinlich könnte man es. Der Schnitt sieht es allerdings nicht vor, und da dieser Schnitt ansonsten so hervorragend durchdacht und beschrieben ist, habe ich mir diese Frage auch nicht ernsthaft gestellt.
Und ich bin mir sicher, daß der Mantel auch ohne Schulterpolster paßt, denn- er ist mittlerweile fertig, fix und fertig, gebügelt, getragen, sogar schon fotografiert. Ja, ich weiß , ich bin eine Streberin…aber es ergab sich einfach so schön, daß ich letzte Woche ein paar Tage frei hatte, zuhause war, keine größeren Pläne als zu Nähen mir vorgenommen hatte…also einfach ein Paradies, Ihr versteht.
Und so habe ich viele Stunden an der Nähmaschine, am Zuschneidetisch und am Bügelbrett verbracht. Manche mit Genuß, manche eher zähneknirschend, manchmal auch sehr mit dem Projekt hadernd, das durchaus nicht immer so lief, wie ich es mir vorstellte.
Die Vorbereitungen des Nähens hatte ich eindeutig unterschätzt. Zunächst musste erstmal die richtige Größe gefunden und abgepaust bzw. ausgeschnitten werden. Ich hatte zunächst an eine Gr. 8 nach meinen Maßen gedacht, da ich aber dann die geringen Bequemlichkeitszugaben zum fertigen Teil sah (nur 10 cm im Brustumfang, das ist schon sehr wenig für einen Mantel), habe ich mich zur nächstgrößeren Größe entschieden. Eine gute Entscheidung, wie ich heute weiß, denn enger dürfte der Mantel wirklich nicht sein.
Über die Möglichkeit eines Probemodells habe ich großzügig hinweggesehen.
Dann musste ich erst mal auf den diversen Schnittmusterbögen durchschauen, was aus Oberstoff, was aus Einlage und was aus Futterstoff zugeschnitten werden sollte. Clare hat, wie alle ordentlichen Mantelschnitte, einen extra Futterschnitt. Zum Glück gibt es für Clare einen ausführlichen Sewalong auf der Homepage von ClosetCaseFiles, und den habe ich schön der Reihe nach abgearbeitet.
Ich habe also meinen Wollstoff mit viel Dampf vorbehandelt, um ein „preshrinking“ zu errichen und dann alle Teile mit Gewebeeinlage verstärkt.
Beim Zuschneiden wollte ich mir dann extra viel Mühe geben. Ich habe einen karierten Stoff, und wollte natürlich die Karos perfekt anpassen. Hier hatte ich einTutorial von Colette Patterns durchgearbeitet, auch verstanden und war eigentlich willens, es anzuwenden. Deswegen hatte ich auch manche Schnittteile abgepaust, Nahtlinien eingezeichnet und die Stellen gekennzeichnet, wo die Karos auf jeden Fall „matchen“ sollten.
Allerdings- es ging nicht. Ich hatte zuwenig Stoff, war es irgendwann auch leid und beschloss schließlich, daß es ausreichend wäre, wenn die Karos nur an einigen Stellen wie in der vorderen Mitte oder an der Ärmelnaht passen würden. Passend dazu fiel mir an diesem Tag die Modebeilage unserer Lokalzeitung in die Hände, hier wurden hochpreisige karierte Jacken beworben (mit meinen Karos bin ich anscheinend voll im Trend dieses Jahr), aber da war von Karoanpassung aber so was von gar nichts zu sehen…
Irgendwann hatte ich also alles zugeschnitten, verstärkt, gekennzeichnet und setzte mit dann morgens fröhlich an die Maschine, um alle Teile schön zusammen zu tackern, so jedenfalls der Plan- weit gefehlt! Schon die erste Naht mußte ich wieder auftrennen, denn die Stofflagen mit den so mühsam ausgeschnittenen Karos verschoben sich heillos gegeneinander beim Nähen.
Nun habe ich ja seit ca 3 Monaten eine neue, luxuriöse Nähmaschine. Jetzt schien mir der richtige Zeitpunkt, die diversen Einstellungen zu testen. Ja klar, der Nähfußdruck mußte verstellt werden! An diesem Rädchen hatte ich noch nie gedreht. Erst mal die Anleitung zu Rate gezogen, die mir empfahl, für dicke Wollstoffe den Nähfußdruck zu erhöhen. Gemacht, Probestück genäht- wurde alles noch schlimmer, der obere Stoff wurde beim Nähen immer stärker nach unten gewalzt. Dann probehalber den Nähfußdruck mal ganz reduziert- das war viel besser, hier gelang es mir fast ganz, die Karos deckungsgleich zu nähen.
Das mit dem Nährfußdruck ist wohl wirklich eine komplizierte Geschichte, wie ich mir mittlerweile angelesen habe. Es gibt hierfür keine einfache Formel, weil nicht nur die Stoffdicke und -art mit einfliessen, sondern wohl auch die Friktion , also die Fähigkeit, wie sich Stoffe unter Druck gegeneinander verschieben, Offensichtlich hilft hier am besten Ausprobieren.
Die beste Lösung bei meinem Problem ist aber natürlich der Obertransport-Fuß, den ich dann auch in meinem Zubehörkästchen fand. Der hat die Stoffe dann wirklich traumhaft stabil transportiert, so daß alles so blieb, wie ich es zugeschnitten und gesteckt hatte
Beim Einsetzen der Raglanärmel wurde in meinem Sewalong beschrieben, daß man die Nähte mit einem Band verstärken sollte, das mitgenäht wird. Ich dachte zuerst, daß man da ein normales Baumwollband nehmen könnte. Im Kurzwarengeschäft, in dem ich mein Nähzubehör eingekauft hatte, meinte die Verkäuferin allerdings , daß ein Baumwollband dafür doch viel zu starr wäre und man würde heutzutage sowas mit einem aufbügelbarenVlieselineband verstärken. Auf meine Nachfrage wurde dann aus einer hinteren Schublade doch noch ein Band hervorgezogen mit der Bemerkung, daß die Schneider früher das für die Herrenjackets verwendet hätten. Es handelte sich um ein Leinenband, ca 4 mm breit, das mir gleich gut gefiel. Ich habe es bei allen strapazierten Nähten, also Raglannähten und Kragenansatznähten, mit genäht und denke, es wird gut zur Stabilität des Mantels beitragen.
Meine Version von Clare erhält Taschen in der Seitnennaht. Damit die Taschen auch schön an ihrem Platz bleiben, werden sie mit einer kurzen, dichten Reihe Zickzackstiche („bar tack“, kennen wir schon vom Jeans Sewalong von ClosetCaseFiles) an ihrem Platz gehalten.
Und was wäre ein Mantel ohne Paspelknopflöcher? In diesem Fall wollte ich nur im breiten Kragen zwei Paspelknopflöcher mit Knöpfen haben, alle übrigen Knöpfe sollten Druckknöpfe sein, wie im Originalschnitt beschrieben.
Paspelknopflöcher sind nicht so schwer zu nähen, die Hauptschwierigkeiten sind, wie ich finde, eher in der Gestaltung des Beleges und der Anpassung der Öffnungen. Aber darüber, wie auch über das Mantelfutter
und die damit zusammenhängenden Abenteuer berichte ich dann beim nächsten Treffen der Memademittwoch-Mantelnäherinnen. Ich kann nur schon im voraus berichten: es wird gut ausgehen!
Über die Fortschritte der anderen Mäntel, die im Rahmen des Wintermantel-Sewalongs 2016 auf dem Memademittwochblog entstehen, wirdhierberichtet.