
Die Culotte, der Hosenrock, ist aus der Modewelt der letzten Jahre nicht mehr weg zu denken. Ob jetzt Culotte und Hosenrock das gleiche ist, sei mal dahin gestellt. Tatsache ist, daß mir diese überweiten, wadenlangen Hosen unglaublich gut gefallen. Ich finde, so ein Hosenrock vereint das Beste aus den beiden Welten Rock und Hose: vom Rock das elegante und feminine Aussehen, von der Hose die unbestreitbare Bequemlichkeit, die so zwei Hosenbeine nun mal bieten.

Eigentlich überraschend, daß ich bisher nur einen einzigen Hosenrock genäht habe. Der ist nach einem selbstkonstruierten Schnitt und wird sehr gerne getragen. Immer schon hatte ich mir überlegt, noch mal einen Hosenrock zu nähen, gerne als Variation dieses Schnittes, vielleicht mit eingefügten Falten…aber wie es so oft bei Näh-Ideen ist, blieben diese Pläne in einer gedanklichen Schublade liegen und wurden nicht umgesetzt.
Aber als dann in der neuen Fibre Mood dieser Schnitt für eine Culotte war, wußte ich sofort, daß ich dieses Teil wollte, das sollte mein neuer Hosenrock werden.

Der Schnitt von Bea ist eigentlich sehr einfach, wie oft in der Fibremood. Ich denke, das ist eines der Geheimnisse der belgischen Schnittmuster-Zeitschrift, die viele von uns begeistert. Die Schnittdesingerinnen schaffen es, einen schlichten Schnitt durch kleine Variationen so zu verändern, daß das Kleidungsstück absolut modern und modisch ist. Dazu kommt natürlich diese professionellen Präsentation in der Zeitschrift und in den Medien, das ist schon bewundernswert.

Also: ein schlichter Hosenrockschnitt, zwei genähte Falten im Vorderteil und Abnäher im Rückenteil, dazu Taschen in den Seitennähten. Das einzig Besondere an Bea ist der Verschlußmechanismus, da der Rock über die Taschen geöffnet wird. Dieses Prinzip kennen wir schon von den Flint Pants von Megan Nielsen, ist also auch nichts neues. Bei der Schnittbeschreibung von Bea wird dieser Verschlußmechanismus als Vereinfachung angepriesen, da man keinen Reißverschluß einnähen müsse…ich glaube, das ist Ansichtssache. Ich persönlich habe überhaupt keine Probleme damit, einen Reißverschluß irgendwo einzunähen, ich finde das nicht so schwierig. Aber Knopflöcher, insbesondere wenn sie an so exponierter Stelle liegen wie an dem Bund von Bea, der zu einer Spitze ausgezogen ist, das finde ich schwierig. Das Knopflochproblem hat mich eine ganze Weile aufgehalten und geärgert, im Nachhinein muß ich sagen, das war auch die einzige Schwierigkeit im ganzen Nähprozess.

Aber von vorne: die Entscheidung für einen Stoff war nicht schwierig, da ich einen wunderschönen Karostoff in meinem Stoff-Vorrat hatte. Diesen Karostoff hatte ich immer wieder mal aus dem Stoffstapel gezogen und an mir drapiert, auch für mein Weihnachtskleid war er in der engeren Wahl. Ich fand die Farben sehr gut für mich, aber beim Drapieren fiel mir immer auf, daß das blau zu dunkel für mich ist, um es am Oberkörper und damit in Gesichtsnähe zu tragen. Die Kombination eines Stoffes mit einem Schnitt ist für mich eine der spannendsten Abschnitte im Nähprozess. Manchmal ist es sofort klar, manchmal dauert es eine Weile, aber immer ist es für mich ein erhebendes Gefühl beim Zuschneiden, wenn ich mir sicher bin, daß dieser Stoff mit diesem Schnitt seine Bestimmung gefunden hat.

Da es sich um einen Karostoff handelt, blieb das erhebende Gefühl beim diesem Zuschneiden logischerweise nicht lange. Ich versuche ja immer, den Karozuschnitt als intellektuelle Herausforderung anzusehen. Das gelingt mir am Anfang des Zuschneidens oft noch gut. Ich wende alle mir bekannten Tricks an: Markierungen im Schnittmuster, wo die Karos unbedingt passen müssen, einlagiges Zuschneiden oder akribisches Festtackern der Karolienien beim doppelagigen Zuschneiden. Also ich gebe mir schon Mühe, bis…ja, bis ich irgendwann merke, das klappt so nicht. Sei es, daß der Stoff sich verschoben hat, sei es, daß meine Markierungen nicht stimmen oder ich einfach ungenau gearbeitet habe, irgendwann paßt es nicht mehr. Zum Glück kann ich dann recht unkompliziert in einen großzügigen Arbeitsmodus umschalten, frei nach dem Motto: besser als bei den gekauften Klamotten ist es allemal, und wen es stört, der soll woanders hinschauen!

Im Fall von Bea war mein großer Fehler, daß ich eine Karoanpassung bei den Nahttaschen überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte. Ja, Bea hat Nahttaschen in der Seitennaht, und die Seitennaht ist gerade, wie auch aus der Schnittzeichnung erkennbar. Normalerweise wäre der Innenstoff einer Nahttasche kaum erkennbar, deshalb hatte ich mich hier gar nicht um Musteranpassungen bemüht, zumal ich auch nicht mehr viel Stoff übrig hatte. Im fertigen Teil erscheint diese Tasche allerdings als gebogene Eingrifftasche, wie man sowohl bei den Modellen im Heft als auch bei mir erkennt, und damit ist natürlich auch das Muster der Innentasche erkennbar.
Quelle: Fibremood
Was passiert hier? Eigentlich nur das , was zu erwarten ist, wenn man sich den Schnitt genau anschaut. Der Schnitt hat in der Taille eine Bequemlichkeitszugabe von ganzen 0,25 cm, das ist nicht so viel- will heißen, der Rock sitzt einfach eng in der Taille. Ich habe übrigens Gr 36 genäht und zur Taille hin zu Gr 38 gradiert, über die Abnäher und den Falteninhalt. Die enganliegende Taille wird nur durch die Knöpfe im Bund gehalten, der Bereich darunter holt sich seine Weite, die er nun mal durch die Rundungen am Bauch braucht, wo er sie kriegen kann, in diesem Fall aus der Tasche- der Tascheneingriff klafft also weit auf.

Vom Schnitttechnischen her gesehen finde ich das etwas unorthodox, denn dadurch ist man natürlich von einer gerade verlaufenden Seitennaht weit entfernt. Aber davon abgesehen ist dieses Vorgehen absolut praktisch, denn so läßt sich über die Knopfposition die Paßform wunderbar anpassen und korrigieren. Also, Daumen hoch für unorthodoxe Lösungen- nur daß dann halt leider meine nicht vorhandene Kaoranpassung an dieser Stelle sehr sichtbar wird. Zum Glück habe ich ja auf fast allen Fotos die Hände in den Rocktaschen, dann fällt das vielleicht nicht so auf.

Jetzt komme ich nicht mehr herum, von meinem persönlichen Armageddon bei diesem Schnitt zu berichten, den Knopflöchern. Der vordere Bund von Bea ist in zierliche Spitzen ausgezogen, die ein Knopfloch beherbergen. Ich hatte die Schwierigkeit erst gar nicht wahrgenommen und nach einem Probeknopfloch fröhlich die Knopflochautomatik eingeschaltet. Das ging natürlich nicht, da die Automatik mit der Messung über die Kanten nicht funktionierte. Kein Problem, wozu hat man einen Höhenausgleich für den Knopflochfuß, da würde das schon gehen…weit gefehlt, wieder stoppte die Automatik nach der Hälfte. Beim dritten Versuch (wohlgemerkt, am Rock, also sozusagen am lebenden Objekt, immer nach dem Auftrennen der vorherigen Versuche..) war ich dann schon so klug, auf den manuellen Betrieb umzuschalten, schließlich kam es hier überhaupt nicht auf eine exakt gleiche Länge der beiden Knopflöcher am Bund an. Das ging dann gut, aber nach der Hälfte war die Unterfadenspule leer…
Zum Glück hatte mein Stoff eine so gute Qualität, daß er dies ganzen Näh- und Auftrennarbeiten recht unbeschadet überstanden hat. Ein Hoch auf eine gute Stoffqualität! Die Versäuberung des unteren Bundrandes steht übrigens nicht in der Anleitung, das sind dann so die persönlichen Kleinigkeiten, die ich gerne in ein Nähwerk einfliessen lasse.

Die Jacke, die ich auf den Bildern trage, ist auch selbstgestrickt, ich habe sie hier schon mal gezeigt, bei diesem Blogbeitrab verbirgt sie sich leider meistensunter dem Kelly-Anorak. Ich freue mich sehr, daß ich das Jäckchen nun mal in seiner ganzen Schönheit hier zeigen kann! Es handelt sich übrigens im ein Modell von Kim Hargreaves („Kitten“). Ich liebe es ja sehr, wenn ich selbst genähte Kleidungsstücke gut kombinieren kann. Bei meiner Lieblingsfarbe blau ist das zum Glück nicht so schwierig.

Auch wenn er farblich nicht so gut dazu paßt, muß hier auch noch mal mein neuer Lieblings-Rucksack gezeigt werden. Es ist der Rucksack Arc von Frau Machwerk, der mich jetzt schon bei einigen Wanderungen begleitet hat. Ich finde ihn immer noch wunderschön, und durch die Trägerpolster ist er auch ausgesprochen bequem. Und dafür, daß er nicht blau ist, dafür kann er ja auch nichts!
Jetzt bin ich mal gespannt, was der letzte Memademittwoch in diesem verrückten Jahr 2020 noch alles zeigt. Vielleicht noch andere Modelle aus der neuen Fibremood?
liebe Grüße, Barbara