Das Nicks Kleid von Closet Core Patterns ist einfach ein wunderschöner Schnitt. Auf den ersten Blick gefällt der feminine Eindruck: das Kleid ist lang (im Original Maxi-Länge), hat einen Stufenrock und im Oberteil viele eingekrauste Partien. Auf den zweiten Blick sieht die geübte Hobbynäherin , daß es bei diesem Schnitt keine allzu großen Anpassungs-Orgien geben wird. Die vielen Kräusel ersetzen die Abnäher, die Passform ist insgesamt eher oversized und ein Gummiband in der Taille sorgt doch für die Illusion eines gut sitzenden Kleides. Das ganze in Verbindung mit einer guten Anleitung, denn dafür ist Closet Core Patterns ja bekannt, verspricht etliche ungetrübte Stunden Nähfreude und ein schönes Ergebnis.
Ich hatte den Schnitt ziemlich bald nach seinem Erscheinen gekauft, das war im Herbst letzten Jahres. Daß ich ihn erst jetzt genäht habe, hatte den banalen Grund, daß ich nicht genug Stoff hatte. Nein, das ist jetzt verkehrt ausgedrückt, natürlich habe ich genug Stoff, das heimische Stofflager ist gut gefüllt. Aber für dieses Kleid mit den üppigen Stufen braucht man, laut Anleitung, in meiner Größe fast 5 m Stoff, und solche großen Mengen kaufe ich selten von einem Stoff ein. Das ist ja dann schon eine finanzielle Investition, vor allem wenn man sich einen richtig schönen Stoff aussucht, und abgesehen davon ist das auch ein ganz ordentliches Gewicht an Stoff, was man da mit sich rumschleppt.
Also wurde das Projekt erst mal aufgeschoben, erst als ich jetzt in diesen warmen Tagen beschloß, mir ein Sommerkleid zu nähen, war es wieder in der engeren Wahl. Aber hatte ich einen Stoff, aus dem man vielleicht mit viel gutem Willen diesen Schnitt verwirklichen konnte? Meistens kaufe ich von Stoffen, mit denen ich keinen konkreten Plan beim Kauf verbinde, 2 m ein- für eine Bluse immer ausreichend, für ein Kleid nicht unbedingt. Mmh, vielleicht hängt es mit dieser Einkaufsgewohnheit zusammen, daß mein Blusenregal mittlerweile so voll hängt? muß ich mal überdenken…
Aber es gab da diesen schönen Double Gauze von Atelier Brunette, von dem ich in weiser Vorraussicht und sicher auch der Planung eines Kleides 2,50 m gekauft hatte. Der Stoff hat zwei Seiten: auf der einen Seite ist das Gingham-Karo groß, auf der anderen Seite klein. Ein Stoff, der zum Spielen mit den beiden Seiten einlädt, also gut geeignet für ein Kleid mit verschiedenen Schnittbereichen.
Aber die Menge war natürlich zu gering für den Originalschnitt. Also wurde gekürzt, alle Stufen etwas verkleinert und verschmälert, so daß sie auf den vorhandenen Stoff paßten. Das Kleid ist so nicht mehr Maxi, sondern eher eine Midilänge, was mir aber auch fast besser gefällt.
Der Schnitt hat eine rückwärtige Schulterpasse, die natürlich noch schöner im schrägen Fadenlauf wäre, aber dafür hat der Stoff dann nicht gereicht. Das Rückenteil ist mir beim Zuschnitt verrutscht, nun laufen die Karostreifen auf der Hälfte nicht mehr ganz waagrecht. Ja, ich weiß, ich hätte natürlich nur einlagig zuschneiden dürfen, denn mir wurde das Problem beim Zuschneiden schon bewußt. Der Stoff ist ganz weich und ließ sich kaum gerade positionieren, keine guten Vorraussetzungen für einen exakten Zuschnitt. Mittlerweile kann ich aber mit solchen Fehlern gut leben- außer irgendwelchen Nähnerds, die mich von hinten betrachten, wird dieser Faux-pas von keinem bemerkt werden.
Sehr schön finde ich den Ausschnitt des Kleides. Ein V-Ausschnitt, nicht zu tief, und eine kleine Knopfleiste mit genähten Knopfschlaufen. Der Ausschnitt wird mit Schrägband versäubert- gehört nicht gerade zu meinen Lieblingstechniken beim Nähen. Bei der Schrägbandverarbeitung gibt es ja zwei Techniken, wird z. B. hier bei Closet Core ausführlich besprochen. Die Technik, die hier für dieses Kleid angewendet wird, wird auch als „french“ , also französisch bezeichnet. Das Schrägband wird hier im ersten Schritt der Länge nach gefaltet, links auf links, und dann an die Kante angenäht. Quilterinnen werden hier die Technik erkennen, mit der sie ihr Binding an einen Quilt annähen. Aber während das Quilt-Binding als Design-Element an den Kanten sichtbar übersteht, wird es bei der Versäuberung eines Kleidungsstückes dann ganz auf die linke Seite geschlagen und dort festgenäht. Die Methode gilt als einfach und schafft auf der linken Seite eine ordentliche Versäuberung, hat aber den Nachteil, daß hier viele Stofflagen aufeinander liegen und das Ergebnis leicht etwas „knubbelig“ wird.
Bei der anderen Methode der Schrägbandverabeitung wird das Schrägband einlagig verarbeitet, rechts auf rechts an die offene Kante des Ausschnittes genäht, untersteppt und dann nach links umgeschlagen und festgesteppt. Nach meiner Meinung gibt das die schöneren Ergebnisse, ist allerdings auch etwas arbeitsintensiver. Ich habe mich bei diesem Kleid an die Anleitung gehalten und die etwas knubbeligere Form des versäuberten Ausschnittes in Kauf genommen- offensichtlich soll das hier so sein.
Die Knöpfe sollen auf dem Schrägband des linken Vorderteiles festgenäht werden. Die fertige Schrägbandversäuberung hat allerdings nur eine Breite von 10 mm, meine Knopf-Schlaufen haben einen Durchmesser von 15 mm, die Knöpfe einen von 13 mm…im Ergebnis heißt das, daß ich die Knöpfe natürlich nicht mittig auf dem Schrägband, sondern irgendwo sehr am Rand aufgenäht habe. Und überhaupt befinden sich die Knöpfe nicht in der vorderen Mitte, sonderen etwas daneben- das ist die Folge der Konstruktion dieses Ausschnittes.
Closet Core hat bei ihren Schnitten immer noch eine starre Nahtzugabe von 1,5 cm, das finde ich sehr schade. Es wäre viel sinnvoller, die Nahtzugabe zu variieren, eine Halsauschnittkante braucht eine andere Nahtzugabe als die Seitennaht eines Rockes. Könnte man natürlich auch selbst ändern, aber dazu war ich dann doch zu faul.
Also, insgesamt ein sehr erfreuliches Näherlebnis ohne allzu große Probleme, aber das war von mir auch so gewünscht in dieser sommerlichen Hitze. Mit dem fertigen Kleid hatte ich allerdings zunächst etwas gefremdelt- ich fühlte mich wie aus einem drittklassigen Western entsprungen oder zumindest aus einer der letzten Bonanza-Folgen. Aber das mag auch damit zusammenhängen, daß ich als Junghundbesitzerin das letzte halbe Jahr fast ausschließlich in Jeans verbracht habe, da fühlt man sich in jedem Kleid etwas deplaziert. Für Kaspar, den Hund, ist der weitschwingende lange Rock durchaus eine willkommene Abwechslung, die auch mal zum Reinbeissen verleidet. Wahrscheinlich sollte ich einfach mehr Röcke tragen, damit der Hund auch lernt, damit umzugehen.
Probiert habe ich dann allerdings doch noch eine andere Version des Schnittes, bei der ich die Schrägbandversäuberung durch einen Beleg ersetzt habe. Ich habe das ganze als Bluse genäht, mein Ziel war ein eher kurzes Exemplar, das ich zu taillenhochen Röcken gut tragen kann. Im Schnitt von ClosetCore ist auch eine Blusenversion enthalten, diese ist dann aber relativ lang und wirkt auf mich etwas unförmig, zumal da auch der vordere Schlingenverschluß weggelassen wird.
Ich habe für meine Bluse das Nicks-Oberteil um 5 cm verlängert, bei der Weite aber je Hälfte 2 cm reduziert, also insgesamt die Oberweite um 8 cm verringert. Es ist schon sehr viel Weite im Oberteil, die Schulterpasse fand ich aber sehr gut passend in meiner genähten Größe 8, so daß ich keine kleinere Größe wählen wollte. Auch mit der Weitenreduktion ist die Bluse immer noch schön locker fallend. Wer also so wie ich beim Nähen des Nicks-Kleides Stoff sparen muss, könnte problemlos einige cm Weite aus dem Oberteil nehmen.
Trotz der Verlängerung ist das Blüschen etwas kurz geraten, aber zu taillenhohen Röcken wie hier zum Kellyrock von Megan Nielsen ist es ein guter Kombipartner.
Der Stoff ist eine Art Broderie-Stoff, reine Baumwolle, bezogen hatte ich ihn hier. Er ist recht durchscheinend, hat dabei aber einiges an Stand, das fand ich bisher schwierig zu verarbeiten und hatte keine Verwendung dafür. Aber für so ein Experiment mit ungewissem Ausgang war er genau richtig.
Ich habe den Beleg bis knapp unterhalb des Schlingenverschlusses verlängert, Inspiration und Verarbeitung dafür kamen vom Donny Skirt von Friday Patterns, das ich ja in verschiedenen Versionen schon genäht habe. Das Shirt ist immer noch weit genug, um es über den Kopf zu ziehen, die Knopfleiste ist nur Dekoration und Stilelement. Die Knöpfe sind korrekt auf dem mit Beleg verstärkten linken Vorderteil plaziert- damit ist meine innere Nähpolizei zufrieden.
Und ich habe jetzt endlich einen idealen Kombipartner zum Kellyrock von Megan Nielsen, den ich im letzten Spätsommer noch genäht hatte. Der Rock sitzt sehr hoch in der Taille und verträgt sich daher am besten mit taillenkurzen Oberteilen, so finde ich es recht hübsch.
Ich finde, man sieht an der Blusenversion gut, wieviel Mehrweite immer noch im Oberteil steckt, obwohl ich wie gesagt schon entscheidend reduziert hatte. Und die Kräusel im Rückenteil fallen immer noch sehr schön, sogar in diesem etwas steifen Stoff.
Wenn ich das Nickskleid nochmals nähe, und das halte ich für wahrscheinlich, werde ich das Oberteil wie meine Bluse arbeiten, also mit der Weitenreduktion und der Belegversäuberung für den Ausschnitt. Oder ich nähe mal die Tunika-Version , die auch im Schnitt enthalten ist, dabei wird an das Oberteil die mittlere Rockstufe genäht, das gibt eine Tunika, die einen sehr interessanten Fall hat durch das etwas längere Rückenteil.
Also, das Nicks Kleid ist wirklich ein vielseitiger und schöner Schnitt, mit dem es sich auch gut spielen läßt. Am heutigen Memademittwoch, dem ersten im Juli, werden hier noch viele, viele andere schöne Schnitte gezeigt. So viel Inspirationen, wunderbar!
Ach herrlich, dich hat es auch ans Wasser gezogen – dafür bist du perfekt gekleidet. Ich mag beide Versionen an dir, die Kombi mit dem Rock noch ein bisschen mehr… 😉 Ganz liebe Grüße, Sarah
Liebe Sarah, Bilder am Wasser machen doch gleich viel mehr Spaß, das sieht man ja auch an deinen schönen Fotos heute! Schön, daß der Rock auch gut gefällt, das freut mich sehr.
Liebe Grüße und danke, Barbara
Das Kleid sieht für mich genau so aus als ob es so sein muss, genial, wie du mit dem Karo gespielt hast, es wäre ja schade gewesen, das nur innen zu haben. Deine Blusen/Shirtexperimente, immer wieder spannend. Alles in allem die richtige Kleidung für das Mainufer. Irgendwie kommt es mir vor, als ob dein Hund nicht mehr wächst – oder bleibt der so klein? LG Anja
Liebe Anja, danke für Deinen Kommentar und Dein Lob! Mein Hund wächst jetzt nicht mehr viel, er ist jetzt 9 Monate alt und als Zwergschnauzer weitgehend ausgewachsen. Bei den kleinen Rassen geht das ja schnell. Ich bin mit der Größe, die er hat, ganz zufrieden, denn er läßt sich notfalls auch mal unter den Arm klemmen- das stelle ich mir mit einem Beagle deutlich schwieriger vor.
War übrigens nicht am Main, sondern am Rhein:-))
Liebe Grüße, Barbara
Wie schön, vor allem das Kleid!
LG Susanne
Liebe Susanne, danke für Deinen Kommentar und Dein Lob! Ich freue mich, daß Dir das Kleid gefällt!
Liebe Grüße
Barbara
Sehr charmant, dein Country-Girl-Look, : ).
Aber ich muss zugeben, dass mich die Rock-Bluse-Kombination mehr begeistert; so schön lässig und doch schick und modern.
Jedenfalls ist es schön, wenn man ein Schnittmuster nicht nur einmal nähen will, sondern wenn es variabel zu gebrauchen ist.
Liebe Grüße von Susanne
Liebe Susanne, danke! Ich habe mich ja auch sehr gefreut, als ich Rock und Bluse zum ersten Mal gemeinsam probiert habe. Manchmal hat man ja eine Idee, wie eine Kombination idealerweise aussehen könnte, die Umsetzung gelingt mir nicht immer. In diesem Fall ist die Bluse ideal zum Rock, der aber wirklich sehr hoch in der Taille sitzt.
Liebe Grüße
Barbara
Ein Sommertraum von einem Kleid! Ganz toll. Auch die Bluse gefällt mir sehr – da sieht man wieder, ein guter Schnitt kann soviel! Tolle Fotos!
Liebe Küstensocke, danke, ich freue mich sehr über Dein Lob und gebe es gerne an den Fotografen weiter!
Liebe Grüße, Barbara
Hach, eine schöne Sommergarderobe hast Du Dir genäht. Danke für die Vorstellung des Schnittes.
Deine Bluse mit dem Kellyrock kombiniert gefällt mir tatsächlich am besten.
Sehr schöne Fotos.
LG
Sandra
Liebe Sandra, ich mag die Bluse mit dem Rock auch sehr gerne, obwohl das Blüschen ja mehr zum Ausprobieren gedacht war. Aber das sind ja manchmal die Kleidungsstücke, die man am meisten liebt. Am meisten freue ich mich, daß ich den Kellyrock endlich öfters tragen kann, denn dazu fehlte bisher der richitge Kombipartner.
Liebe Grüße und Danke,
Barbara
Was für ein schönes Kleid – Schnitt und Stoff harmonieren prima. Und die 2 Mustergrößen bringen das ganz Besondere, das selbstgemachte Kleidung idealerweise hat. Prima!
Liebe Almut, vielen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob! Ich bin auch sehr glücklich mit der Musteranordnung bei diesem Kleid, da hatte ich mir eine Weile drüber Gedanken gemacht.
Liebe Grüße,
Barbara
Ich habe mich schon gefragt ob das ein wundervoller Zufall war mit den 2 farblich zusammenpassenden Karomustern oder ein doppelseitiger Stoff. Welch ein Glückstreffer mit dem Stoff. Jedenfalls macht gerade dieses Spiel mit den unterschiedlichen Karos das Kleid zu etwas ganz besonderem. Und durch die Luftigkeit ist es ein wunderbarer Begleiter für den Sommer. Neben Caspar natürlich 😉
LG heike
Liebe Heike, dieses doppelseitige Karo war auch genau das, was mich an diesem Stoff so gereizt hat. Und im Inneren des Kleides habe ich ja immer das andere Karo, so daß auch das zu meiner persönlichen Freude beiträgt (sieht halt keiner ausser mir!). Ja, und Caspar ist natürlich immer dabei!
Liebe Grüße und Danke,
Barbara
Beide, Kleid und Bluse gefallen mir sehr gut. Du schreibst, dass der Karo-Stoff ganz weich und leicht ist, und wenn man die Bluse daneben sieht, merkt man gleich, dass dieser Schnitt auch nur mit so einem weichen Stoff funktionieren kann. Ich bin übrigens beeindruckt, wie Du ein 5m-Kleid aus 2,50m nähst, aber die Kürzungen haben dem Schnitt sehr gut getan. Den Karo-Mix finde ich super, das bringt Spannung in den Schnitt und nimmt Bonanza eher raus. Ich habe beim ersten Blick gedacht: Wow, wo hat sie nur dieses Vichy-Karo in zwei Größen her, sieht ja toll aus.
Liebe Grüße, Stefanie
Liebe Stefanie, die Stoffmengenangaben sind ja meistens sehr großzügig bemessen, und letztendlich haben wir es in der Hand, wie wir den Schnitt abwandeln für eine definierte vorhandene Stoffmenge. Und ich bin immer froh, wenn ich nicht allzu viele Stoffreste habe, denn die Restekiste quillt natürlich über.
Ich denke auch, daß der Original-Kleiderschnitt am besten mit einem sehr weich fallenden Stoff funktioniert, sonst fallen die Kräusel in den Rockbahnen nicht mehr gut. Aber für die Blusenversion fand ich meinen standhaften Stoff gut geeignet!
LG und Danke,
Barbara
Ich finde das Kleid sehr hübsch und die Aufteilung des Stoffes sehr gekonnt. Steht dir sehr gut.
Ein bisschen Bonanza kann der (Näh-)Welt übrigens nicht schaden und ich finde es insgesamt auch nicht zu aufdringlich. Die Stufen sind nicht zu wuchtig, dadurch verfliegt der Effekt aus meiner Sicht auch ziemlich.
LG Miriam
Ein tolles Kleid ist das geworden. Die Idee, das unterschiedliche Karo zu verwenden, ist ideal.
Die Blusenversion gefällt mir auch sehr gut.
LG, Heike