
Oh, ich habe es geschafft: ich nehme mit etwas Gestricktem am Memademittwoch teil! Wie bewundere ich immer die Näherinnen, die mit Stricknadeln genau so souverän umgehen wie mit den Nähnadeln ihrer Nähmaschinen. Da wird dann schnell mal ein passendes Jäckchen zum Rock oder zum Kleid gestrickt…nun, von dieser Kunst bin ich weit entfernt.
Diese Kombination aus Culotte, also Hosenrock und Jacke hat nicht nur ihre Zeit gebraucht zur Fertigstellung, sondern weist auch durchaus ihre perönlichen Macken um nicht zu sagen Fehler auf, das ist das Thema des folgenden Blogbeitrages.

Beginnen möchte ich mit dem Jäckchen, auf das ich so stolz bin. Es handelt sich um den Nuumi-Cardigan von rosa p. Die meisten Strickwerke der letzten Jahre (sind allerdings nicht viele….) sind nach Anleitungen von Rosape entstanden. Ich finde ihre Entwürfe alle wunderschön und die Anleitungen sind so ausführlich, daß auch ich damit gut zurecht komme.
Bei Nuumi handelt es sich um eine eng anliegende Jacke mit Raglanärmeln. Sie wird von oben nach unten gestrickt, die Blenden am Vorderteil werden separat angestrickt. Die Krönung ist natürlich das Zopfmuster, das den Rumpf ziert. Es ist ein einfacher Zopf, gerade so kompliziert, daß das Stricken seine Gleichförmigkeit verliert, aber doch so einfach, daß man es recht rasch auswendig kann. Die verwendete Wolle ist Valley Tweed von Rowan, wie es auch in der Anleitung vorgeschlagen war. Ich weiß nicht mehr so ganz genau, wann ich die Jacke angefangen habe, aber das Strickzeug war zumindest bei zwei Sommerurlauben dabei- also gehe ich von zwei Jahren Strickzeit aus. Vielleicht waren es auch nur eineinhalb, denn ich glaube mich zu erinnern, daß ich sie in einem Frühjahr begonnen habe und damals frohgemut bei der Farbauswahl gedacht habe: das wird ein schönes Herbstjäckchen! na ja, ist ja auch ein Herbstjäckchen geworden, aber halt ein Jahr später.

Ich habe die Jacke bisher noch nicht gewaschen. Bevor jetzt jemand „iihh!“ sagt, die Erklärung, daß das Waschen des fertigen Strickstückes nicht der Sauberkeit oder der Entfernung von irgendwelchen müffelnden Geruchsspuren dient, sondern der Gleichmäßigkeit des Maschenbildes und Verbesserung der Passform- so habe ich es jedenfalls gelesen. Mir war das bisher völlig neu. Ich hatte ja als Teenager auch viel gestrickt, und damals hat das keiner so gemacht. Oder vielleicht wußte ich es einfach nicht, es gab zu diesen Zeiten ja noch kein Internet, und so beruhten meine Strickkenntnisse damals nur auf dem, was mir meine Mutter und meine großen Schwewtern beigebracht hatte. Ich gebe zu, daß es mir widerstrebt, eine saubere und neue Wollstrickjacke erst mal zu waschen, denn sonst ist ja die Empfehlung, Wolle möglichst wenig zu waschen. Die Schafe duschen schließlich auch nicht jeden Tag!
Edit: es gab einen ganz tollen Kommentar zu diesem Blogbeitrag, in dem eine Leserin ihre große Erfahrung mit dem Waschen und Blocken von Strickwaren mitteilt. Schaut mal weiter unten in den Kommentaren!

In diesem Fall war es aber einfach so, daß die Jacke zu unserem geplanten Fototermin gerade so fertig geworden war, und fürs Waschen und Trocken blieb da keine Zeit. Deshalb fehlen auch noch einige Knöpfe. Eigentlich hatte ich andere Knöpfe geplant, aber als ich gemerkt hatte, wie toll die Corozo-Knöpfe von HelloHeidi zur Wolle passten, mußten die es sein. Mittlerweile sind die Knöpfe nachbestellt und angenäht.

Ich liebe diese Jacke sehr und trage sie seit ihrer Fertigstellung wirklich fast jeden Tag. Sie ist so schön herbstlich und fügt sich damit wunderbar in meine Garderobe ein. Allerdings ist sie wirklich eher figurnah geschnitten und passt am besten über dünne Blusen oder Tops. Aber das ist ja das, was man im Spätsommer und Herbst braucht, wenn die Sommerblusen zu kalt werden und etwas zum Überziehen benötigt wird.
Ich habe die Jacke mit einem ärmellosen Top kombiniert, das ich hier schon beschrieben habe. Ergänzt wird das Ensemble durch einen Hosenrock , die Winslow-Culotte von Helens Closet.

Die Winslow-Culotte ist kein neuer Schnitt, er ist in den Maßstäben des Smartphone-Zeitalters eher uralt, nämlich von 2016. Es war der erste Schnitt, den die kanadische Schnittdesignerin Helen veröffentlicht hat, und ich finde ihn absolut genial. Er ist sehr einfach- ein Hosenrock mit je zwei Kellerfalten im Vorder- und Hinterrock, rückwärtiger Reißverschluss und ein gerader Bund. Ach ja, Nahttaschen hat er natürlich auch. Also wirklich ein simpler Schnitt, aber er schafft es, an wirklich jeder Frau mit jeder Figur gut auszusehen- so jedenfalls mein Eindruck, wenn man auf Instagram den entsprechenden Hashtag durchscrollt. Für mich gehört dieser Schnitt zu den absoluten Klassikern der Nähwelt, ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, daß die Nähwelt um einiges ärmer wäre ohne diesen Schnitt…

Da der Schnitt so einfach ist, war auch meine Anpassung sehr einfach: ich habe den Vorderrock in Gr 8 genäht, den Hinterrock in Gr 6 und den Bund in Gr.10. Den fehlenden Umfang der Rockoberteile habe ich durch entsprechende Veränderungen der Tiefe der Kellerfalten ausgeglichen. Klingt so ein bisschen wie Schnittanpassung for Dummies, aber hat wunderbar funktioniert. Der Rockbund ist gerade, aber da er hoch in der natürlichen Taille sitzt, paßt er gut.Es gibt, wie bei allen Schnitten von Helens Closet, eine sehr ausführliche Anleitung und einen noch ausführlicheren Sewalong- damit ist dieser Schnitt sicher für jeden geeignet.

Genäht habe ich den Rock aus einem Leinen-Tencel-Stoff, genauer gesagt hat der Stoff 15% Leinen und 75% Tencel. Für die Rocklänge, die ich gewählt habe, ist der Stoff gerade noch geeignet. Empfohlen werden für die längeren Längen eher weich fliessende Stoffe, denn da kommen schon größere Mengen an Stoff zusammen. Bei einem festeren Stoff stehen die Culottebeine dann sehr ab, das ist nicht mehr so schön.

Den rückwärtigen Bund meiner Culotte ziert eine z-förmige Stickerei. Ach, wie gerne würde ich jetzt meine tiefgründigen Gedanken hier niederschreiben, warum es gerade dieses Stickereimotiv sein mußte…vielleicht so: das z ist der letzte Buchstabe des Alphabetes, sozusagen eine Metapher des Endlichen, und symbolisiert so die Endlichkeit des Rockbundes, der ja auch irgendwann am Verschluss endet…hmm, nicht sehr überzeugend….

Oder so: durch die Stickerei konnte ich auf subtile Weise die Form der Kellerfalten aufnehmen und dadurch eine geniale Verbindung von Rock und Bund herstellen…auch nicht viel besser.
Leider ist die Erklärung für die Stickerei viel banaler und eigentlich sehr peinlich. Ich habe beim Zurückschneiden der Nahtzugaben des Bundes in den Bund reingeschnitten und damit einen wunderschönen rechteckigen Cut produziert. Gemerkt habe ich das erst beim Bügeln, und dann war das Entsetzen groß. Mein erster Gedanke war, es einfach zu lassen. Der Bund war ja verstärkt, und ich habe dann nochmals etwas Einlage auf den Einschnitt gebügelt, so daß er eigentlich nicht mehr ausfransen konnte, und verschlossen war der Einschnitt auch. Der Stoff hat ja eine leichte Unregelmäßigkeit in der Struktur, und so fiel der Schnitt gar nicht so sehr auf. Andererseits ist es ein Bereich neben dem Reißverschluss, an dem man beim An- und Ausziehen doch immer wieder mal rumzuppelt, und ich wollte ja schon ein langlebiges Kleidungsstück produzieren.

Also Reparatur. Wenn es ein Jeansstoff gewesen wäre, hätte ich einfach eine Applikation draufnähen können, das paßte aber in diesem Fall nicht. Gürtelschlaufen hatte ich mir überlegt, passten aber auch nicht zu Stil des Rockes. Die korrekteste Lösung wäre wahrscheinlich gewesen, den Bund abzutrennen und komplett neu zu nähen- dazu hatte ich aber keine Lust.
Also fing ich an zu flicken, mit Zickzackstich über den Einschnitt, und weil es so schön ging, wurde noch ein weiterer Zacken angehängt. Damit das ganze nicht so geflickt aussah, habe ich auf der anderen Seite des Bundes die Stickerei gespiegelt. Ganz symmetrisch ist es nicht geworden, vielleicht hätte ich auf der anderen Seite auch erst mal den Bund einschneiden sollen…

So, jetzt ist es ein gewünschtes Designmerkmal, unbedingt so gewollt und natürlich von von vornherein so geplant gewesen:-)
Ich finde den Schnitt wie gesagt sehr, sehr schön und kann mir gut auch die kürzeren Versionen vorstellen, die kann man dann sicher mit Strumpfhosen gut in der kälteren Jahreszeit tragen. Damit schlage ich jetzt eine schöne Brücke zum Oktober Memademittwoch, an dem sicher viele herbsttaugliche Outfits gezeigt werden.