
Heute zeige ich eine Shorts nach einem Schnitt aus dem Buch „Männerkleidung nähen“ von Sebastian Hoofs. Nein, das ist kein Versuch, die Regeln des Memademittwoch zu unterlaufen, mir ist schon klar, daß zum MMM nur selbstgenähte Damenkleidung gezeigt werden darf. Diese Hose ist jetzt wirklich in meinem Besitz und wird von mir getragen. Wie es dazu kam, möchte ich im folgenden Beitrag erzählen.

Es gibt ja wenig schöne Schnittmuster für Männer, und so habe ich mich sehr gefreut, als im letzten Jahr das Buch „Männerkleidung nähen“ von Sebastian Hoofs erschien. Ich hatte Sebastian Hoofs beim Bloggertreffen in Köln kennen gelernt und war absolut angetan von ihm, von seinem Wissen und vor allem mit der freundlichen Art, wie er mit uns Amateurnäherinnen umgeht. Ich hatte mir das Buch von meinem Mann zu Weihnachten gewünscht, erwartungsgemäß auch bekommen, und so wurden bald die ersten Nähpläne geschmiedet.
Das Buch ist absolut hochwertig gestaltet, es enthält wunderschöne Bilder, die auch die genähten Modelle gut zeigen. Man merkt, daß hier viel Arbeit hinein gesteckt wurde. Die Modelle sind eher leger, aber alle ausgesprochen schick. Mir gefallen eigentlich alle Schnitte im Buch, mein Mann war etwas kritischer, aber eine kurze Hose fand sofort Gnade vor seinen Augen.

Ich hatte für meinen Mann vor Jahren schon mal eine kurze Hose genäht, nach einem Knip-Schnitt. Diese Hose wurde geliebt und abgetragen, mußte also ersetzt werden. Und so nähte ich die kurze Hose aus dem Buch, sobald sich ein zeitliches Näh-Fenster ergab, also im August. Ähem, ja, das Buch ist seit Dezember 2017 in meinem Besitz, aber manche Dinge dauern einfach länger!
Der Mann wurde vermessen und paßte recht gut nach der Größenangaben der Tabelle im Buch in Gr. 48. Da er auch sonst die Kaufgröße 48 trägt, war das nicht überraschend für mich.
Also wurde der Schnitt in Gr. 48 abgepaust. Ich pause ungerne Schnitte ab, bin vielleicht auch verwöhnt durch die vielen Indie-Schnitte, die ich nähe. Aber ich fand die Linien schon schwer zu erkennen. Der Schnittmusterbogen ist zwar zweifarbig, aber nur, um mehr Schnittteile auf einem Bogen unterbringen zu können. Es gibt vier verschiedene Hosenmodelle, die alle von einem Schnitt abgewandelt sind und alle auf einem Schnittmusterbogen untergebracht sind. Verwirrend fand ich vor allem die Linien für die Taschen im Vorderteil, denn hier sind die verschiedenen Tascheneingriffe alle in einem Schnitt eingezeichnet. Auch die Taschenbeutel sind in diesem Schnittteil enthalten, obwohl es noch ein Extraschnitteil für die Taschenbeutel und -spiegel gibt. Ich fand das alles auf den ersten Blick sehr unübersichtlich. Paßzeichen enthält der Schnitt nicht, auch keine Linien zur Verlängerung.

Nachdem diese Hürde bewältigt war, ging es ans Nähen. Die Shorts sind im Chino-Stil , also im Vorderteil schräge Eingriffstaschen, im Rücken Paspeltaschen. Die Anleitung ist knapp, ich habe sie nicht gut verstanden und habe für die Paspeltaschen dann lieber eine Anleitung von ClosetCaseverwendet, mit der ich gut zurecht komme. Auch den Hosenschlitz habe ich nach der bewährten Anleitung für die Ginger Jeans genäht , mir war auch ein Reißverschluss lieber als der Knopfverschluss, der im Originalschnitt vorgesehen war.
Schon beim Nähen kamen mir Bedenken, was die Größe des genähten Teiles anging. Das Buch enthält keine Maße des fertigen Teiles, und so hatte ich mich vertrauensvoll auf die Größentabelle verlassen und nicht mehr nachgemessen. Und mein Eindruck war richtig- nachdem ich die Seitennähte zusammengeheftet und den Bund angeheftet hatte, versuchten wir eine erste Anprobe, und die Hose war viel zu klein.

Was war das Problem, hatte ich falsch zugeschnitten, die Nahtzugabe vergessen oder mit falscher Nahtzugabe genäht? Nichst von alledem. Der Schnitt ist wohl sehr körperbetont gedacht- oder ist er eher für dehnbare Stoffe konzipiert? Eines der gezeigten Modelle in dem Buch ist aus Sweatstoff, auch hier wird der gleiche Schnitt verwendet. Wenn ich die obere Bundkante in Gr. 48 im Schnitt ausmesse, komme ich auf 87 cm. Gr 48 hat laut Maßtabelle einen Taillenumfang 84 cm. Selbst wenn die Hose in der Taille sitzen würde, hätte ich hier eine Bequemlichkeitszugabe von nur 3 cm, das ist schon sehr wenig. Und der Hosenbund sitzt natürlich viel tiefer- die Schritthöhe der Hose ist ca 22 cm, sitzt also eher etwas auf der Hüfte, was ja eigentlich sehr schick ist. Sicher ist ein Mann auch gerader gebaut als eine Frau, aber auch bei einem Mann ist der Hüftumfang größer als der Taillenumfang, und wenn die Hose auf der halben Strecke zwischen Taille und Hüfte sitzt, ist der Leibesumfang dort größer.
Sehr irritierend fand ich auch die Angabe, wie der Bundstreifen zugeschnitten werden sollte. Erwähnt wurde hier die Bundweite, als 86,4 cm in Gr. 48, die Nahtzugabe von 2 cm sollte zugegeben werden- aber daß der Untertritt nochmals 3 cm Länge erfordert, wurde nicht mehr explizit erwähnt. Für den Profi mag das klar sein, aber für mich als Laie war das schwer verständlich.

Mein Fehler war also, daß ich mich auf die Größenangaben der Körpermaße verlassen hatte und nicht nach den Maßen des Schnittes geschaut habe. Ich hätte Größe 50 oder 52 wählen müssen, um eine gut passende Weite zu erreichen, so war das Modell dann eindeutig zu klein geraten. Eine Änderung war nicht möglich, auch wenn man die Nahtzugaben maximal ausgereizt hätte.
Ich habe dann für meinen Mann eine neue Hose genäht, die ich letzte Woche hier im Blog gezeigt habe. Dafür hatte ich meinen alten Knipschnitt als Grundlage genommen, ihn verlängert und die schön geschwungenen Vorderteiltaschen von der Hoofs-Hose eingebaut. Diese Hose wurde dann sehr schön, passt dem Mann gut und wird gerne getragen, also alles gut.

Aber die zu klein geratene Shorts lag dann natürlich immer noch auf dem Nähtisch. Ich wollte sie schon als Probe- und Übeteil entsorgen, fand sie aber dann doch zu schade dafür. Für die Taschen hatte ich als Innenfutter einen Baumwollstoff von Atelier Brunette genommen, schon deshalb hätte es mir sehr leid getan, dieses Teil nicht zu verwerten.

Probehalber zog ich dann die zusammengehefteten Shorts selbst an- und siehe da, das war gar nicht so schlecht! Sie waren etwas zu weit, aber das war über die Seitennähte gut zu regulieren. Natürlich war die Schrittkurve nicht optimal, aber die war schon abgesteppt und ich wollte sie nicht mehr auftrennen.

Insgesamt sitzt die Hose etwas weiter, als ich sonst meine Hosen nähe, und hat sicher keine optimale Paßform im Schrittbereich. Aber dafür ist sie sehr bequem, und in den letzten Tagen, die ja auch wieder warm waren, habe ich sie gerne getragen. Ich mache ja oft die Erfahrung, daß sich genähte Teile, in die ich gar nicht so die großen Erwartungen gesteckt habe, nachher als Renner im Kleiderschrank entpuppen.
Und so könnte es mit dieser Hose auch werden, denn der Schnitt ist eigentlich sehr schön, insbesondere diese ganz diskret geschwungenen Taschen im Vorderteil sind einfach schick. Ich hatte den Schnitt übrigens um einige cm verlängert, da sie ja eigentlich für meinen Mann gedacht waren. Bei mir haben sie jetzt eine Bermuda-Länge, schicker finde ich es, wenn die Hosenbeine wie auf den Bildern aufgekrempelt sind.
Ich weiß nicht, ob ich dem Schnitt für eine Herrenhose noch mal eine Chance geben werde. Es ist schon viel Arbeit mit so einer Hose, und wenn sie dann nachher nicht paßt, ist die Enttäuschung auf allen Seiten groß. Aber das Buch enthält auch noch etliche andere sehr schöne Schnitte, unter anderem sehr schicke Hemden…wenn die dann auch zu klein werden, trage ich sie gerne auf…

Das Top, das ich zur Hose trage, ist nach einem Knip oder Fashionstyle-Schnitt genäht. Es ist im diesjährigen Augustheft erschienen, als Top Nr. 6. Ich besitze ja nun schon etliche Jahrgänge Knip, und bin immer wieder überrascht, daß es den Machern der Zeitschrift immer noch gelingt, neue und vor allem interessante Jerseyschnitte zu machen. Dieser Schnitt hat das Knip-typische Taillenband, das sich in diesem Fall zur vorderen Mitte hin etwas verbreitert. Das Oberteil ist am Halsbündchen und auch an der Taille etwas eingekraust. In der Mitte gibt es naoch unter dem Halsbündchen einen neckischen Schlitz, der auf den Bildern aber fast nicht sichtbar ist. Wie alle Knipschnitte fällt es eher weit aus. Ich habe Gr 36 genäht und nachher noch an den Seitennähten jeweils etwa 1 cm herausgenommen.

Mein Jersey hat aber sehr von der dehnbaren Sorte, es ist ein Libertyviscosejersey mit einer Dehnbarkeit von mindestens 40%. Liberty macht ja nicht nur die bekannten Baumwollstoffe, sondern auch sehr schöne Jerseys, die es immer wieder mal bei verschiedenen Onlineshops gibt, ich weiß nicht mehr genau, wo ich diesen bezogen hatte. Die Qualität der Libertyjerseys ist sehr gut- schade nur, daß es sich um bedruckte Stoffe handelt und die Rückseite weiß ist. Aber bei diesem Shirt stört das nicht weiter.
Wie meistens in der Knip gibt es das Modell sowohl als Shirt als auch als Kleid. Die im Heft gezeigten Kleider nach diesem Schnitt überzeugen mich nicht, das mag aber auch an den verwendeteten Stoffen liegen. Mir gefällt das Shirt so gut, daß ich sicher auch noch mal dem Kleiderschnitt eine Chance geben werde. Allerdings könnte es gut sein, daß ich bei den Linkparties diese Woche noch so viele andere Inspirationen bekomme, daß die Nähliste wieder mal aufs Unendliche anwächst. Wie z.B. Dodos Rock, mit dem sie heute auf dem MMM vortanzt, so ein schönes Teil!
verlinkt bei Memademittwoch , Afterworksewing, Sewlala