Hosen Jeans Smart Pattern

Smart Pattern Jeans

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Smart Pattern Wide Leg Culotte

Ich habe mir wieder mal Jeans genäht…nichts ungewöhnliches, wenn man sich meinen Blog und meine genähten Modelle betrachtet. Aber ich trage einfach gerne Jeans, und deshalb nähe ich sie gerne. Ich nähe auch gerne dünne Sommerkleidchen- aber da gibt es so wenig Gelegenheiten, sie zu tragen. Also lieber eine Jeans, die viel getragen wird!

Smart Pattern Mom Jeans

Aber vor dem Nähen stehen viele andere Schritte. Wie soll die Jeans denn sitzen, welchen Schnitt nehme ich, welche Passform? Die derzeitige Hosen-Mode ist ja recht offen und bietet viele Schnittformen an. Es gibt immer noch viele Skinnyjeans, aber auch sehr weite Schnitte. Karottenhose, Schlaghose…alles ist möglich, was die Wahl durchaus nicht einfacher macht.

Der Schnittmustermarkt ist entsprechend umfangreich, und viele Schnitte ähneln einander mit kleinen Variationen. Das ist sowieso ein Problem im Schnittmusterbereich, finde ich, daß viele Schnitte sich sehr ähnlich sehen. Man könnte jetzt bösartig von Plagiat oder Kopie sprechen, aber ich denke, das liegt einfach in der Natur der Sache. Keine Designerin kann die Hose oder die Bluse neu erfinden- eine Hose hat zwei Beine, die Bluse zwei Ärmel, und zwischen drin manche Variationen…aber das meiste war schon mal da gewesen.

Und in diesem Fall wollte ich ja auch eine ganz normale Jeans nähen, die ich im Alltag tragen kann. Ich hätte auch einen meiner bewährten Jeansschnitte zurück greifen können, insbesondere die Jeans mit dem schönen Namen „I am Sunshine“ von I am Pattern trage ich sehr gerne. Da hatte ich mir ja auch mit der Anpassung große Mühe gegeben. Aber das bessere ist bekanntermassen der Feind des Guten, und so wählte ich einen anderen Weg. Schon lange wollte ich das System von Smart Pattern ausprobieren, bei dem man sich einen Maßschnitt selbst am PC designen kann, und das zu erschwinglichen Preisen.

Bei Smart Patterns gibt es eine umfangreiche Auswahl von verschiedenen Jeans-und Hosenschnitten. So umfanreich, daß mir die erste Wahl sehr schwer fiel. Da ich aber die Sunshine-Jeans so gern mochte und auch sonst die Karottenhose eigentlich an mir recht gut fand, fiel meine Wahl zunächst auf eine Mom-Jeans. Das ist die hellblaue Hose, die ich in den ersten Bildern oben zeige.

Die Website von Smart Patterns ist absolut professionell gemacht. Man wählt das Modell aus und hat dann zunächst die Wahl zwischen verschiedenen Optionen. Wie hoch soll der Bund sitzten, Paßform eher eng oder weit, Taschen eckig oder rund…gar nicht so einfach, die ersten Fragen zu entscheiden. Dann werden die eigenen Maße eingegeben, dafür gibt es auch Anleitungen zum richtigen Maßnehmen. Es werden viele Maße abgefragt, also auch Innen- und Außenbeinlänge, Umfänge von Waden und Oberschenkeln und anderes. Man bezahlt einen Betrag, der einem hochwertigen Indieschnittmuster entspricht und hat nach wenigen Minuten einen Schnitt im elektronischen Postfach, der nach den eigenen Maßen erstellt wurde.

Mir ist schon klar, daß es Schnitterstellungs-Programme gibt, aber ich finde es einfach genial, daß ich als Amateur ohne große Einarbeitung das Programm so nutzen darf. Ansonsten bietet Smart Patterns eine Sammlung von Anleitungen zum Hosennähen an, die alle gratis zugänglich sind. Die Anleitungen sind als Video oder als Text erhältlich, wobei der Text identisch zum Video ist. Die Nahtzugabe ist im Schnitt enthalten, die Nahtlinien sind auch eingezeichnet. Sehr gut ist die Anleitung für den vorderen Reißverschluß- wieder eine neue Variante für mich, aber eine, die gut funktioniert.

Das Nähen war also kein Problem, wobei ich natürlich auch schon viele Hosen und Jeans genäht habe. Ich hatte vorm endgültigen Zusammennähen die Seitennähte geheftet und alles ganz gut gefunden, geändert am Schnitt hatte ich nichts bei der hellblauen Hose. Allerdings war mein Stoff auch extrem dehnbar. Für meine Schnittversion, Momjeans in der engen Form, wurde ein Stoff mit 10% Dehnbarkeit empfohlen. Mein Stoff hatte eine Dehnbarkeit von mindestens 20%. Ich weiß nicht mehr genau, wo er herkam, er lag schon eine Weile im hauseigenen Stofflager. Ehrlich gesagt fiel die Wahl auf ihn, weil ich den Stoff weg haben wollte- ich weiß, daß das keine gute Basis für ein Nähprojekt ist. Mein Problem war auch gar nicht die Dehnbarkeit, sondern die Farbe. Der Stoff ist so richtig himmelblau, und bei der bisherigen Wetterlage war mir diese Farbe einfach total fremd. Das wird jetzt besser mit der zunehmenden Sonne, merke ich, aber ich finde die Farbe immer noch schwierig zu kombinieren.

Ich war auch anfangs mit dem Schnitt nicht glücklich. Natürlich paßte er, keine Frage, war ja nach meinen Maßen erstellt. Aber das war nicht die Mom-Jeans, die ich wollte, das war eine normale enganliegende Hose! Letztendlich lag das natürlich an meine Schnittauswahl. Im Schnittgenerator konnte man bei der Paßform zwischen eng, normal und weit wählen. Ich hatte mich für eng entschieden, da mein Stoff so dehnbar war. Hätte ich gewußt, daß mit der engen Paßform eine negative ease von 1 cm verbunden ist, hätte ich mich vermutlich für eine andere Passform entschieden

Das ist eigentlich auch mein einziger Kritikpunkt an dem System von Smart Pattern. Es werden zwar viele Optionen angeboten, aber diese werden nur mit Worten umschrieben (eng/ normal/weit) . Mir hätte es geholfen, dazu eine Maßangabe zu erhalten. Gute Schnittmuster enthalten ja auch die Maß-Angabe der fertigen Schnitteile, das hilft ungemein, die Paßform abzuschätzen. Natürlich kann man bei einem Maßschnitt nicht die fertigen Maße des Schnittes auf der Website angeben, das ist ja bei jedem Schnitt unterschiedlich. Aber eine Angabe über die Bequemlichkeitszugabe hätte mir sehr geholfen.

Beim zweiten Schnitt von Smart Patterns, den ich genäht habe, war manches schon umgesetzt, was ich für mich als negativ empfunden hatte. Vielleicht hatten andere Näherinnen auch schon meine Gedanken gehabt? Bei der Wide Leg Pants wird jedenfalls die Paßform genauer beschrieben, und ich hatte mich nach der Größenangabe ( positive ease 3,5 cm im Hüftbereich) für die normale Paßform entschieden. Nach meiner Messung komme ich allerdings auf +5 cm im Hüftbereich, das hängt wohl doch vom Ort der Messung ab. Die Hose ist nach meiner Meinung aber immer noch eng anliegend im Hüftbereich- zumindest für meine Figur.

Der Schnittgenerator bietet hier auch die Möglichkeit, die Lage der Schrittnaht zu variieren- ich habe mich hier für den tiefen Schritt entschieden, da ich bei der hellblauen Hose den Schritt auch als eher zu hoch empfunden habe. Es gibt auch verschiedene Bundformen, vor allem diese hübsche Vorderteilpasse finde ich sehr gelungen. Ich habe die kurze Variante gewählt, die als Culotte bezeichnet wird.

Ja, und dann wollte ich es doch genau wissen. Ich plante, diesen Schnitt mit meinem neuen Jeansstoff umzusetzen, den ich hier bezogen hatte. Ein italienischer Bio-Jeansstoff, GOTS-zertifiziert, mittelschwer, leicht elastisch, und einer der schönsten Jeansstoffe, die ich je vernäht habe. Und ich habe schon etliche Jeansstoffe vernäht!

Ich wollte keine Risiko eingehen und habe deshalb zwar keine Nesselmodell, aber das Modell der Topdowncenteroutmethode genäht. Topdowncenterout hatte ich im letzten Blogbeitrag schon beschrieben. Es ist eine Methode zur Hosenanpassung, bei der zuerst der Hosenbund und dann der Rest der Hose von innen nach außen angepaßt wird. Dazu wird ein einbeiniges Nesselmodell genäht. Das ganze Verfahren ist recht arbeitsaufwendig, ich habe es hier abgekürzt, da mir ja schon ein Maßschnitt vorlag. Genäht habe ich das einbeiniges Modell mit Bund und den beiden Passen im Vorder- und Rückenteil. Das habe ich zuerst angepaßt und dabei 2 cm in der Weite der Taille dazu gefügt. An der Hinterhose habe ich in der hinteren Mitte um einen cm reduziert, sonst war ich mit der Paßform sehr zufrieden. Das einbeinige Modell konnte ich auch gut nutzen, um die Taschenposition festzulegen.

Jetzt sitzt die Hose richtig gut. Oder ist es doch eine Culotte, wie sie in der Schnittbezeichnung heißt? Egal wie, mir gefällt sie!

Ergänzt habe ich nur noch eine Tasche am Oberschenkel im Cargostil. Mein vierbeiniger Begleiter hatte Sorge, daß seine Leckerli in der Hose keinen Platz finden…

Mein Fazit zu Smart Pattern: eine sehr gute Methode für alle, deren Körpermaße von den gängigen Tabellen abweichen und die trotzdem eine gut sitzende Hose mit geringem Anpassungsaufwand nähen möchten. Ganz kann man sich die Anpassung nicht sparen, das ist auch nicht zu erwarten. Jeder Schneider, der eine Maßhose näht, wird den Kunden auch zur Anprobe einige Male einbestellen.

Ich trage übrigens die himmelblaue Jeans grade richtig gerne. Mit der Farbe habe ich mich arrangiert, und durch das Tragen ist die ursprünglich sehr körperbetonte Form deutlich lässiger geworden. Das Elasthan zeigt eben seine Wirkung…also, alles richtig gemacht.

Alle anderen genähten Modelle an diesem ersten Mittwoch im Mai, der ja auch wieder ein #memademay ist, finden sich auf dem Blog des Memademittwoch.

Blusen Memademittwoch Paper Theory

Olya Shirt von Paper Theory Patterns

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Es gibt Schnittmuster, die werden in der Nähszene, in der ich mich bewege, sehr häufig genäht. Das erweckt in mir leicht den Eindruck, das „müsse man genäht haben“…das ist natürlich Blödsinn, keine von uns muß etwas nähen, wir machen das ja alles freiwillig. Aber interessant ist es schon, so ein Schnittmuster, das so oft genäht wird. Ist es das geschickte Marketing, die inspirierende Designerin oder am Ende doch die Qualität des Schnittes, die dafür verantwortlich ist, wenn so ein Schnitt rauf und runter genäht wird?

Bei der Olya Bluse von Paper Theory trifft sicher von all diesem etwas zu. Der Schnitt ist schon genial, und da die Feinheiten in meiner geblümten Version überhaupt nicht erkennbar sind, hier die technische Zeichnung:

Quelle: Paper Theory

Olya ist eine Bluse im klassischen Hemdblusenstil mit Kragen, einer Schulterpasse im vorder- und Rückenteil und Manschettenärmeln. Das Besondere ist, daß die Ärmel an die vordere Passe angeschnitten sind. Das ergibt ein ganz witzig geformtes Schnittteil, das ich zunächst etwas ratlos hin und hergedreht hatte, bis sich mir die Funktion erschloss. Die Naht, die den angeschnittenen Ärmel letztendlich schließt, wird in der Naht zwischen Passe und Oberteil fortgeführt. In diese Naht können zwei Brusttaschen eingearbeitet werden- ein witziges Designelement bei transparenten Stoffen, die Funktion der Brusttaschen erschliesst sich mir nicht. Ich habe sie weggelassen.Zwischen dem Vorderteil/Ärmel und rückwärtiger Passe ist ein Anschluss, bei dem eine Naht im rechten Winkel abknickend genäht werden muß, das ist eigentlich die einzige Schwierigkeit bei diesem Schnitt. Es gibt eine sehr gute Anleitung mit Grafiken zu diesem Schnitt, außerdem einen ausführlichen Sewalong auf der Website der Designerin. Wer noch nie einen Hemdblusenkragen oder Ärmelmanschetten genäht hat, wird hier sehr gut durch alle Schritte geführt.

der Fotograf hat sich wirklich bem0ht, diesen besonderen angeschnittenen Ärmel in Szene zu setzen, aber bei den vielen Blümchen war das schwierig

Die Olya Bluse ist oversized geschnitten. Das wußte ich, wurde auch in den vielen Beispielen von Olya, die man im Netz sieht, immer wieder bestätigt. Ich habe daher eine Größe kleiner gewählt als ich sie von der Größentabelle her gebraucht hätte. Dies ist die Größe 8, die zweitkleinste Größe. Mit der Größenwahl bin ich sehr zufrieden: die Bluse hat genau das richtige Maß an Mehrweite, das mir zur Zeit gut an mir gefällt.

Nicht ganz so zufrieden war ich mit dem Sitz des Kragens: wie so oft fand ich den Kragen zu hoch oder zu eng an mit. Wobei er eigentlich gar nicht zu eng war, ich hätte ihn schon zugeknöpft bekommen, wenn ich denn ein Knopfloch und Knopf auf den Steg genäht hätte. Aber die Bluse hat eine starke Tendenz, über die Schulter nach hinten zu rutschen, da konnte ich mir die hochgeschlossene Version gar nicht vorstellen.

Die Schulternaht dieser ersten Version lag deutlich hinter meiner anatomischen Schulter. Das ist sicher teilweise das Design, das das so möchte, liegt aber auch an meinen nach vorne gedrehten Schulter. Ich brauche bei vielen Schnitten ein „forward shoulder adjustment“, eine relativ einfache Änderung des Schnittmusters, bei der man am Vorderteil einen Streifen der Schulter entfernt und diesen am Rückteil wieder dran fügt. Es gibt dafür viele Anleitungen im Netz, ich verlinke hier mal eine, die das ganze sehr ausführlich behandelt.

meinem jungen Hund ist die Position der Schulternaht ziemlich egal- er interessiert sich mehr für die Position des Leckerli-Beutels

Letztendlich ist es ja immer Jammern auf hohem Niveau, wenn man sich über solche Feinheiten an einem genähten Stück grämt. Tatsache ist, daß ich diese Bluse unmittelbar nach ihrer Fertigstellung angezogen habe und dann nicht mehr freiwillig ausgezogen habe (doch, nachts natürlich dann doch:-)) Das lag sicher auch an dem hübschen Stoff, einem Baumwoll-Satin von Hello Heidi. Ich hatte diese Qualität schon mal vernäht und bin immer noch sehr begeistert davon. Der Stoff wirkt, wenn er aus dem Päckchen kommt, etwas steif, wird aber nach der ersten Wäsche butterweich. Die Verarbeitung ist eine Freude, grade so Dinge wie Kragen oder Manschetten gelingen problemlos.

Er knittert wenig, aber wenn man ein Sweatshirt und darüber noch eine Bauchtasche trägt, entstehen einfach Tragefalten. Das soll so!

Der Sweater ist nach dem Schnitt Capitol von Cosylittleworld genäht, das ist zur Zeit mein Lieblings-Sweatshirtschnitt, da er für mich genau das richtige Mass an Oversize aufweist.

Die Bauchtasche ist sicher vielen bekannt- der Schnitt heißt Rikka und ist von Hansedelli. Immer wieder schön, zwischendurch mal eine Tasche zu nähen, und diese wurde dringend benötigt. Bei Hundespaziergängen benötigt man so einiges, Leckerli, Kotbeutel, Leine…und die Hände sollen ja frei bleiben, damit man den Kleinen ausgiebig beschmusen kann.

Da ich die Olyabluse wie gesagt so gerne und viel getragen habe, lag es nahe, ein weiteres Exemplar zu nähen. Außerdem wollte ich wissen, ob ich die Schulternahtverlagerung so machen konnte, wie ich es mir vorgestellt habe. Beim Olya-Schnitt ist ja durch den angeschnittenen Ärmel manches anders.

Im hiesigen Nähgeschäft fand ich einen Double Gauze, der sich gut für eine weitere Olya eignete. Der Schnitt ist also etwas geändert, die Schulternaht um ca 1 cm nach vorne verlagert und etwas gedreht.

Außerdem habe ich den Kragenausschnitt etwas erweitert und den Kragen samt Steg natülrich auch, so daß er in etwa der Größe 10 entspricht.

Wie man sieht, ist der Sitz deutlich besser-nein, man sieht es natürlich nicht, aber das Gefühl beim Anziehen und Tragen ist so, daß ich mit der Bluse jetzt rundum zufrieden bin. Die Schulternaht liegt immer noch etwas hinter meiner anatomischen Schulter, aber das entspricht dem Design.

Das Nähen der Olyabluse ist übrigens eine recht zügige Angelegenheit, wenn der Anfang mal gemacht ist. Man beginnt mit dem Ärmelschlitz, der als Kapellenschlitz gearbeitet wird. Wenn diese erste Nähchallenge dann gemeistert ist, kann man sich entspannt dem weiteren Nähprozess zuwenden. Das Einsetzen der Ärmel spart man sich, das finde ich sehr angenehm. Ärmeleinsetzen finde ich beim ersten Ärmel immer noch ganz spannend, da bin ich hoch motiviert, aber beim zweiten läßt die Motivation dann deutlich nach, und dann sollen die beiden Ärmel ja auch noch identisch sein…nein, dann lieber ein Schnitt wie Olya, bei der der Ärmel angeschnitten ist.

So, soweit mein Outfit, in dem ich bei den zahlreichen Hundespaziergängen mit meinem Junghund Caspar unterwegs bin! Caspar und ich freuen uns jetzt auf wärmere Frühlingstage. Ich bin gespannt auf die heutige Galerie des Memademittwoch– werden schon Sommer-Outfits gezeigt, oder sind meine Mitnäherinnen vernünftig und zeigen dem Wetter angepaßte warme Kleidung? Ina zeigt heute ein traumhaftes Frühlingsoutfit, fröstelt aber auch darin…

Gestricktes Waffle Pattern

It has Pockets- Anzu Skirt von Waffle Patterns

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Wieviele Taschen braucht ein Rock? Die Antwort ist klar- jede Zahl größer als eins ist hier richtig. Ein Rock ohne Tasche ist wie ein Frühling ohne Sonne oder ein Hundespaziergang ohne Leckerli. Jeder Rock braucht mindestens eine Tasche! Aber ist die Zahl der Taschen nach oben begrenzt? Diese Frage mag man sich stellen, wenn man das Schnittmuster des Anzu-Rockes von Waffle Patterns betrachtet. Maximal könnte man 11 Taschen hier einbauen, ich habe mich auf 7 beschränkt. Ja, Bescheidenheit ist eine Tugend!

Es ist ja sicher auch nicht so gedacht, daß jeder Anzu-Rock mit allen Taschenvariationen genäht wird, das sind schon eher Vorschläge der Designerin, aus der man dann auswählen kann. Aber andererseits macht es so Spaß, diese ganzen Taschen zu nähen, ich konnte irgendwann nicht mehr stoppen. Und wenn man dann auch noch das passende Label dazu hat…

Wenn man von den vielen Taschen absieht, ist der Anzu Rock ein relativ schlichter Rock in A-Linie. Es gibt zwei Optionen, eine kurze mit Reißverschluß vorne oder eine knielange mit doppelter Knopfleiste („double breasted“), von denen aber nur die äußere mit Knöpfen genäht wird, die innere besteht aus Rockhaken und Druckknopf. Bei der Rückseite gibt es die Option auf eine tiefe Kellerfalte in der hinteren Mitte, die habe ich natürlich genäht, um mehr Beinfreiheit zum Laufen zu bekommen. Denn dieser Rock ist als Outdoor- und Wanderrock gedacht- etwas anderes passt nicht in mein Leben, das ich mit einem mittlerweile 5 Monate alten Welpen teile.

Die Anleitungen von Waffle Patterns sind immer eine reine Freude beim Nähen. Jeder Schritt ist mit Grafiken erklärt, die Anweisung knapp und präzise- so macht Nähen Spaß.

Der Stoff ist ein Doubleface-Jeansstoff, den ich von 1000Stoff bezogen hatte. Er hat zwei schöne Seiten, eine taupefarbene und eine jeansfarbene. Ich hatte lange geschwankt, welche Seite ich nach außen nehmen, oder ob ich bei den Taschen mit den verschieden farbigen Seiten spiele. Schlußendlich habe ich mich doch für diese schlichte Version in taupe entschieden, da ich die am besten kombinieren kann. Dafür habe ich mich dann bei der Innenansicht hemmungslos ausgetobt und meinen neuesten Libertystoff angeschnitten.

Der Rock passt zu vielen meiner Oberteile, hier habe ich ihn mit einer Cheyenne-Bluse aus einem Libertystoff kombiniert. Für unsere Wanderung an diesem nasskalten Vorfrühlingstag war das natürlich nicht warm genug, wie gut, daß ich einen selbstgestrickten Pullover darüber getragen habe!

Auf diesen Pulli, den Dartmoor Sweater von Caidree, bin ich ja besonders stolz. Gut, ich bin auf jeden selbstgestrickten Pulli stolz, eigentlich auf jedes selbstgemachte Kleidungstück, aber dieser Pullover…ich hatte die Wolle Ende Oktober bestellt, das habe ich grade noch mal nachvollzogen, und er war im Januar fertig. Für mich als langsame Strickerin ein geradezu atemberaubendes Tempo! Ich hatte allerdings auch einen gewissen Leidensdruck, da der Winter dann doch kühler wurde, der kleine Hund viele Outdoorzeiten forderte und es in meinem Kleiderschrank nicht so viele andere warme Pullis gab.

Der Dartmoor Sweater ist ein schlichter Pulli mit überschnittenen Schultern. Charakteristisch ist die etwas nach hinten verlegte Schulternaht, die durch einen i-cord betont wird. Für die Nicht-Profistrickerinnen, zu denen ich bis vor kurzem noch gehört habe: ein i-cord ist eine Art Kordel, die aus drei Maschen gestrickt wird. Man kann dann aus der Längsseite der Kordel die Maschen wieder aufnehmen, das führt zu einem sehr dekorativen Rand wie hier an der Schulter.

Ich habe den Dartmoor Pulli zweifädig gestrickt, ein Garn war Merinogarn (Lamana Como Grande), dazu ein Beilaufgarn aus 60% Mohair und 40% Seide (Lamana Premia). Das Ergebnis ist unglaublich weich, voluminös und wärmend, der Pullover war mein absolutes Lieblingsstück in diesem Winter. Und ich denke , daß ich auch bei den Morgenspaziergängen jetzt im März in der morgendlichen Kühle gerne diesen Pulli anziehen werde. Wer schon mal mit einem Welpen spazieren gegangen ist, kennt das Problem wahrscheinlich. Das Gassigehen mit einem Welpen ist ja oft ein Gassi-Sitzen- der Hund läuft einige Meter, dann setzt er sich erstmal hin und bestaunt die große weite Welt rings um ihn herum. Wie gut, wenn man da einen warmen Pullover anhat und den Hund in seiner kontemplativen Beschäftigung nicht stören muß!

so sieht ein nasser Zwergschnauzer aus

Für Kontemplation blieb dem Hund auf dieser Wanderung allerdings wenig Gelegenheit, da er irgendwann recht durchnäßt und völlig verdreckt war , was seiner guten Laune aber nicht schadete. Ich versichere, daß er kurze Zeit später wieder trocken und sauber auf der Couch saß!

Alle anderen genähten Modelle, mit oder ohne Hund, versammeln sich an diesem ersten Mittwoch im März hier. Ich freue mich sehr, daß es diese Plattform gibt!

Memademittwoch Rock Sewoverit

Lizzie-Skirt von Sewoverit

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Neuer Blogpost, neues Jahr, Neubeginn! Immer wieder schön, diese Illusion, daß mit dem Wechsel der Jahreszahl sich sozusagen automatisch alles ändern würde, und natürlich vorzugsweise zum Guten. Wir möchten ja immer Bilanzen ziehen, so wie mein Steuerberater, der sich am Ende des Jahres freut, wenn Gewinn und Umsatz sich gesteigert haben- dann war das ein gutes Jahr.

Wenn ich mich in meiner Instagram- oder Blogger-Blase umschaue, sehe ich auch viele Bilanzen und Jahresrückblicke, und viele gehen mit dem Jahr 2022 sehr hart ins Gericht. Fast bin ich versucht, das arme Jahr 2022 doch etwas in Schutz zu nehmen, vermutlich kann es ja gar nichts dafür…aber ich sehe es genauso, 2022 war kein gutes Jahr. Damit meine ich jetzt gar nicht die weltpolitische Lage. Die war natürlich katastrophal, aber das trifft leider auf viele , viele Jahre davor genauso zu. Ich bin keine Historikerin, aber ich denke, daß in jedem Jahr irgendwo auf der Welt ein menschenverachtender Krieg geführt wird.

Für mich war 2022 ein Jahr mit vielen emotionalen Belastungen. Es war das letzte Jahr meine Berufstätigkeit, und ich bin sehr froh, daß ich diese Phase jetzt doch sehr geregelt beenden konnte. Ich war 27 Jahre als niedergelassene Kinderärztin in eigener Praxis tätig. Es war eine schöne Tätigkeit, eine wunderbare Zeit, die ich nicht missen möchte. Aber es war auch eine Tätigkeit, die mich in den letzten Jahren sehr an die Grenzen meiner perönlichen Leistungsfähigkeit gebracht hat. Die Gründe hierfür zu erläutern würde den Rahmen dieses Blogs eindeutig sprengen, handelt es sich doch um einen Nähblog und nicht um einen gesellschaftskritischen Blog. Aber wenn sich eine meine Leserinnen dafür interessieren, können wir das Thema gerne bei einem persönlichen Treffen im Rahmen eines Nähtreffens/Bloggertreffens vertiefen.

Das Nähen war in diesem Jahr mehr als zuvor mein Anker, die Zuflucht für meine Gedanken, wenn der Kopf voll war mit Problemen und Emotionen. Da reichte oft auch schon der Gedanke an ein Nähprojekt oder vielleicht auch ein Nähproblem, das es in Gedanken zu lösen galt. Und die Stunden an der Nähmaschine waren natürlich absolut genial, um wieder eine gewisse Erdung zu bekommen und zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zurück zu kehren. Was kann es schließlich wichtigeres im Leben geben, als eine sauber genähte Kragenecke hin zu bekommen? Na gut, bei einem Patchworkprojekt die Ecken genau aufeinander zu bekommen, ist auch ganz schön wichtig…

Und so war mein Nähjahr 2022 vermutlich doch ganz erfolgreich, auch wenn ich jetzt noch keine endgültige Bilanz gezogen habe. Mein Nähverhalten ist aber recht stabil, ich ahne oft schon ganz gut, was mir stehen wird und was ich gerne anziehen werde. Ich kaufe gerne schönen Stoff, aber ich verarbeite auch gerne schöne Stoffe aus meinem gut gefüllten Vorrat. Und auch mein Vorrat an Schnitten freut mich immer, wenn ich mir für ein konkretes Projekt einen bereits bewährten Schnitt auswählen kann.

Bei diesem Stoff, einer Viskose der französischen Stoff-Firma Atelier Brunette, wußte ich sofort, welchen Faltenrock ich daraus nähen wollte. Den Lizzie-Rock von Sewoverit hatte ich vor einigen Jahren schon mal genäht und hier verbloggt. Es gibt da einige kleine Raffinessen bei der Faltenlegung dieses Schnittmusters, wer sich dafür interessiert, möge bitte meinen alten Blogbeitrag lesen, dazu kann ich nichts neues hinzufügen.

Der Rock hat Taschen, ist gefüttert und trägt sich durch die Weite ganz wunderbar. Überraschenderweiss ist das wilde Muster recht kombinationsfreudig, ich habe den Rock auch schon mit diversen Pullovern kombiniert, es passt nicht nur dunkelrot, sondern auch anthrazit wunderbar dazu.

Und so ging mein Nähjahr 2022 doch sehr versöhnlich zu Ende, ich bin mit diesem Rock rundum glücklich und zufrieden. Zu meiner Zufriedenheit trägt sicher auch das kleine Fellknäuel bei, das hier um meine Füße herumwuselt…

…gar nicht so einfach, mit einem kleinen Welpen, der noch keine großen Strecken laufen darf, eine passende Location für die Blogfotos zu finden!

Caspar ist mittlerweile 12 Wochen alt, ein Amerikanischer Zwergschnauzer. Er ist erst zwei Wochen bei uns, aber ich kann mir ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen. Ich denke , alle Hundebesitzer wissen, wovon ich spreche.

Aber so ein Welpe benötigt natürlich auch Zeit, und so bin ich sehr gespannt, wie sich mein zukünftiges Leben zwischen Hund, Familie und Nähen aufteilen wird.

Jetzt schaue ich erst mal, was andere an diesem ersten Mittwoch des Jahres 2023 genäht haben. Herzlichen Dank an das Team des Memademittwoch, daß Ihr auch in diesem Jahr uns diese wunderbare Plattform ermöglicht!

Hosen I am Patterns Jeans Memademittwoch

I am Sunshine- Jeansanpassung mit Top-Down Center Out

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Ich habe mal wieder eine Jeans genäht, nämlich die Sunshine-Jeans von I am Patterns. Diesen Schnitt hatte ich schon so lange vor zu nähen, denn solch eine Jeans fehlte mir noch in meiner Kollektion. Mein Wunsch war eine Hose aus einem Denim ohne Stretch, eher hoch in der Taille sitzend und im Hüftbereich leger, die Hosenbeine unten etwas enger. Damit beschreibe ich die Merkmale einer Momjeans, besser bekannt als Karottenjeans- nun denn, begeben wir uns in die 80er Jahre!

Lange habe ich geschwankt zwischen diesem Schnitt und einem ganz ähnlichen Modell, nämlich der WorkerTrousers von Modernsewing . Letzendlich war für meine Wahl die Tatsache ausschlaggebend, daß die Sunshine Jeans mir schon als ausgedruckte A0-Version vorlag, die hatte ich damal mit meinem Kauf des Blazers „I am Fullmoon“ schon mitbestellt und mit ausdrucken lassen. Den Blazer liebe ich sehr und habe ihn ganz oft getragen, er hat absolut reelle Chancen auf den Titel Lieblingsstück des Jahres 2022- aber jetzt greife ich schon den Januar-Beitrag vor, das ist didaktisch nicht so geschickt.

Aber jetzt war der Zeitpunkt da für diese Jeans, Stoff lag auch schon bereit (Denim in mittelblau von Hello Heidi)- blieb nur noch die Anpassung des Schnittes.

Ich muß Hosenschnitte immer anpassen, zu sehr weichen meine Maße von denen der Schnittdesignerinnen ab. Üblicherweise mache ich das so, daß ich den zweidimensionalen Papierschnitt an definierten Stellen aufschneide und die Teile auseinanderziehe oder zusammenschiebe. Das funktionierte bisher recht gut, und die so angepassten Hosen passen mir alle um Klassen besser als die Kaufhosen.

Aber jetzt gab es eine neue Form der Hosenanpassung, die zumindest in der Instagramblase, in der ich mich bewege, für gewisses Interesse gesorgt hat. Sie trägt den sperrigen Namen „Top-down Center out“ und wurde entwickelt von Ruth Collins, das ganze ist in einem Artikel der Threads zu finden (ThreadsMagazin 2022, 2018, pp 50-57).

Ich werde im folgenden Artikel die Methode beschreiben, oder zumindest das, was ich davon verstanden habe, und von meiner Anwendung auf die Sunshine- Jeans von I am Pattern erzählen.

Ruth Collins (auf Instagram @IthacaMaven) hat eine Methode beschrieben, bei der Hosen auch alleine, also ohne eine zweite Person, angepaßt werden können. Das ganze beruht auf einem Nesselmodell, das nur aus einem Taillenband und einem einzigen Hosenbein besteht. Zuerst wird das Taillenband angepaßt, dann das Bein- also von oben nach unten, eben top down. Das Hosenbein wird von innen nach außen angepaßt- center out.

Die Anpassung des Taillenbandes als erste Tat fand ich sehr ungewöhnlich, aber dann doch absolut nachvollziehbar. Klar, so eine Hose hängt am Taillenband, und wenn die Taille sitzt und passt, ist das schon mal gut. Die Sunshine-Jeans hat einen schönen Formbund, den ich aber nach der ersten Anpassung noch etwas mehr gerundet habe. Dann war ich damit schon mal ganz zufrieden.

Für die Erstellung dieses einbeinigen Nesselmodelles gibt es in dem genannten Artikel sehr genaue Arbeitsanweisungen, was die Größenwahl und die Nahtzugaben betrifft. Das muß man sich dann mal in Ruhe durcharbeiten. Es gibt mittlerweile auch eine Reihe von sehr instruktiven Videos auf Youtube. Ich habe mir vor allem die Filme von the crooked hem angeschaut, die das ganze sehr anschaulich demonstrieren. Es ist natürlich alles auf englisch, aber es ist wirklich gut zu verstehen.

Ein Prinzip dieser Methode ist, daß die Schrittkurve nicht geändert werden soll. Die Begründung dafür ist, so wie ich es verstanden habe, daß die Schrittkurve von einem professionellen Schnittersteller schon so optimiert wurde, daß man daran nicht grundlos rumschnippeln soll. Das fand ich interessant, denn bisher habe ich immer an meinen Hosenschnitten die Schrittkurve geändert- das war vielleicht verkehrt?

Also, man schneidet sein Nesselmodell dann zu und heftet es zusammen. Dann kommt der lustige Teil der Aktion, die Anprobe des einbeinigen Testmodells, das teilweise zusammegeftet ist und in der Taillen am bereits angepaßten Taillenbund mit Stecknadeln festgesteckt wird. Man arangiert die Schrittnaht an der vorderen und hinteren Mitte (das Vorhandensein eines zweiten Spiegels ist hier sehr von Vorteil) und zuppelt dann zunächst die Schrittnaht vorne und hinten auf die richtige Höhe. Dann wird die Seitennaht abgesteckt und auch wieder auf die richtige Höhe gezuppelt…also ich mußte viel zuppeln und stecken , das ganze im Unterhöschen mit einem einbeinigen Testmodell, und nein, es gibt davon keine Fotos!

Quelle: Practical Pants Fitting by Ruth Collins, threads 2018

Aber interessant war es schon. Mir war schon klar, daß ich aus der hinteren Mitte einiges an Länge rausnehmen mußte, aber das waren dann gut drei cm, die ich im Endeffekt rausgenommen hatte. Ich hatte mir das Leben etwas schwer gemacht, indem ich einen Schnitt mit rückwärtiger Passen gewählt hatte, wie das bei Jeans halt so üblich ist. Ich hatte Passe und Rückenteil zusammengenäht für die Anprobe und dann später nach erfolgter Anpassung die Passe neu abgetrennt- mittlerweile gibt es auf You Tube ein Video von the crooked hem, in der sie eben diese Jeansanpassung mit Top Down Center Out beschreibt. Sie schlägt vor, die Passe zusammen mit dem Taillenband im ersten Schritt zusammen anzupassen- vermutlich die bessere Variante.

In der vorderen Mitte habe ich einen cm dazu gegeben, da bin ich mir im Nachhinein unsicher, ob das so richtig war. Im Vorderteil im Schrittbereich entstehen immer wieder Falten, die meiner Ansicht nach da nicht so hingehören. Denn natürlich hat diese Hose Falten, wenn ich sie trage. Das muß sie haben, sie ist aus einem nicht dehnbaren Stoff und ich habe den Anspruch, mich in der Hose bewegen zu können. Abern man möchte halt gerne diese harmonischen Falten, die einfach leger wirken und nicht irgendwelche Falten durch Paßformmängel. Bei den Falten im Vorderteil habe ich leider auch als Verursacher meinen Reißverschluß im Verdacht, den ich nicht ganz spannungsfrei eingesetzt habe. Aber das lag an der sehr eigenartigen Technik, die in diesem Schnitt verwendet wird. Überhaupt ist die ganze Anleitung der Hose nicht so ganz überzeugend, oft sehr kurz gefaßt. Und für den Reißverschluß gibt es definitiv bessere Techniken.

Dass ich an der hintern Mitte Länge entfernen und an der vorderen etwas dazugeben würde, war für mich nicht überraschend, das hatte ich auch mit meiner früheren Technik der Schnittanpassung schon so gemacht. Aber ich habe bei diesem Schnitt auch an den Seitennähten 2 cm an der Taille dazu gegeben, das ist glaube ich eine völlig unübliche Änderung. Aber beim Rumprobieren kam es mir wirklich so vor, daß der Fall des Hosenbeines harmonischer aussah mit dieser Änderung. Durch die seitliche Längenänderung sitzt die Hose schön über meinem Hüftknochen, das gefällt mir beim Tragen sehr gut. Auf den Bildern sieht man, daß die Seitennaht in der Taille etwas nach vorne gezogen wird- ist wahrscheinlich auch nicht ganz optimal, aber irgendwas ist ja immer.

Das Tragegefühl der Hose ist sehr gut. Das mag auch am legeren Schnitt liegen, aber es ist wirklich eine bequeme Hose geworden. Ich habe den direkten Vergleich mit der Bettyjeans aus der Fibremood , die ich ja auch aus einem Jeansstoff genäht habe. Auch Betty sitzt hoch in der Taille und ist im Beinbereich eher leger geschnitten. Ich trage meine Jeans-Betty wirklich gerne- aber bin abends froh, wenn ich sie ausziehen kann, denn irgendwie drückt sie dann doch, im Bund und im Schritt. Die neue Sunshine dagegen ist ein Stück für den Alltag, das ich unbegrenzt anziehen kann, trotz des eher hohen Bundes. Das mag natürlich auch am Stoff liegen, es ist wirklich ein schöner, eher weicher Jeansstoff, der durchs Tragen noch weicher geworden ist. Ich bin schon sehr auf die Paßform nach der Wäsche gespannt.

Mein Fazit zu TopDown Center out ist daher durchaus positiv. Ich habe viel gelernt bei dieser Aktion, habe eine recht gut passende Hose fabriziert und mich nochmals ausgiebig mit Hosenanpassung beschäftigt. Der Nachteil ist natürlich der Zeitaufwand- alle diese Schritte im Vorfeld wie Schnitt vorbereiten, das einbeinige Modell zuschneiden, anpassen und natürlich nachher die Änderungen auf den endgültigen Schnitt übertragen, kosten viel Zeit. Mir hat das Spaß gemacht, aber ob ich es immer so machen werden, weiß ich noch nicht.

Noch ein Wort zum Schnitt: ich denke, die Sunshine-Jeans ist ein wirklich schöner und gut gemachter Schnitt- wenn man von der Anleitung absieht. Das war ja auch meine Erfahrung mit dem Fullmoon-Blazer aus der gleichen Kollektion. Auch hier finde ich den Schnitt wunderbar, aber der Anleitung alleine kann man nicht vertrauen, das funktioniert nicht. Nun gut, wenn ich das weiß, kann ich ja auch auf andere Anleitungen in meinem reichen Schnittfundus zurückgreifen…andererseits muß ich mir vielleicht auch nicht so einen doch recht teuren Schnitt kaufen, wenn die Anleitung nicht den Erwartungen entspricht.

Alle anderen Nähwerke des heutigen Memademittwochs finden sich hier. Wie schön , daß das Team auch in der hektischen Vorweihnachtszeit uns diese Plattform bereitstellt!

Forgetmenotpatterns Hey June Sweatshirt T-Shirt

nichts Besonderes genäht…

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Also in letzter Zeit habe ich gar nichts genäht. Sicher liegt auf meiner Nähmaschine zentimeterdick der Staub, bei der Overlock sind die Messer zusammengerostet und im Fadenabfallbehälter hat sich eine Maus eingenistet. Was sage ich, eine Maus….sicher zwei Mäuse!

Na gut, der Staub auf der Nähmaschine ist nicht ganz so hoch- aber nur deshalb, weil sie meistens ordentlich abgedeckt war! Und die Overlock-Messer sind sicher aus rostfreiem Stahl, und schliesslich stand sie auch nicht im Garten im Regen. Die Mäuse bestanden aus Fadennestern, seit ich keine Katze mehr habe, sind Mäuse in der Wohnung auch kein Problem mehr. Und im Nähtagebuch der letzten Wochen befinden sich tatsächlich einige Einträge, hatte ich komplett vergessen…es war ja auch alles nichts Besonderes!

Zum Beispiel dieses T-Shirt, genäht nach dem Schnitt Vera von Forgetmenotpatterns. Ich habe den Schnitt schon einige Male genäht, deshalb ist das für mich nichts Besonderes mehr. Ich weiß, daß er mir gut paßt, ich mag die Ärmelform mit den leicht ausgestellten Ärmeln. Die Ärmellänge ist so etwa dreiviertel, das ist sehr praktisch, sobald man irgend etwas arbeitet. Der Schnitt sieht auch noch eine Langarmversion vor mit sehr langen Ärmelbündchen, das ist dann nicht mehr ganz so praktisch, weil man die Ärmel nicht mehr hochschieben kann. Der Ausschnitt ist im Original ein V-Ausschnitt, ist ja bei Jersey nicht so ganz trivial zu nähen, aber ist in der Anleitung super beschrieben. Es gibt auch einen Schnitteinsatz, ein Template, für diesen Rundhalsausschnitt, den finde ich auch sehr gelungen und er ist schneller genäht.

Der Schnitt ist ein Gratisschnitt- jedesmal, wenn ich ihn nähe, wird es mir etwas peinlicher, daß ich diesen Schnitt nicht irgenwie der Designerin honoriert habe. Bitte nicht falsch verstehen, ich spare natürlich auch gerne Geld ein, wenn es möglich ist, aber Leistung muß doch bezahlt werden, finde ich. Und dieser Schnitt ist wirklich gut gemacht, ich habe ihn deshalb schon einige Male genäht und alle Versionen werden gerne getragen.

Der Stoff ist ein Baumwolljersey von Art Gallery. Es gibt so wenig geschmackvolle Jersey-Designs für Erwachsene, Art Gallery bildet da eine löbliche Ausnahme. Kein Wunder, hauptsächlich designt Art Gallery Patchwork-Stoffe, und manchmal gibt es dann so „Abfallprodukte“, daß ein Design auch auf andere Stoffe gedruckt wird. Ich trage dieses Shirt sehr gerne und viel, es paßt zu den meisten meiner Hosen- aber es ist doch ein Alltagsteil, also gar nichts Besonderes!

Im Alltag trage ich auch gerne Sweatshirts. Ich habe da so meine Lieblingsschnitte, einer davon ist der Sheridan-Sweater von Heyjunehandmade. Auch er hat etwas weite, aber gemäßigte Ärmel, recht breite Bündchen und insgesamt eine legere Paßform, die aber nicht oversized ist- finde ich für mich so ganz gelungen. Auch vom Sheridan gibt es bei mir einige Versionen, die ich vor allem in der Übergangszeit gerne tragen. Gar nichts Besonderes, davon eine neue Version zu nähen!

Der Stoff ist ein French Terry von Atelier Brunette. Ich hatte ihn direkt in Frankreich bezogen, schon kurz nach dem Erscheinen des Stoffes. Mag sein, daß ich durch die Farbbezeichnung „toffee“ schon erfolgreich zum Kauf beeinflusst worden war, aber es ist schon ein ausnehmend schöner Stoff, soweit man das von einem French Terry überhaupt behaupten kann…er ist GOTS zertifiziert und hat einen ganz zarten Glanz und schönen Fall, den ich von einem Strickstoff so nicht erwartet hätte. Passenden Bündchenstoff gab es auch.

Und wenn ich schon so langweilige Dinge nähe, die alle nichts Besonderes sind, mußte ich meine Kreativität jedenfalls in so Kleinigkeiten wie Label und natürlich dem Streberstreifen austoben. Streberstreifen nähen wir ja alle gerne, ich kann auch fast nicht mehr ohne…zumal seit ich entdeckt habe, daß man die wunderbar aus Viskosewebstoff nähen kann! Seither ist fast kein Viskoserest vor mir sicher, also alles ,was nicht bei drei auf den Bäumen oder besser gesagt im Stoffregal ist, wird zu Schrägstreifen verarbeitet. Manchmal gelingt mir der Streberstreifen gut, manchmal weniger gut, ist ja auch egal, da ihn sowieso keiner außer mir sieht. Aber dieser ist mir besonders gut gelungen, finde ich.

Streberstreifen geht übrigens auch ringsrum um den ganzen Ausschnitt- hier ein Bild von meinem Sweatshirt, das ich nach einem Schnitt von Atelier Brunette genäht habe („Le Sweat„) Ein witziger Schnitt mit Fledermausärmeln und einem Halsausschnitt, der mit einem Schrägstreifen gesäumt wird. Ich hatte mir erhofft, daß in der Anleitung etwas über diese Technik geschrieben wird, denn ich habe das in dieser Form noch nie gesehen, daß ein Kleidungsstück aus einem dehnbaren Stoff mit einem Schrägstreifen aus Webstoff eingefaßt wird. Die Anleitung schweigt sich leider über technische Details aus, und so habe ich es gemacht, wie ich es für richtig hielt: ich habe die Schrägstreifenversäuberung so gemacht, wie ich es auch bei Webstoffen mache, mit reichlichem Staystitching, Understitching und allem, was ich mir in der letzten Zeit so angeeignet habe. Um den Sweatstoff dabei nicht ganz zu verärgern, war der Obertransportfuß eingesetzt, und so hat es gut funktioniert. Also, wieder was gelernt, es gibt eine weitere Möglichkeit der Ausschnittverarbeitung für dehnbare Stoffe, wenn mal kein Bündchenstoff vorhanden ist.

Von diesem blauen Sweatshirt gibt es nicht mal ein Tragefoto, ich will jetzt nicht wieder drauf hinweisen, daß das daran liegt, daß ich so ein Sweatshirt als nichts Besonderes betrachte…aber das sind so meine Gedanken, wenn ich mir Kleidungsstücke aus dehnbaren Stoffen wie Jersey oder Sweat nähe. Irgendwie hat sich in mir die Auffassung gefestigt, daß das Vernähen von Webstoffen die Königsdisziplin ist und so ein T-Shirt etwas minderwertig….wenn ich es jezt so aufschreibe, merke ich auch, wie unsinnig dieser Gedanke ist.

Man kann auch wirklich nicht sagen, daß das Vernähen von dehnbaren Strickstoffen so viel einfacher ist. Passformprobleme gibt es auch bei einem einfachen T-Shirt, deshalb mag ich ja auch den eingangs gezeigten Vera-Shirtschnitt so gerne, der mir so gut paßt. Nähtechnisch gesehen finde ich übrigens das Vernähen eines Strickstoffes immer noch anspruchsvoll. Ich habe das Glück, eine zuverlässige Overlock sowie eine Cover in meinem Nähmaschinenpark zu beherbergen, und mache von beiden reichlich Gebrauch beim Shirtnähen. Ein Jerseyhalsbündchen genau mit der richtigen Dehnung anzunähen kostet mich manchmal mehr Nerven als eine französischen Nahtversäuberung in einem Viskosewebstoff (wenn der sich halbwegs gutwillig verhält).

Und im Alltag ist ja so ein Shirt, ob aus Jersey oder Sweat, einfach unschlagbar. Bequem, gut zu tragen, und nach dem Waschen schnell gebügelt- also doch ein Hoch auf unsere genähten Jerseyteile, die so gar nichts Besonderes sind!

Selbstgestrickte Teile sind dagegen in meiner Garderobe immer noch etwas Besonderes für mich. Auch wenn ich natürlich, wie sicher die meisten Frauen meiner Generation (mittlerweile Ü60) , schon seit meiner Kinderzeit stricken kann, fühle ich mich bei den modernen Strickanleitungen oft wie eine Anfängerin und lasse mich bereitwillig in neue Techniken einführen.

Hier handelt es sich um den Weekendslipover von PetiteKnit, gestrickt habe ich ihn mit der Kombination aus zwei Garnen der norwegischen Firma Sandnes. Ein Garn ist eine Mischung aus Schurwolle und Baumwolle, das andere besteht aus Mohair, Schurwolle und Seide- diese Kombination klingt nicht nur edel, sondern ist absolut genial von der Haptik und vom Tragegefühl. Der Schnitt des Pullunders ist oversized und lässig gedacht. An mir fand ich ihn zuerst auch etwas zu groß, aber zu einer engen Hose , hier die Sasha Trousers von Closet Core, gefällt er mir jetzt gut.

Und so spannende neue Techniken gab es zu lernen, vor allem der italienische Abschluss der Ärmel- und Halsbündchen war so interessant. Bei dieser Abschlussform werden die Maschen eher vernäht als abgekettet, was eine wunderbar stabile und dekorative Kante ergibt. Wie konnte ich nur Jahrzehnte meines Stricklebens ohne diese Technik verbringen?

Unter dem Pullunder trage ich natürlich wieder ein T-Shirt, in diesem Fall das Frimas Shirt von Lise Tailor. Nicht ganz neu, aber dadurch schon erprobt und für gut befunden. Vom Frimas -Schnitt gibt es verschiedene Variationen, ich zeige hier die Version mit langen Ärmeln und einem Schösschen. Die Ansatznaht des Schösschens ist mit Framilon stabilisiert- sehr gute Idee, denn sonst neigen solche Schnitte gerne zum Ausleiern, ich spreche da aus leidvoller Erfahrung.

Der Stoff ist wieder mal ein Jersey von Art Gallery.

Genäht habe ich das Shirt im letzten Februar, es wurde viel getragen, gewaschen, gebügelt und der Stoff sieht immer noch wunderbar aus.

Ach ja, und so mancher Webstoff wurde ja doch unter meiner Nähmaschine hin- und herbewegt- diese Patchworkdecke ist auch in den letzten Wochen entstanden!

Die Idee, das Muster und die Stoffe kamen von das-mach-ich-nachts. Ich war in dieses Gingham-Muster in Regenbogenfarben verliebt, seit ich die ersten Vorschau darauf gesehen hatte. Natürlich handelt es sich hier um ein einfaches Quiltmuster, es wurden nur Quadrate aneinander genäht, aber trotzdem musste ja genau gearbeitet werden und eben das richitge Quadrat an die richtige Stelle genäht werden.

Der fertige Quilt hat eine Größe von 1,60m x1,70 m, als groß genug, um ihn auf der Couch zu nutzen , aber trotzdem noch eine Größe, die ich gut unter der Nähmaschine handeln konnte. Es gab bei Das-mach-ich-nachts eine sehr umfangreiche Sammlung von Videos zum Nähen dieses Quilts, allerdings nur für Mitglieder der „Nähgang“, die für diese Mitgliedschaft bezahlen.Für mich war es schon der dritte Quilt, den ich genäht habe, manches war also nicht mehr ganz neu, trotzdem fand ich die Videos und vor allem den Erfahrungsschatz, der da hinten dran stand, sehr lohnend.

„scrappy“ binding
Quilting mit dem Obertransportfuß

Soweit mein Rückblick auf die letzten Wochen, in denen ich gefühlt wirklich nichts richtiges genäht habe. Aber jetzt stapeln sich hier schon die neuen Webstoff-Schnitte und eine Jeans ist in der Planung. Und bis das alles fertig ist, trage ich meine schönen neuen T-Shirts rauf und runter!

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Blusen Hey June Hosen Vivian Shao Chen

Bisque Trousers und Laurence Top

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Mit der Paßform dieser Hose habe ich ziemlich gekämpft, und ich bin mir immer noch unsicher, ob sie mir so gut an mir gefällt. Dabei hatte ich es mir so einfach vorgestellt- vom Schnitt, der Bisque Trousers von Vivian Shao Chen war ich nach meiner Probeversion sehr begeistert. Die Probeversion war eine kurze Hose, hier gezeigt. Ich gehöre ja absolut zu der Fraktion neinichnähekeinNesselmodelldasistsolangweilig (besser bekannt als Fraktion norisknofun…). Bei Hosen liegt es da nahe, eine tragbare Testversion als kurze Hose zu nähen. Im schlimmsten Fall ist nicht viel Stoff verschnitten, und im zweitschlimmsten Fall lässt sich eine misslungene kurze Hose immer als Radfahrerdress oder Gartenhose auftragen. In diesem Fall war die Testversion nach meiner Meinung gut gelungen und wurde im Sommer gerne getragen.

Bei der Stoffauswahl für die lange Version habe ich lange zwischen verschiedenen Stoffen geschwankt und mich dann für einen naturfarbenen belgischen Leinenstoff entschieden, den ich hier bezogen habe. Ich wollte einen Stoff, der etwas Stand hat, um die Eigenheiten dieses Schnittes herauszuarbeiten. Die Designerin des Schnittes zeigt bei ihren Produktfotos auch eine Version aus einem eher dicken und kräftigen Leinenstoff, und diese Version sprach mit sehr an. So sollte meine Hose auch aussehen!

Ich hatte mich ja auch für diesen Hosenschnitt entschieden, weil ich die Website der Designerin und ihren ganzen Stil so ansprechend fand. Man kann aber auch ganz anders an die Wahl eines Schnittes herangehen und das ganze von der wissenschaftlichen Seite aufziehen- das habe ich an diesem Blogbeitrag gelernt. Die amerikanische Nähbloggerin Thecrookedhem vergleicht hier die Bisque-Hose mit einem Schnitt von Paper Theory, den Miller-Trousers. Beide sind vom Prizip her ähnlich, haben einen Gummizug in der Taille, eine Falte im Vorderteil und schräge Eingriffstaschen. Ich finde diesen Beitrag absolut interessant, hier wird wirkllich alles mögliche und unmögliche verglichen- von der Größenauswahl über die Schnittgestaltung bis hin zur Nähanleitung. Ich habe mich bei meiner Schnittwahl wie so oft nur vom Gefühl leiten lassen. Die Millerhose hätte ich nicht in Betracht für mich gezogen, da ich mit dem Zadiejumpsuit, ein bekannteres Schnittmuster von Paper Theory, so meine Last hatte. Dem Zadie-Fanclub, so groß wie er auch sein mag, bin ich definitiv nicht beigetreten.

Das Nähen der Hose war eine reine Freude, die Anleitung ist super und beim zweiten Mal näht sich so ein Teil ja noch mal einfacher. Für die Innentaschen habe ich natürlich wieder ein Liberty-Stöffchen verwendet (ja, ich weiß, ich bin in der gesamten Nähwelt schon als die Liberty-Tante verschrien…)

Die erste Anprobe verlief ernüchternd. Die Hose hatte schon sehr viel Mehrweite im Hüftbereich, mehr als mir gefiel. Ich hatte für die Anprobe dann wirklich mal den Bund umgeheftet und das Gummi eingezogen, sonst ist das ja immer so schwierig mit den Gummizughosen bei der Anprobe.

Jedenfalls war diese Hose mir zu weit. Ich habe dann sowohl an der inneren als auch an der äußeren Beinnaht einiges an Weite herausgenommen. Im Endeffekt habe ich jetzt die Hose vermutlich eher in Gr 6 genäht als in der ursprünglich zugeschnittenen Gr 8.

Hatte ich die Größe von vornherein verkehrt ausgewählt? Diese Frage stellt man sich ja immer, wenn mit einem Schnitt etwas nicht so klappt. Die Designerin empfiehlt bei der Größenwahl, vom Hüftumfang auszugehen. Gut, dann hätte ich mich für Gr 6 oder sogar 4 entscheiden müssen. Allerdings hat dieser Schnitt die pikante Eigenheit, daß die Taillenweite der Hose, also des Stoffes, bevor er durch ein Gummiband gekräuselt wird, geringer ist als die Hüftweite. Und diese Hose hat keinen Reißverschluss,und irgendwie muß man sich noch rein winden können. Ich denke schon, daß die Größe 6 richtig wäre für mich. In der Hinterhose hatte ich einiges an Weite vor dem Zuschneiden herausgenommen, also ein „small butt adjustment“ durchgeführt, das mache ich mittlerweile routinemäßig bei allen Hosenschnitten.

Ich denke, daß die Form der Hose schon so gedacht ist. Der Eindruck, dass sie „zu groß“ ist, kommt wahrscheinlich auch durch den etwas tiefer hängenden Schritt. Bei einer Gummizughose ist das mit der Position und Höhe der Schrittnaht allerdings so ein bisschen ein Tappen im Ungewissen, aber wenn ich die Hose eine Weile trage und sie sich auf ihre Position zurechtzieht, ist die Schrittnaht einige cm unter meiner anatomischen Schritthöhe. Man ist das glaube ich nicht so gewöhnt, zumindest meine Sehgewohnheiten hängen eher noch an Hosenformen wie der Gingerjeans, den Landerpants und wie sie alle heißen, jedenfalls an Hosenformen, an denen der Schritt recht anliegend ist an den Körper.

Die Hose ist jetzt seit einigen Wochen fertig, im Hochsommer habe ich sie nicht getragen. Aus naheliegenden Gründen, bei Temperaturen weit über 30°C war mir der Gedanke an eine langbeinige Leinenhose sehr, sehr fern. Irgendwann zog ich sie dann wieder mal aus dem Schrank und zog sie an. Und so toll fand ich die Hose! Hatte ich mich mittlerweile an die Form gewöhnt, oder genug andere Frauen in etwas weiteren Hosen gesehen? Hatte die wochenlange Hitze mein eigenes Körpergefühl geändert (oder im schlimmsten Fall mein Urteilsvermögen nachhaltig getrübt? bei den diesjährigen Temperaturen ist ja alles denkbar).

Jedenfalls gefiel sie mir gut, und so probierte ich munter verschiedene Oberteile dazu. Das Oberteil, das mit Abstand am besten aussah, war ein anderer Schnitt der gleichen Designerin, nämlich das Laurence-Top. Na, das ist ja nicht überraschend, wird die geneigte Leserin sich jetzt sagen, natürlich passen die Schnitte einer Designerin auch zusammen, wäre ja komisch wenn nicht…ist ja alles richtig, aber ich hatte es nicht so erwartet.

Das Laurence-Top ist ein Schnitt, den ich natürlich lang schon gesehen hatte auf der Schnittübersicht von Vivian Shao Chen, das ich aber für mich nicht so in Betracht gezogen hatte. Es ist ein simpler Schnitt- ein einfaches kastiges Oberteil mit einem Brustabnäher, kurz geschnitten und mit einer leichten A-Form. Es gibt zwei Versionen, die ärmellose Form hat einen V-Ausschnitt, die Version mit Ärmeln hat einen runden Ausschnitt. Das ist einer von den Schnitten, bei denen man denkt: na, den brauche ich nun wirklich nicht, so simpel wie der ist…

Aber irgendwann in diesem heißen Sommer brauchte ich noch ein ärmelloses Oberteil, und da fiel meine Wahl auf diesen Schnitt. Letzendlich ging es mir auch um eine nähtechnische Frage: der V-Ausschnitt des Tops ist mit Schrägband versäubert, und das war mir schon lange unklar, wie man das sauber und korrekt hinbekommt. Diese Antwort gibt die Anleitung des Laurence-Top, auch hier war ich wieder begeistert von der wirklich ausführlichen Beschreibung.

Es gibt auch vom Laurencetop eine erste Version, die ich hiernur am Bügel zeige . Ich habe sie aus einem Viskose/Leinengemisch genäht, blau-weiß gestreift, auch hier die gleiche Anpassung vorgenommen, also in Gr 8 zugeschnitten und dann alle Nähte auf Gr 6 verkleinert nach der ersten Anprobe. Dieses blauweiße Top hat mich wirklich über viele der ganzen heißen Tage hinweg gerettet. Es ist total luftig, trotzdem fühlt man sich noch halbwegs angezogen- es war mein Lieblingsteil in diesem Sommer.

Und so kam es, daß ich Laurence gerne nochmal nähen wollte. Der weiße Spitzenstoff lag schon viele Jahre in meinem Stoffvorrat. Er kam vom lokalen Nähgeschäft, das es mittlerweile leider nicht mehr gibt. Ich brauchte ein weißes Oberteil zu einem taillenhohen Rock, das fehlte mir schon lange in meiner Garderobe. Ich hatte verschieden Schnitte in der engeren Wahl und mich dann für das Laurencetop entschieden. Eine gute Wahl, wie ich finde, denn auch zum Rock sieht das Top sehr gut aus! Auch diese Kombination müßte mal fotografiert werden, jetzt geht es aber erst mal um die Bisque Hose.

Die Kombination von der Bisque Hose mit Laurence war für mich wirklich überraschend. Ich gehe sonst eher davon aus, daß ich zu einer weiten Hose lieber ein enges Top nehme. Ich hatte deshalb zu meiner Bisque Hose noch ein Biscayne Top von HeyJune genäht. Das Biscayne Top gehört zu meinen Standardschnitten für den Sommer, es gibt schon etliche Versionen davon. Biscayne ist ein ärmelloses Top, der Halsausschnitt ist mit einem sehr flachen Kragen eingefaßt und es gibt eine halbe verdeckte Knopfleiste im Vorderteil. Diese Version habe ich aus einer Atelier Brunette Viskose genäht, und ich mag sie auch sehr gerne.

Also, es gibt jetzt zwei sommerliche Oberteile zur Bisque-Hose, ist ja nett…aber schließlich kommt doch irgendwann der Herbst! Immerhin wird dieser Beitrag mit dem Septemberbeitrag des Memademittwoch verlinkt, und irgendwas Herbstliches brauchen wir jetzt schon noch, um der Jahreszeit gerecht zu werden.

Und natürlich ist die Lösung wie so oft eine Jacke obendrüber. Dieses weiße Jäckchen, erst wenige Wochen fertig, hat sich auch schon seinen festen Platz in meiner Garderober erobert. Schnitt ist wie so oft der Jamiecardigan von Readytosew , davon habe ich schon zwei Versionen in anderen Farben, alle gerne getragen. Das Material ist ein dicker, kuscheliger Sweat von Mindthemaker.

Soweit meine spätsommerliche Garderobe, fotografiert wie immer vom besten aller Ehemänner auf einer sehr, sehr ausgetrockneten Wiese im Spessart. Wer noch mehr selbstgenähte Garderobe anschauen möchte, bitte hier entlang zur Galerie des Memademittwoch!

Blusen Closetcore Hosen Vivian Shao Chen

Ein Sommeroutfit- Kalle Shirt und Bisque Trousers

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Es gibt Stoffe, die sind so schön, daß man sich beim Anschauen fragt: ist das jetzt ein Stoff, den ich vernähen soll, oder ist es nicht viel mehr Kunst, die gerahmt an die Wand gehört? In diese Kategorie gehört der Stoff der Bluse, die ich auf den Bildern trage. Es handelt sich um einen Baumwollsatin der Schweizer Firma Hello Heidi, designt wurde er von der dänischen Aquarellkünstlerin Karina Petersen.

Der Stoff ist einfach wunderschön. Ich habe ihn oft einfach vor mich hingelegt, ihn betrachtet und mich in die Stimmung des Stoffes vertieft. Die Bezeichnung „waves“- Wellen weckt so viele Assoziationen- natürlich die kühlen Wellen eines Meeres (wer träumt bei den jetzigen Temperaturen nicht vom kühlen Meer?), aber auch der Sand und Hügel tauchen auf, Erde…für mich wirklich ein Kunstwerk. Daß ich ihn nicht eingerahmt an die Wand gehängt habe, hängt vor allem damit zusammen, daß ich schon so viele andere Bilder habe und keinen Platz mehr an den Wänden- nein, dieser Stoff sollte vernäht werden.

Was näht man denn aus so einem schönen Stoff? Eine Bluse, das war mir gleich klar, ich wollte den Stoff nahe am Gesicht haben. Das Material ist ein Baumwollsatin mit einem gewissen Stand, und so war der Plan bald klar: ein Kalleshirt von Closetcore sollte es werden aber in der kurzen Form, der „cropped version“.

Diese kurze Form ist schon besonders, denn sie hat seitlich recht tiefe Schlitze mit einer ausgeprägten Rundung und ist hinten deutlich länger als vorne. Ich habe diese Bluse vor Jahren schon mal auf einem Video von Heather, der Designerin von Closetcore, geshen. Sie trägt diese Version bei ihrem Jeans- Lehrvideo, wenn ich mich recht erinnere jedenfalls war ich von diesem Schnitt damals schon begeistert. Der richtige Stoff kam mir bisher nicht unter die Nadel resp aus dem Stoffpäckchen- das sollte sich jetzt ändern.

Ich hatte das Kalleshirt schon mal genäht, hier gezeigt, allerdings in einer langärmeligen Version. Ich hatte damals die Größe 10 gewählt, da ich es etwas lässiger wollte und auch Platz lassen wollte für Unterziehshirts- es war Winter. Aber jetzt ist Sommer, die damalige Version fand ich auch etwas zu weit, und so entschied ich mich zur Größe 8.

Weil ich mir dann doch unsicher war mit der Größe und vor allem der Länge dieser „cropped “ Version, hatte ich sogar ganz vorschriftsmäig ein Nesselmodell genäht. Ich wollte die Bluse gerne zu taillenhohen Hosen oder Röcken kombinieren, sie sollte also nicht zu lang sein, aber natürlich wollte ich auch nicht bauchfrei dastehen. Mit dem Nesselmodell war ich zufrieden, und so habe ich frohgemut in den schönen Stoff geschnitten.

So ganz zu Ende gedacht hatte ich meinen Plan allerdings nicht. Ich hatte ursprünglich einen richtigen Kragen mit Kragensteg geplant und auch so zugeschnitten. Erst beim Nähen fiel mir auf, daß dann natürlich auch ein Teil der Stoffrückseite innen sichtbar sein wird, wenn der Kragen offen getragen wird. Und der Kragen hätte immer etwas offen gestanden in dieser Größe, der Halsausschnitt war nämlich etwas zu eng. Bei meinem Nesselmodell aus einer alten, roten und schön durchgefärbten Ikeabettwäsche war mir das nicht aufgefallen, zumal der Stoff auch schon so labberig war…es hatte seinen Grund, daß ich diese Bettwäsche aussortiert hatte.

Mir ist bei dieser Aktion wieder mal klar geworden, welche Grenzen so ein Nesselmodell hat. Meistens verzichte ich ja aus einer gewissen Faulheit darauf, aber wenn man es näht, kommt es auch hier auf den Stoff an- wenn es wirklich Sinn machen soll, braucht man einen Stoff mit ähnlichen Eigenschaften wie der eigentlich geplante Stoff.

Der wunderschöne Baumwollsatin ist definitiv komplett anders als mein alter Bettwäschenstoff, er hat viel mehr Stand, und natürlich eine weiße Rückseite- wie soll es auch anders sein bei einem bedruckten Stoff. Und so wurde dann im Nähprozess umgeplant, ich habe den Ausschnitt etwas erweitert und eine Art flachen Kragen daran gebastelt. Eigentlich wollte ich einen richtig flaches Kragenband so wie bei der Cheyennebluse von Hey June, hier ist so eine Art Mittelding aus Stehkragen und flachem Band daraus geworden…aber es gefällt mir so auch ganz gut. Wahrscheinlich hätte ich die Rundung des Kragens mehr verstärken müssen, damit er flacher anliegt. Irgendwann muß ich mich mit der Kragenkonstruktion noch mehr beschäftigen.

Der schön geschwungene Saum der Kallebluse wird mit einem breiten Beleg verarbeitet, das ist der eigentliche Witz dieser kurzen Form. Und die tiefe Kellerfalte im Rücken mag ich besonders!

Eine schöne Sommer-Bluse erfordert auch einen schönen sommerlichen Kombiparter. Eine neue Leinenhose mußte her! Sämtliche verfügbaren Leinenstoffe aus dem Stoffvorrat wurden neben die Bluse gelegt, und die Wahl fiel auf diesen gut abgelagerten hellblauen Stoff. Ich weiß nicht mehr genau, wo er herkam, mittlerweile führe ich ja ganz ordentlich Buch über meine Stoffkäufe, aber das muß vor dieser Zeit gewesen sein. Der Stoff ist eher dünn und knittert gnadenlos- also ideal für einen Sommerhose, da muß man auch kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn man sich verschwitzt aufs Fahrrad setzt und dann noch Blogfotos macht. Der Stoff ist sowieso zerknittert.

Die Hose ist die kurze Version der Bisque Trousers von Vivian Shao Chen. Die Designerin und der Schnitt sind in der deutschsprachigen Nähszene kaum bekannt. Im englischsprachigen Raum scheint es im letzten Jahr durchaus einen gewissen Hype um diesen Schnitt gegeben zu haben. Der Schnitt ist eine weitere Variation des so beliebten Themas der Gummizughose. Während bei vielen dieser Schnitt der Gummizug eher der Bequemlichkeit dient und gerne auch schamhaft im Rücken versteckt wird, wird hier der Kräuselbund ganz bewußt als Designmerkmal eingesetzt. Das Gummiband ist 5 cm breit und wird nicht abgesteppt, wie es sonst bei vielen anderen Schnitten gemacht wird.

Im Vorderteil gibt es eine tiefe Bundfalte und Taschen. Diese Taschen…sie sind einfach toll. Ich habe selten so schöne Hosentaschen genäht wie an dieser Hose. Die Taschen sind tief, man kann die Hände drin vergraben, und das ganze ist auch noch wunderschön verarbeitet. Die Anleitung ist überhaupt sehr gut, mit exzellenten Grafiken, ich fand es eine große Freude, diesen Schnitt zu nähen.

Die Bisque Trousers sind weit geschnitten. Ich habe die Größe 8 genäht, einiges an Stoff an der Hinterhose rausgenommen und finde die Form bei der kurzen Hose jetzt sehr hübsch. Für mich hat das fast so etwas von einem Röckchen, mit viel Stoff um die Hüfte.

Kleiner Spoiler auf einen nächsten Blogbeitrag: ich habe mittlerweile auch die lange Version der Bisque genäht, und da mußte ich wesentlich mehr anpassen. Das ist allerdings auch wieder ein anderer Stoff- meine kurze Hose ist aus einem sehr weichen Leinen genäht, der Stoff der langen ist viel dicker und steifer. Womit wir wieder beim Thema wären, daß jeder Stoff auch beim gleichen Schnitt wieder sein eigenes Ergebnis bringt…

dieses Label konnte ich mir dann nicht verkneifen…

Ich habe natürlich nur für die Bilder die Kallebluse in den Bund der Hose gesteckt. Im richtigen Leben trage ich die Bluse über der Hose, sie ist dafür viel besser geeignet. Aber irgendwie mußte ich ja diesen sehenswerten Hosenbund auch präsentieren!

Mein Outfit für den warmen Sommertag wird durch einen Hut komplettiert. Bei diesem extrem warmem Sommer braucht man eine Kopfbedeckung, und so habe ich mir einen passenden Sonnenhut genäht. Schnitt ist der Bucket Hat von Merchant and Mills, ein Freebook. Und natürlich paßt das Hutfutter zur Bluse-hierfür habe ich dann die letzten Schnipsel des schönen Stoffes zusammengefügt.

Soweit mein Sommeroutfit, das ich an diesem warmen Tag gerne getragen habe. Gerne hätte ich bei dieser Fotostrecke den jungen Storch, der hier im Hintergrund durch die Bilder turnt, noch mehr einbezogen. Leider stieß diese Absicht bei dem Storch nicht auf großes Interesse, und offensichtlich war er auch nicht auf eine steile Instagramkarriere aus…er entfernte sich zunehmen und widmete sich der Beschaffung seines Abendessens. Schade- aber er hatte sicher seine Gründe.

Verlinkt wird dieser Beitrag mit dem Memademittwoch, auf dem an diesem ersten Mittwoch im August sicher viele andere schöne Sommermodelle zu finden sind!

Memademittwoch Sewoverit

Sewoverit Kitty Dress

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Manchmal sind es Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, ob ich ein Kleidungsstück gerne und oft trage. Das Kitty-Kleid von Sewoverit hatte ich vor drei Jahren schon mal genäht, ein wirklich schönes Kleid, wie ich immer noch finde. Aber getragen habe ich es nicht so oft- wegen einer Kleinigkeit, nämlich dem passenden Untendrunter.

Der Kitty-Schnitt ist ein wunderbarer Baukastenschnitt, es gibt verschiedene Oberteile, verschiedene Röcke, allen gemeinsam ist ein Taillenband und eine Knopfleiste in der vorderen Mitte. Die Version, die ich bisher genäht habe, hat diesen genialen Schalkragen, den ich sonst nicht bei vielen Fertigschnitten gesehen habe. Das Oberteil hat Prinzessnähte, und der Armausschnitt ist sehr weit- das ist der sogenannte amerikanische Armausschnitt.

das war 2019- Kittydress aus Viskose

Aufgrund des speziellen Armausschnittes sind die BHs, die ich üblicherweise trage, nicht gut geeignet für das Kleid, denn die Träger rutschen immer nach außen über die Schulter. Ich habe einen BH, bei dem ich die Träger überkreuz tragen kann, der ist ideal für dieses Kleid und ich habe ihn auch bei der damaligen Fotoserie getragen. Aber das Überkreuzschnüren des BHs ist bei diesem Modell eine Fummelei, die ich dann doch gerne vermeide- deshalb blieb dieses schöne Kleid öfters im Schrank hängen, als es das eigentlich verdient hat.

Ja, ich weiß, die bessere Lösung wäre, endlich mal die BH-Näherei anzugehen und einen BH zu nähen, der unter dieses Kleid paßt. Ich habe aber zur zweitbesten Lösung gegriffen und den Schnitt nochmals genäht, diesmal mit leicht nach außen verbreiterten Schultern.

Die Verbreiterung ist wirklich nicht viel, das war gut 2 cm, aber völlig ausreichend, um die BH Träger zu verdecken. Bei dieser Fotoserie trage ich einen Sport-BH, der ist meistens nicht sichtbar. So ganz problemlos ging diese Änderung natürlich nicht, denn dadurch wurde natürlich auch der gesamte Armausschnitt zu eng…das habe ich dann nach der ersten Anprobe korrigiert. Auf den Bildern gibt es einen eigenartige Falte unter der linken Achsel, ich kann nicht nachvollziehen, wo das herkommt. Vermutlich ist es einfach ein Schattenwurf, die Bilder sind in der prallen Mittagshitze entstanden. In echt sitzt der Armausschnitt recht gut, finde ich.

Der Stoff ist ein Traum. Es handelt sich um einen Double Gauze der japanischen Stoff-Firma Nani Iro. Mit den üblichen Double Gauzes, die man sonst so als Spucktuch- Musselin kennt, hat dieser Stoff nichts zu tun. Ich war sogar zunächst von der Haptik des Stoffes etwas enttäuscht, denn er ist nicht so weich wie andere Double Gauzes. Es handelt sich wirklich um zwei sehr dünne Stofflagen aus Baumwolle, die miteinander verwebt sind. Die Rückseite ist etwas heller, aber nicht weiß. Das Muster ist ein Kunstwerk- eine unregelmäßige Abfolge von Linien und Kreisen, so unregelmäßig, daß man die leidige Sache mit dem Musteranpassen getrost vergessen kann.

Es ist ein diskreter Glitzerfaden miteingewebt, so diskret, daß ich ihn auch beim Zuschneiden und Nähen nie bemerkt oder rausziehen konnte. Aber er gibt dem Stoff diesen wunderschönen Glanz- also einfach ein Traum.

Auch ein Traum, aber eher ein Alptraum war der Zuschnitt des Kleides. Ich hatte von dem wunderschönen Stoff über 2 m bestellt, ich glaube, es waren 2,30m, so ganz genau weiß ich es nicht mehr. Meine Buchführung ist zur Zeit etwas lückenhaft, was Stoffekauf angeht, das muß ich im nächsten Jahr wieder konsequenter durchführen. Jedenfalls dachte ich, daß die Stoffmenge für ein ärmelloses Kleid reichen müßte. Ich habe dann viel probiert, Schnitteile rumgeschoben und wieder anders angeordnet und dann irgendwann beherzt zugeschnitten. Der Stoff hat ja seine Eigenheiten, nicht nur seine besondere Schönheit, sondern auch seine nicht vorhandene Breite…1,10 m sind nicht so viel, und dann geht natürlich auch einiges ab von der Breite für die Webkanten, die aber wirklich sehr dekorativ sind. So dekorativ, daß ich sie gerne als gestalterisches Element sowohl im Taillenband als auch im Beleg der vorderen Kanten eingesetzt habe.

Aus dem angekrausten Rock habe ich einiges an Weite rausgenommen, um mit meiner Stoffmenge hinzukommen. Das paßte eigentlich auch ganz gut, denn dieser Stoff ist etwas stabiler als die Viskose, die ich für meine ersten Version 2019 verwendet hatte. Aber trotz allem braucht ein eingekrauster Rock natürlich eine gewisse Mehrweite im Bund, und die fehlte mir in den Vorderteilen dann doch, da hätte die vorhandene Stoffmenge nicht mehr gereicht.

Es gab noch einen Plan B für diesen Schnitt, falls der Stoff nicht reichen sollte, hätte ich ihn als Schößchenbluse genäht. Aber mittlerweile hatte ich mich so in dieses noch nicht vorhandene Kleid verliebt, daß ich es auch als Kleid tragen wollte. Also wurde Stoff nachbestellt- das ist bei so einem bekannten Stoff nicht weiter schwierig.

Nani Iro Stoffe werden ja weltweit vertrieben und vermutlich in großen Mengen produziert, das kam mir jetzt zugute. Meine erste Lieferung hatte ich bei 1000stoff in Berlin bestellt, und da auch freundlicherweise die passenden Corozo-Knöpfe bekommen. Ein Hoch auf unsere engagierten Stoffhändlerinnen, die online und sicher auch offline (ich war noch nie in Berlin bei Lara, muß ich unbedingt mal nachholen) uns so gut versorgen und beraten. Viele Stoffhändlerinnen haben in letzter Zeit ihre Betriebe geschlossen, auch der lokale Stoffladen hier bei mir im Ort hat grade zugemacht. Ich denke, man kann das Engagement von solchen Kleinbetrieben gar nicht hoch genug schätzen und sollte es unbedingt unterstützen.

Für die Nachbestellung meines Stoffes habe ich dann doch einen größeren Händler wählen müssen, hier gibt es eine große Auswahl an Nani Iro Stoffen.

Jedenfalls hatte ich dann genug Stoff für mein Kleid, Knöpfe wie gesagt waren auch vorhanden, und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Das Kleid ist absolut alltagstauglich, Radfahren geht, Bratschespielen…alles gut. Und zum Wandern war es auch geeignet!

Alle anderen genähten Kleidungsstücke, ob alltagstauglich oder nicht, finden sich heute auf der Galerie des Memademittwoch

Kleid Named Pattern

Taika Dress von Named Clothing

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In der Frühlingsschnittkollektion von Named gab es nicht nur den schönen Hosenschnitt (Aina), den ich hier und hier schon gezeigt habe, sondern auch ein Kleid, nämlich Taika. Taika ist ein finnischer Name und bedeutet „Zauber“- ich finde, das paßt auf dieses zauberhafte Kleid ganz gut!

Es ist ein Midikleid, für mich eine ungewohnte Länge, und leider überhaupt nicht fahrradtauglich. Das ist aber auch so ziemlich das einzig negative, das ich über den Schnitt sagen kann.

Der lange Rock, der sich vermutlich sofort in den Radspeichen verfangen würde, besteht aus insgesamt 7 Bahnen. Im Vorderteil laufen die mittleren Bahnen zu einer Spitze aus, im Rückenteil ist die Taillenlinie etwas nach unten geschwungen. Kleine Einkräuselungen im Rücken- und Vorderteil schaffen etwas Volumen im Oberteil. Der V-Ausschnitt wird mit einer schmalen Blende eingefaßt, der rückwärtige Ausschnitt hat einen Beleg. Die hübsche Rüsche am Ärmelabschluß entsteht durch ein eingezogenes Gummiband.

Genäht habe ich das Kleid aus einer Viskose von Atelier Brunette, die sich schon eine Weile bei mir hauseigenen Stofflager befand. Gedanklich war der Stoff schon zu etlichen Kleidungsstücken verarbeitet worden, jetzt erfolgte endlich eine finale Umsetzung.

Ich habe das Kleid in Gr 38 genäht und eine FBA im Oberteil gemacht. Den Rock habe ich zwischen Gr 40 im Taillenbereich und 36 in der Hüfte gradiert. Prinzipiell war das sicher eine richtige Planung, jedenfalls wenn ich von meinen Körpermassen ausgehe. Nicht bedacht hatte ich allerdings, daß dieses Kleid recht eng anliegt zwischen Taille und dem oberen Beckenbereich, erst dann wird der Rock weiter. In diesem Unterbauchbereich befinden sich bei mir wie bei vielen Frauen etliche Vorwölbungen (vulgo: Speckröllchen), die mich natürlich überhaupt nicht stören, aber bei der Anpassung dieses Kleides durchaus eine Rolle spielen.

Die Anpassung ist überhaupt etwas schwierig, denn der Schnitt ist so konstruiert, daß man erst das Vorderteil mit dem Rock fertig zusammenfügt, die vordere Blende annäht und dann erst die Schulternähte schließt. Eine kurze Anprobe zwischendurch, wie ich sie sonst immer mache, um grobe Paßformmängel zu erkennen, ist hier schwierig.

Ja, ich weiß , man hätte natürlich ein Nesselmodell nähen können… das mache ich fast nie. Ich finde es langweilig, es bremst meinen Nähfluss und außerdem sehe ich auch nicht ein, daß ich einen billigen Stoff kaufen muss, das Modell nähe und dann nach erfolgter Anprobe wieder wegwerfe. Meistens kann man ja im Vorfeld auch den Schnitt schon anpassen. Die FBA, die ich bei diesem Schnitt gemacht habe, mache ich fast immer bei Fertigschnitten, sie sitzen dann besser bei mir. Bei diesem Kleid ging es mir auch gar nicht so sehr um den Zuwachs an Brustweite im Schnitt, denn da hat der Schnitt recht viel Bequemlichkeitszugabe, aber ich wollte gerne die Teilungsnaht zum Rockteil etwas tiefer haben. Die FBA schafft ja nicht nur Zuwachs in der Breite, sondern auch in der Länge, und das war erwünscht in diesem Fall.

Also, es gab auch bei diesem Kleid kein Nesselmodell, dafür habe ich aber die Einzelteile irgendwann zusammengeheftet, um eine Anprobe durchzuführen. Dabei habe ich gemerkt, daß die Weite im Unterbauchbereich etwas knapp war. Im Stehen geht so was ja immer noch, aber ich habe mir bei Anproben angewöhnt, mich auch mal hinzusetzen, das bringt oft interessante Ergebnisse.

Ich habe dann in dem bewußten Bereich alle Nahtzugaben verringert , um Weite zu schaffen. Ich hatte ja in weiser Vorraussicht auf etwaige Änderungen die Rockbahnen getrennt versäubert, so konnte ich jetzt aus jeder Naht doch einige mm an Weite rausquetschen. Bei den sieben Bahnen kam dann doch eine zufriedenstellende Weitenänderung heraus.

Das Kleid ist überraschenderweise sehr bequem, vor allem im Schulterbereich. So bequem, daß ich es wunderbar zum Bratsche spielen anziehen kann. Und so habe ich es auch bei einem Konzert mit meinem Amateur-Streichquartett getragen und mich sehr wohl darin gefühlt.

Für mich zählt das Taika-Kleid eher noch als „schickes Kleid für besondere Anlässe“, aber wahrscheinlich kann ich es auch wunderbar im Alltag tragen. Man sieht jetzt ja auch im Alltag viele Frauen mit dieser Kleider- oder Rocklänge, und ich finde das eigentlich sehr schön. Und sicher hat auch der Alltag seine zauberhaften Momente!