
Das Outfit, das ich heute zeige, entstand bei den Vorbereitungen für das Bloggertreffen in Frankfurt, das Muriel (Nahtzugabe5cm), Anja (Nordendnaht), Sybille (langsame Schildkröte) und Claudia (@kaffebrod) am nächsten Wochenende organisieren. So schön, wieder ein „richtiges Treffen“, sozusagen life und in Farbe…mit den virtuellen Treffen per Zoom konnte ich mich nie anfreunden. Im Vorfeld des Bloggertreffens gab es einen Sewalong, geplant ist dann noch ein gemeinsamer Fototermin am Sonntag mit den neu genähten Dingen. Das Thema, das die Organisatorinnen für den Sewalong vorschlugen, war Nachhaltigkeit- natürlich ein super wichtiges Thema, gerade wenn man sich mit Kleidung beschäftigt.
Leider sind so Dinge wie Refashion oder Redesign nicht meine Schwerpunkte beim Nähen. Natürlich habe ich auch schon mal aus alten Kleidungsstücken etwas neues genäht, und natürlich repariere ich auch Kleidungsstücke oder ändere, wenn sie nicht mehr passen oder gefallen. Aber am liebsten nähe ich eben doch neue Kleidungsstücke aus neuen Stoffen, das macht für mich den Reiz meines Hobbys, des Nähens, aus.

Auch der Stoff für diese Culotte war neu. Es handelt sich um einen Hanfstoff, den ich bei der finnischen Schnittmusterfirma Named bezogen habe. Hanf gilt als umweltfreundlich, da bei der Herstellung weniger Wasser und kaum Pestizide eingsetzt werden. Außerden wurde dieser Hanf wohl aus Resten der industriellen Produktion hergestellt. Somit hüllt er sich in das Mäntelchen der Nachhatltigkeit- na ja, ein sehr dünnes Mäntelchen, das spätestens bei dem Transport von Finnland zu mir davonwehte.

Der Stoff ist allerdings wirklich schön. Er ist eher dünner als Leinen, aber etwas steifer und fühlt sich auf der Haut sehr angenehm an. Ich vermute, daß er bei Hitze angenehm ist, da gab es aber bisher noch keine Gelegenheiten, das zu testen. Für mich bedeute Nachhaltigkeit, daß ich mich bemühe, möglichst hochwertige Dinge herzustellen, wenn ich denn schon so viele Resourcen dafür verschwende. Bei dieser Culotte(Schnitt: Aina-Culotte von Named) habe ich ein gutes Gefühl. Ich hatte den Schnitt schon mal genäht und angepaßt und wußte, das mir das fertige Stück gut gefallen würde. Meine erste Aina war eine gerade Hose, hier gezeigt, dies ist jetzt die zweite Version, die im Schnitt von Named Pattern enthalten ist. Bezeichnet wird sie als Culotte, ich empfinde sie eher als weite Hose.

Der Aina Schnitt hat als Besonderheit, daß die Bundweite durch Knöpfe geregelt wird. Im Originalschnitt werden zwei Knöpfe aufgenäht. Bei meiner ersten Aina-Version, hier gezeigt, habe ich das im Nachhinein noch ergänzt. So ganz überzeugt mich das bisher nicht: die Knöpfe haben naturgemäß einen Mindestabstand von ca 2 cm, und wenn ich dann auf beiden Seiten den inneren Knopf wähle, verändere ich die Bundweite gleich um 4 cm…solche Schwankungen brauche ich nicht in der Taillenweite. Ich habe ein bisschen rumprobiert, manchmal ist es dann ganz angenehm, nur einen Knopf enger zu knöpfen, aber dann wird natürlich die Hose assymmetrisch. Wenn man das Oberteil darüber trägt, sieht man das nicht, und dann sieht man auch die vielen Knöpfe nicht, die ich auch nicht so wirklich schön finde…da kommt schon rasch die Assoziation mit den bekannten Kinderhosen.

Also, es bleibt bei dem einen Knopf, aber den kann man natürlich leicht versetzen, je nach Bedarf. Ich habe die Hose auch noch etwas enger gemacht nach dem ersten Tragen, denn der schöne Hanfstoff ist durchaus nachgiebig und der Bund hat sich trotz Verstärkung deutlich geweitet. Ich bin gespannt, wie sich das nach der ersten Wäsche verhält. Natürlich war der Stoff vor der Verarbeitung vorgewaschen, das mache ich immer, aber nach meiner Erfahrung verändert er sich oft auch noch nach der ersten Wäsche im verarbeiteten Zustand.
Die Culotte war also fertig, und dann folgte wie immer nach dem Vollenden eines Nähwerks der spannende Punkt: was paßt denn jetzt zum neuen Stück, wie kann ich es kombinieren? Meistens versuche ich ja diese Fragen schon im Vorfeld, am besten schon beim Stoffkauf zu klären. Ich habe meine Lieblingsfarben, meine Lieblingsstoff-Firmen, und das führt schon zu guten Kombinationsmöglichkeiten. Bei dieser Culotte fand ich es schwierig. Die Farbe ist ein wunderschönes blau mit einem kleinen Grünstich…von meinen Blusen paßte nichts so recht dazu. Klar, weiß ging schon, auch ein cremefarbenes Kaufshirt sah recht gut dazu aus. Aber da das ja als Outfit für ein Nähbloggerwochenende gedacht war, ging ein Kaufshirt natürlich gar nicht.
Ich inspizierte mein Stoffregal. Jerseys sind darin nicht so viele enthalten, da ich mittlerweile viel lieber Webstoffe als Jersey vernähe. Aber es gibt manche Jerseys, die vom Design her mindestens genauso schön sind wie gewebte Stoffe. Ein Beispiel dafür ist dieser Art Gallery Jersey, der auch farblich so gut zu meinem Hosenstoff paßte. Als ich die Kombination entdeckte, war ich so begeistet, daß der Jersey umgehend in meinen derzeitigen Lieblings-Shirtschnitt verwandelt werden mußte.

Genäht habe ich hier den Vera-Schnitt von Forgetmenot-Patterns. Ich finde den Schnitt toll und habe schon einige Versionen davon genäht. Es gibt auch einen V-Ausschnitt und längere Ärmelmanschetten, dann sieht das Top richtig elegant aus. Der Schnitt ist übrigens gratis…immer wenn ich ihn nähe, ist mir das fast peinlich, denn ich finde ihn so gut und hätte eigentlich die Arbeit der Schnittdesignerin gerne honoriert.

Aber wie man am ersten Bild des Beitrages schon sieht, war das nicht die einzige Kombinationsmöglichkeit, die der Stoffstapel hergab. Da lag im Stapel ein Seidenstoff, genauer gesagt eine Liberty-Seide. Wer meinen Blog schon länger liest, kennt meine Vorliebe für Liberty-Stoffe, diese schönen Baumwollstoffe, meistens kleingeblümt. Das sind ja auch die Stoffe, die Liberty am meisten vertreibt, aber es gibt natürlich auch andere Qualitäten, unter anderem Seidenstoffe.
Ist Seide nachhaltig, ökologisch vertretbar? Jeder Veganer geht auf die Barrikaden, wenn das Wort Seide erwähnt wird. Sicher zu Recht, denn die Seidenraupen, die den erwünschten Faden spinnen, werden sehr gemein getötet, um an die kostbare Faser zu gelangen. Nein, das ist nicht tierfreundlich, wobei ich gerne zugebe, daß meine eigentlich grenzenlose Tierliebe bei Raupen aussetzt…wer einmal den Kampf gegen die Raupen des Buchsbaumzünslers geführt und natürlich verloren hat, der hat keine Sympathien für Raupen mehr, gleich welcher Spezies.

Ich habe diesen Stoff gekauft, weil ich Muster und Farben so unglaublich schön fand. Es ist ein dunkles Olive, darauf dieses leuchtendblaue Muster- so etwas sieht man nicht so oft. Und der Stoff ist natürlich absolut hochwertig und eine wunderbare Qualität. Er lag deshalb auch schon lange im Stapel, weil ich ihn für etwas besonderes aufheben wollte. Nun war die Gelegenheit gekommen, denn er passte wunderbar zur neuen Aina- Hose.

Ich habe den schönen Seidenstoff hier zu einer Orchidee-Bluse von Deeranddoe verarbeitet. Auch das ein von mir erprobter Schnitt, hier und hier schon mal gezeigt. Auch bei dieser neuen Version habe ich den Ausschnitt etwas höher gesetzt und damit entschärft-damit wird die Bluse für mich bedeutend alltagstauglicher.

Ich hatte im Vorfeld etwas Bedenken, ob die Statement-Ärmel des Orchideeschnittes aus der doch sehr fliessenden Seite gut zur Geltung kommen. Die Schnittdesignerinnen von Deeranddoe empfehlen eher Baumwollstoffe oder andere Stoffe mit etwas Stand für diesen Schnitt. Aber es gibt im Netz mittlerweile auch Beispiele aus dünneren Stoffen, auch aus Viskose, und so entschied ich mich, es einfach auszuprobieren.

Ich finde den Schnitt wirklich schön. Ich mag ja diese Schößchenblusen, und das Orchidee-Schößchen ist ein besonders hübsches und zierliches- wobei ich es um ca 2 cm verlängert habe, das gefällt mir besser. Die kostbare Seide war übrigens hervorragend zu verarbeiten. Ich habe eine Mikrotexnadel verwendet, und es gab keine besonderen Schwierigkeiten. Da hatte ich schon manches Viskosestöffchen unter der Nadel, was sich viel kapriziöser angestellt hatte.

So, daß war jetzt die Geschichte von dem einen Kleidungsstück, das ich unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit nähen wollte…entstanden sind drei Teile, die Materialien durchaus nicht durchweg ökologisch korrekt….aber ich liebe diese drei Teile! Ich denke , ich werde sie diesen Frühling und Sommer oft tragen.
Nicht zu vergessen ist auch die Freude beim Nähen, die ich bei diesen Kleidungsstücken hatte. Insbesondere beim Nähen des Seidenblüschens geriet ich in einen so wunderbaren Nähflow, wie ich es lange nicht erlebt hatte. Waren es die schönen Farben, das hochwertige Material, der bewährte Schnitt? Ich finde, diese Freude, die wir bei unserem Hobby empfinden, ist auch etwas ganz wichtiges, was auch einen gewissen Verbrauch an Resourcen wieder rechtfertigt.

Aber jetzt habe ich zumindest etwas anzuziehen beim Blogger-Treffen am Wochenende…ich freue mich sehr darauf! Zunächst aber freue ich mich auf viele weitere Inspirationen an diesem Memademittwoch, der ja auch ein Teil des Memademay 2022 ist. Ich finde es immer wieder überwältigend, wie viele Frauen weltweit an dieser Aktion teilnehmen und bereitwillig und voller Freue eine Blick in ihren Kleiderschrank gewähren.
Ich verabschiede mich mit einigen Inspirationen unserer Fahrradtour am Rhein, die allerdings noch im April stattfand!


