Culotte fibremood Hosen Rock

Culotte Bea aus der Fibremood

Die Culotte, der Hosenrock, ist aus der Modewelt der letzten Jahre nicht mehr weg zu denken. Ob jetzt Culotte und Hosenrock das gleiche ist, sei mal dahin gestellt. Tatsache ist, daß mir diese überweiten, wadenlangen Hosen unglaublich gut gefallen. Ich finde, so ein Hosenrock vereint das Beste aus den beiden Welten Rock und Hose: vom Rock das elegante und feminine Aussehen, von der Hose die unbestreitbare Bequemlichkeit, die so zwei Hosenbeine nun mal bieten.

Eigentlich überraschend, daß ich bisher nur einen einzigen Hosenrock genäht habe. Der ist nach einem selbstkonstruierten Schnitt und wird sehr gerne getragen. Immer schon hatte ich mir überlegt, noch mal einen Hosenrock zu nähen, gerne als Variation dieses Schnittes, vielleicht mit eingefügten Falten…aber wie es so oft bei Näh-Ideen ist, blieben diese Pläne in einer gedanklichen Schublade liegen und wurden nicht umgesetzt.

Aber als dann in der neuen Fibre Mood dieser Schnitt für eine Culotte war, wußte ich sofort, daß ich dieses Teil wollte, das sollte mein neuer Hosenrock werden.

Der Schnitt von Bea ist eigentlich sehr einfach, wie oft in der Fibremood. Ich denke, das ist eines der Geheimnisse der belgischen Schnittmuster-Zeitschrift, die viele von uns begeistert. Die Schnittdesingerinnen schaffen es, einen schlichten Schnitt durch kleine Variationen so zu verändern, daß das Kleidungsstück absolut modern und modisch ist. Dazu kommt natürlich diese professionellen Präsentation in der Zeitschrift und in den Medien, das ist schon bewundernswert.

Quelle: Fibremood

Also: ein schlichter Hosenrockschnitt, zwei genähte Falten im Vorderteil und Abnäher im Rückenteil, dazu Taschen in den Seitennähten. Das einzig Besondere an Bea ist der Verschlußmechanismus, da der Rock über die Taschen geöffnet wird. Dieses Prinzip kennen wir schon von den Flint Pants von Megan Nielsen, ist also auch nichts neues. Bei der Schnittbeschreibung von Bea wird dieser Verschlußmechanismus als Vereinfachung angepriesen, da man keinen Reißverschluß einnähen müsse…ich glaube, das ist Ansichtssache. Ich persönlich habe überhaupt keine Probleme damit, einen Reißverschluß irgendwo einzunähen, ich finde das nicht so schwierig. Aber Knopflöcher, insbesondere wenn sie an so exponierter Stelle liegen wie an dem Bund von Bea, der zu einer Spitze ausgezogen ist, das finde ich schwierig. Das Knopflochproblem hat mich eine ganze Weile aufgehalten und geärgert, im Nachhinein muß ich sagen, das war auch die einzige Schwierigkeit im ganzen Nähprozess.

Aber von vorne: die Entscheidung für einen Stoff war nicht schwierig, da ich einen wunderschönen Karostoff in meinem Stoff-Vorrat hatte. Diesen Karostoff hatte ich immer wieder mal aus dem Stoffstapel gezogen und an mir drapiert, auch für mein Weihnachtskleid war er in der engeren Wahl. Ich fand die Farben sehr gut für mich, aber beim Drapieren fiel mir immer auf, daß das blau zu dunkel für mich ist, um es am Oberkörper und damit in Gesichtsnähe zu tragen. Die Kombination eines Stoffes mit einem Schnitt ist für mich eine der spannendsten Abschnitte im Nähprozess. Manchmal ist es sofort klar, manchmal dauert es eine Weile, aber immer ist es für mich ein erhebendes Gefühl beim Zuschneiden, wenn ich mir sicher bin, daß dieser Stoff mit diesem Schnitt seine Bestimmung gefunden hat.

Da es sich um einen Karostoff handelt, blieb das erhebende Gefühl beim diesem Zuschneiden logischerweise nicht lange. Ich versuche ja immer, den Karozuschnitt als intellektuelle Herausforderung anzusehen. Das gelingt mir am Anfang des Zuschneidens oft noch gut. Ich wende alle mir bekannten Tricks an: Markierungen im Schnittmuster, wo die Karos unbedingt passen müssen, einlagiges Zuschneiden oder akribisches Festtackern der Karolienien beim doppelagigen Zuschneiden. Also ich gebe mir schon Mühe, bis…ja, bis ich irgendwann merke, das klappt so nicht. Sei es, daß der Stoff sich verschoben hat, sei es, daß meine Markierungen nicht stimmen oder ich einfach ungenau gearbeitet habe, irgendwann paßt es nicht mehr. Zum Glück kann ich dann recht unkompliziert in einen großzügigen Arbeitsmodus umschalten, frei nach dem Motto: besser als bei den gekauften Klamotten ist es allemal, und wen es stört, der soll woanders hinschauen!

Im Fall von Bea war mein großer Fehler, daß ich eine Karoanpassung bei den Nahttaschen überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte. Ja, Bea hat Nahttaschen in der Seitennaht, und die Seitennaht ist gerade, wie auch aus der Schnittzeichnung erkennbar. Normalerweise wäre der Innenstoff einer Nahttasche kaum erkennbar, deshalb hatte ich mich hier gar nicht um Musteranpassungen bemüht, zumal ich auch nicht mehr viel Stoff übrig hatte. Im fertigen Teil erscheint diese Tasche allerdings als gebogene Eingrifftasche, wie man sowohl bei den Modellen im Heft als auch bei mir erkennt, und damit ist natürlich auch das Muster der Innentasche erkennbar.

Was passiert hier? Eigentlich nur das , was zu erwarten ist, wenn man sich den Schnitt genau anschaut. Der Schnitt hat in der Taille eine Bequemlichkeitszugabe von ganzen 0,25 cm, das ist nicht so viel- will heißen, der Rock sitzt einfach eng in der Taille. Ich habe übrigens Gr 36 genäht und zur Taille hin zu Gr 38 gradiert, über die Abnäher und den Falteninhalt. Die enganliegende Taille wird nur durch die Knöpfe im Bund gehalten, der Bereich darunter holt sich seine Weite, die er nun mal durch die Rundungen am Bauch braucht, wo er sie kriegen kann, in diesem Fall aus der Tasche- der Tascheneingriff klafft also weit auf.

Vom Schnitttechnischen her gesehen finde ich das etwas unorthodox, denn dadurch ist man natürlich von einer gerade verlaufenden Seitennaht weit entfernt. Aber davon abgesehen ist dieses Vorgehen absolut praktisch, denn so läßt sich über die Knopfposition die Paßform wunderbar anpassen und korrigieren. Also, Daumen hoch für unorthodoxe Lösungen- nur daß dann halt leider meine nicht vorhandene Kaoranpassung an dieser Stelle sehr sichtbar wird. Zum Glück habe ich ja auf fast allen Fotos die Hände in den Rocktaschen, dann fällt das vielleicht nicht so auf.

Jetzt komme ich nicht mehr herum, von meinem persönlichen Armageddon bei diesem Schnitt zu berichten, den Knopflöchern. Der vordere Bund von Bea ist in zierliche Spitzen ausgezogen, die ein Knopfloch beherbergen. Ich hatte die Schwierigkeit erst gar nicht wahrgenommen und nach einem Probeknopfloch fröhlich die Knopflochautomatik eingeschaltet. Das ging natürlich nicht, da die Automatik mit der Messung über die Kanten nicht funktionierte. Kein Problem, wozu hat man einen Höhenausgleich für den Knopflochfuß, da würde das schon gehen…weit gefehlt, wieder stoppte die Automatik nach der Hälfte. Beim dritten Versuch (wohlgemerkt, am Rock, also sozusagen am lebenden Objekt, immer nach dem Auftrennen der vorherigen Versuche..) war ich dann schon so klug, auf den manuellen Betrieb umzuschalten, schließlich kam es hier überhaupt nicht auf eine exakt gleiche Länge der beiden Knopflöcher am Bund an. Das ging dann gut, aber nach der Hälfte war die Unterfadenspule leer…

Zum Glück hatte mein Stoff eine so gute Qualität, daß er dies ganzen Näh- und Auftrennarbeiten recht unbeschadet überstanden hat. Ein Hoch auf eine gute Stoffqualität! Die Versäuberung des unteren Bundrandes steht übrigens nicht in der Anleitung, das sind dann so die persönlichen Kleinigkeiten, die ich gerne in ein Nähwerk einfliessen lasse.

Die Jacke, die ich auf den Bildern trage, ist auch selbstgestrickt, ich habe sie hier schon mal gezeigt, bei diesem Blogbeitrab verbirgt sie sich leider meistensunter dem Kelly-Anorak. Ich freue mich sehr, daß ich das Jäckchen nun mal in seiner ganzen Schönheit hier zeigen kann! Es handelt sich übrigens im ein Modell von Kim Hargreaves („Kitten“). Ich liebe es ja sehr, wenn ich selbst genähte Kleidungsstücke gut kombinieren kann. Bei meiner Lieblingsfarbe blau ist das zum Glück nicht so schwierig.

Auch wenn er farblich nicht so gut dazu paßt, muß hier auch noch mal mein neuer Lieblings-Rucksack gezeigt werden. Es ist der Rucksack Arc von Frau Machwerk, der mich jetzt schon bei einigen Wanderungen begleitet hat. Ich finde ihn immer noch wunderschön, und durch die Trägerpolster ist er auch ausgesprochen bequem. Und dafür, daß er nicht blau ist, dafür kann er ja auch nichts!

Jetzt bin ich mal gespannt, was der letzte Memademittwoch in diesem verrückten Jahr 2020 noch alles zeigt. Vielleicht noch andere Modelle aus der neuen Fibremood?

liebe Grüße, Barbara

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Weihnachtskleid- Sewalong 2020- Teil 1

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Weihnachten- das war doch dieses Event, das früher mal Ende Dezember gefeiert wurde? Lassen Sie mich überlegen, genau, ich erinnere mich, 2019 war das letzte Mal.

Oh, jetzt erinnere ich mich genau. Das war ein Event, geradezu furchtbar aus unserer heutigen Sicht. Es kam zu einer Massenbewegung der Menschen, alle fuhren irgendwo hin, meistens in den Ort ihrer Herkunft oder sogar ihrer Geburt (da gibt es glaube ich eine Quelle, die ca. 2000 Jahre alt ist ). Also, man reiste, oft in öffentlichen Verkehrsmitteln, sogar in Flugzeugen. Schutzmaßnahmen wie Lüftungsanlagen, Trennwände waren unbekannt, nicht mal Mundnasenmasken wurden in der Öffentlichkeit getragen, stellen Sie sich das mal vor! Und an Weihnachten trafen sich dann diese durchmischten Menschen in schlecht gelüfteten Kneipen, wo sie stundenlang mit ihre alten Schulfreunden erzählten, oder in genauso schlecht gelüfteten Wohnzimmern zum Feiern mit ihren Verwandten. Nein, die Fenster wurden nicht alle 20m min geöffnet, das hätte ja den herrlichen Duft des Weihnachtsessens oder der Plätzchen vernichtet. Und dann ging man in die Kirche, wo man dicht an dicht gedrängt saß, und – es wurde gesungen! Stellen Sie sich das mal vor, Gesang, eine vollbesetzte Kirche wie die Gedächtniskirche in Speyer, und alle singen! An die Aerosolbildung darf ich gar nicht denken…

Also, ich bin schon froh, daß das jetzt alles besser ist. Man ist ja schließlich aufgeklärt und virologisch und epidemiologisch podcastmäßig fortgebildet. Kontakt ist schlecht, das haben wir gelernt, Umarmen, die Köpfe zusammenstecken und natürlich Singen- Todsünden in der heutigen Zeit. Aber dennoch- gibt es da nicht noch ein Relikt aus früheren Zeiten? Genau, da war eine kleine Gruppe von unverdrossenen Näherinnen, die schon früher einen Weihnachtskleid-Sewalong veranstaltet hatten. Und diese Gruppe trotzt auch in diesem Jahr allen Unbillen, ob es nun Virusschreckensmeldungen, Quarantänebestimmungen oder andere unerfreuliche Dinge sind.

Immer nach dem Motto: egal, was passiert, wir nähen uns ein Weihnachtskleid!

Ich bin schon sehr froh, daß diese Tradition auch in diesem eigenartigen Jahr nicht aufgegeben wurde. Auch wenn wir sicher alle nicht so recht wissen, wie und mit wem wir Weihnachten feiern, lohnt es sich mit Sicherheit, gut angezogen zu sein.

Ich gebe zu, daß ich an Weihnachten resp. ein Weihnachtskleid bis vor einigen Tagen nicht ernsthaft gedacht habe. Zu sehr ist mein Alltag von der aktuellen Problematik überschattet. Aber ein bestimmtes Kleid plane ich schon seit einigen Wochen, und hatte auch immer schon mal gedacht, daß das ja mein Weihnachtskleid werden könnte.

Ich hatte im Herbst die Gilbert- Bluse von Helens Closet genäht und war begeistert von der schönen Kragenlösung und vor allem der sauberen Innenverabeitung. Nachdem die Bluse fertig war, kam mir der Gedanke, aus diesem Blusenschnitt ein Kleid zu machen. In den einschlägigen sozialen Medien wurden auch andere Versionen eines Gilbert-Kleides gezeigt, indem der Schnitt einfach verlängert wurde, das wollte ich natürlich nicht. Mir schwebte eine Version mit einem Taillenband vor, die zusätzliche Weite des Oberteiles würde ich in Falten oder Abnähern aufnehmen. Der Rock sollte leicht eingekraust oder auch in Falten gelegt werden. Einen Stoff dafür hatte ich auch schon, nämlich einen wunderbaren blaugelben Karostoff, den ich hier bezogen hatte. Ich hatte mir über dieses Kleid und den Pattern-Hack immer wieder Gedanken gemacht, und war mit dem Endergebnis und der Planung eingentlich ganz zufrieden, bis…

…ja, bis die neue Fibre Mood in meinem Briefkasten letzte Woche lag. Ich habe die Fibre Mood ja abonniert und komme dadurch einige Tage vor dem eigentlichen Erscheinen in den Genuß der Zeitschrift. Und diesmal war es wirklich ein Genuß, weil in dem Heft so viele schöne Modelle sind, die ich sofort nachnähen könnte. Und nein, ich bekomme kein Geld von der Fibre Mood und bin nicht mal in irgendeinem Probenähtool dafür. Ich finde dieses Heft einfach sehr gelungen, das davor übrigens nicht ganz so.

Dieses Kleid Feliz hatte es mir sofort angetan. Liebe auf den ersten Blick, kann man nichts machen, das werde ich nähen. Auf den zweiten Blick habe ich schon festgestellt, daß der Originalschnitt vielleicht etwas formlos in der Taille ist, aber da könnte ein Taillenabnäher leicht Abhilfe schaffen, das schaue ich mir auf den Schnittteilen genauer an.

Und bei der Stoffwahl habe ich mich- völlig phantasielos, gebe ich zu- der Stoffwahl im Magazin angeschlossen, denn da wird dieses Kleid noch in einer zweiten Version aus einer gemusterten Viskose gezeigt.

Dieses Kleid aus diesem Stoff wird also mein nächstes Nähprojekt, und das werde ich dann an Weihnachten tragen. Egal wie sich Weihnachten gestaltet- ich bin jedenfalls gut angezogen.

Den Stoff habe ich direkt in Frankreich bestellt. Es ist eine Viskose des französischen Labels Cousette, das ich auch schon im letzten Jahr kennen und lieben gelernt habe. Eine kleine Stoff-Firma, die ihr eigenes Design auf Viskose drucken läßt, in ausgesprochen schönen Farben und meistens kleingeblümten (oder -geblätterten) Mustern. Ich hatte im Sommer ein Top aus einem Cousette-Stoff genäht und sehr gerne getragen.

Apropos gerne getragen: was ist eigentlich aus meiner letztjährigen Weihnachtsgarderobe geworden? Ich hatte ja verschiedene Teile genäht und mich bemüht, sie alltagstauglich zu gestalten.

Die Jacke Frida wurde erwartungsgemäß ein Erfolg, ich trage sie gerne und finde sie immer noch super gelungen. Einzige Einschränkung ist ihre Temperaturtauglichkeit: für wirklich kalte Temperaturen ist sie einfach zu kurz und wärmt nicht genug.

Das Kleid, selbstkonstruiert nach dem GustaSchnitt der FibreMood, gefällt mir prinzipiell immer noch gut. Getragen wurde es selten. Die Paßform im Schulterbereich ist mir nicht ganz gelungen, und der Abschluß der dreiviertellangen Ärmel mit dem Viskosestreifen ist im täglichen Leben völlig unpraktisch. Der Ärmel rutscht immer wieder hoch und muß runtergezuppelt werden- kein Potential für ein Lieblingskleid. Ich habe mir jetzt überlegt, die Ärmel ganz raus zu trennen und das ganze dann als Trägerkleid über Shirts zu tragen.

Und Georgie- das ist wieder mal ein Beispiel, wie man Stoff, Farbe und Schnitt nicht kombinieren sollte. Der Stoff, ein Tenceljersey, ist dünn, zu dünn für ein Winterkleid. Die Farbe des Stoffes ist eindeutig winterlich, zu winterlich für ein Sommerkleid, der Schnitt eher sommerlich, dafür ist die Länge aber nicht geeignet- kurz: dieses Kleid habe ich nicht mehr getragen. Eigentlich schade, denn auf den Bildern sieht es sehr schön aus. Vielleicht sollte ich es doch mal wieder anziehen.

Alle anderen Planungen des Weihnachtskleides 2020 finden sich auf dem Memademittwochblog!

fibremood Sweatshirt

Erin Sweatshirt Fibre Mood- zwei Versionen

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Vor einem geplanten Urlaub habe ich immer das dringende Verlangen, mir etwas neues zu nähen. Na ja, eigentlich habe ich immer das dringende Verlangen, mir etwas neues zu nähen, aber vor einem Urlaub wird dieses Verlangen noch um einiges dringender. Immerhin steht mir ja auch eine gewisse Zeit ohne Nähmaschine bevor. Und der Gedanke, im Urlaub vielleicht ein ganz bestimmtes Shirt, einen Pulli oder eine Hose zu vermissen, ohne jede Aussicht, das in absehbarer Zeit ändern zu können – nein, vor einem Urlaub muß genäht werden, Ihr versteht das sicher.

Da wir auch in diesem Jahr einen eher sportlichen Wanderurlaub im Herbst geplant hatten, war das Objekt meiner Näh-Begierde ein Sweatshirt-Schnitt, genauer gesagt der Schnitt Erin aus der Fibremood

Ich fand den Schnitt schon im Heft interessant, konnte aber nicht so wirklich damit etwas anfangen… dieser Konflikt begleitet mich oft bei den Fibremood-Schnitten. Im Heft sehen sie toll aus, aber wenn es dann an die Umsetzung für mich geht, gerate ich ins Stolpern.

Quelle: Fibremood

Erin ist eigentlich ein schlichter Raglanschnitt, der aus leicht dehnbaren Materialien genäht werden soll. Die Besonderheit bei diesem Schitt, so wie er im Heft gezeigt wird, sind die Saumabschlüsse, denn die werden mit einem eingezogenen Gummiband gestaltet. An sich eine gute Idee, denn auch in meinem Stoff-Vorrat lagern etliche Sweatstoffe, die selbst wenig Eignung zu einem Bündchen aufweisen und auch keinen passenden Bündchen-Kombipartner ihr eigen nennen.

Andererseits finde ich die allermeisten Erin-Varianten, die mit Gummibandabschlüssen auf den einschlägigen sozialen Kanälen gezeigt werden, nicht schön. Ich habe daher eine Weile hin und her überlegt- und dann meinen Erin-Sweater mit traditionellen Bündchen aus dem Hauptstoff genäht.

Das war in diesem Fall auch nicht so schwierig, da der verwendete Baumwoll-Jacquard nicht nur aus GOTS-zertifizierter Baumwolle bestand, sondern auch noch aus 5% Elasthan. Der Stoff war dehnbar, hatte eine gute Rücksprungkraft- so ein Stoff hält die Beanspruchung als Bündchenstoff aus.

Zurück zum Schnitt: Erin ist ja nicht nur ein klassicher Raglanschnitt, sondern hat natürlich auch, wie im Augenblick modern, die notwendigen weiten Statementärmel, wobei das Statement in diesem Fall eher diskret ausfällt. Aber immerhin ist es doch so viel, daß der ganze Pulli einen etwas modernen Touch erhält. Ansonsten ist er eher etwas schmaler geschnitten als andere Sweatshirtschnitt. Es gibt auch noch eine Schnittversion mit weiten Dreiviertelärmeln, da müsste man dann ein Rollkragenshirt oder so darunter tragen, das kam für mich aber nicht in Frage.

Nähtechnisch bietet so ein Sweatshirt keine wirklichen Probleme. Den Halsausschnitt habe ich auch mit einem Bündchen aus dem Hauptstoff versäubert. In der Anleitung wurde hier „elastisches Schrägband“ verwendet- darunter konnte ich mir nicht wirklich etwas vorstellen.

Ich habe ja schon so einige dieser Statement-Ärmel aus dehnbaren Stoffen genäht, und immer wieder stelle ich mir die Frage, wie ich optimal die überweiten Ärmel an das Saumbündchen dran kriege. Ich denke, es gibt da drei Möglichkeiten:

  • man kann einfach das Bündchen dehnen, wenn es sich denn um einen dehnbaren Bündchenstoff handelt, und hoffen, daß die Dehnung überall gleichmäßig sich über den Ärmel verteilt. So habe ich das beim Sheridan-Sweater von Heyjune gemacht. Geht ganz gut, hat aber einen gewissen Risiko-Faktor. Ich nähe die Bündchen direkt mit der Overlock an, und da ich sehr schmale Handgelenke habe, ist das immer ein ziemliches Gezuppel. Mit exaktem Nähen hat das nicht mehr viel zu tun.
  • beim Somerset-Shirt habe ich gelernt, daß man die überweiten Ärmel mit einem Gummifaden in der Unterspule erstmal rafft und dann an die Ärmelbündchen näht. Das empfand ich als sehr elegante Methode, ist allerdings etwas umständlich und erfordert das Aufwickeln von Hand des Unterfadens auf die Unterfadenspule. Kann man machen, möchte man vielleicht nicht immer, und so ist die Methode
  • drei vielleicht doch die beste: ganz normal die Ärmelunterkante einreihen mit zwei Nahtreihen und einem größer gestellten Geradstich, wobei dann der Oberfaden angezogen wird und der Ärmelsaum eingekraust wird. Die Bedenken dagegen sind natürlich, daß man am Ärmelsaum eines elastischen Teiles nicht so gerne einen (nicht dehnbaren) Geradstich hat, aber der Stich ist ja sehr weit. Und wenn er reißen würde, wäre es auch nicht schlimm, da er keine tragende Funktion hat.

Also, Erin wurde genäht, bekam seine Bündchen und Ärmel und ich war hochzufrieden mit dem fertigen Shirt. Also alles gut, der Urlaub konnte beginnen…

….könnte beginnen, wenn da nicht manche Widrigkeiten waren. Ich will jetzt gar nicht auf die damals noch aktuelle Quarantäne-Problematik und die Corona-Reisewarnungen eingehen, nur so viel: wir waren im Kleinwalsertal, und bis eine Woche vor Reisebeginn war es für uns unklar, ob wir wirklich fahren konnten. Das Kleinwalsertal gehört in Österreich zu Vorarlberg, ist aber verkehrstechnisch nur über Deutschland erreichbar- eine geographische Lage, die schon in der Geschichte für viele Sonderregelungen gesorgt hat. Uns hat sie jedenfalls eine wunderbare Urlaubswoche beschert- allerdings nicht mit herbstlichen, sondern winterlichen Temperaturen.

Der Temperatursturz in den Bergen war auch für mich bald erkennbar, und ich hatte Bedenken, daß mein Erin-Sweatshirt zu kühl für diese Temperaturen werden würde. Aber da lag ja noch so ein traumhafter Merino-Strickstoff auf meinem Nähtisch- damit würde ich dem österreichischen Frühwinter sicher trotzen!

Der Stoff ist absolut ein Traum. Weich, kuschelig, überhaupt nicht kratzig- aber ob man daraus ein Sweatshirt würde nähen können, das wußte ich nicht. Aber wer nicht wagt, der hat nachher auch keinen warmen Pulli, oder so ähnlich…so groß war das Risiko ja auch nicht, denn irgendeinen Pulli würde ich nach diesem Schnitt schon nähen können. Ich habe alle Kanten mit einem dehnbaren Kantenband stabilisiert, damit ich beim Nähen keine unerwünschten Formänderungen der zugeschnittenen Teile erleben würde. Strickstoffe sind ja oft etwas eigen in der Verarbeitung und verziehen sich gerne mal, aber so ging alles gut.

Den Halsausschnitt hatte ich mit einem besonders stabilen aufbügelbaren Vlieseline-Bündchen stabilisiert, weil ich da Angst hatte, daß der Wollstoff nicht genug Halt hat. so ganz ideal ist der Merinostrickstoff sicher nicht als Bündchenstoff, und ich habe sehr vorsichtig gearbeitet: wenig gedehnt, wenig gedämpft, und so blieb doch alles an seinem Platz. Beim Halsbündchen ist mir die Absteppnaht nicht gleichmäßig gelungen, aber das wollte ich dann doch nicht mehr auftrennen.

Der Pulli ist absolut schön geworden, finde ich, und so kuschelig! Der Schnee lag im Kleinwalsertal nur oben auf dem Berg, unten im Tal war es dann doch etwas milder, so daß der Sweatshirt-Erin auch zu seinem Einsatz kam.

Soweit meine Urlaubserlebnisse, nähtechnisch gesehen…und was zeigen die anderen Selbenäherinnen am ersten November-Mittwoch? hier wird es gezeigt!

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Arc Rucksack von machwerk

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Zwischen dem Rucksack Arc und mir, das war Liebe auf den ersten Blick. Also natürlich war es von mir aus Liebe auf den ersten Blick, vermutlich ist ja ein Gegenstand wie ein Rucksack nicht zu solchen differenzierten Emotionen fähig…oder vielleicht doch? Egal wie, ich fand diesen Schnitt einfach toll, sobald ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte.

Zum ersten Mal gesehen hatte ich ihn in einer Instagram-Story von Frau Machwerk, die wir alle als geniale Designerin von vielen Taschenschnitten kennen. Ich sah den Rucksack und wußte: der ist es, den will ich nähen. Mir gefiel die Form, die rundliche Tasche, einfach alles erschien mir perfekt. Tragischerweise, wie das ja oft so ist bei großen Lieben, verschwand die Insta-Story relativ rasch, und ich konnte meine Rucksackpläne nicht weiter verfolgen.

Aber zum Glück erschien nach einigen Wochen der Schnitt dafür, und es war nicht nur der Rucksack, sonderen gleichzeitig auch eine Reisetasche und ein Kulturbeutel dabei. Jetzt konnte es los gehen mit meinem geliebten Rucksack!

Stoff hatte ich ja auch schon rausgelegt. Ich hatte vor einiger Zeit einen wunderschönen Baumwollstoff der belgischen Stoff-Firma Seeyouatsix erstanden. Ich glaube, den Stoff gibt es nirgendwo mehr, sonst würde ich gerne die Quelle verlinken. Er ist einfach wunderschön, Blumen in Rose und Braun-Tönen auf dunkelblau, das ganze in warmen Farbtönen. Ich hatte den Stoff eine Weile im Regal liegen, ihn immer wieder gestreichelt und mir überlegt, was ich daraus machen sollte. Von der Stoffqualität her ist es ein Canvas, aber nicht allzu dick. Etliche Kleinigkeiten wie Handytaschen entstanden daraus, aber ansonsten blieb er unangetastet, bis eben jetzt sein großer Einsatz kommen sollte. Da die Stoffmenge dann doch nicht ganz ausreichte, habe ich ihn mit dunkelblauem Oilskin für Trägerpolster und Rückseite kombiniert.

Der Rucksack Arc brauchte natürlich auch ein Futter, hier habe ich Patchworkstoffe von Robert Kaufman verarbeitet, die ich hier bezogen hatte. Auch diese Stoffe haben eine blauen Hintergrund und waren damit für ihre Aufgabe als Rucksackfutter gut geeignet. Soft und Stable zum Stabilisieren gab es noch im Vorrat- ein Hoch auf einen gut sortierten Stoff- und Zubehörvorrat!

Die notwendige Hardware, also Riemen, Metallteile und auch Leder für den Rucksackboden sowie Reißverschluss gab es freundlicherweise auch von Frau Machwerk, und so konnte ich bald loslegen. Mein Terminplan bescherte mir eine unverplante Ferienwoche- was konnte es besseres geben, als in dieser Zeit einen Rucksack zu nähen!

Der Schnitt enthält in der Beschreibung irgendwo den Hinweis, daß er eher für fortgeschrittene Näherinnen gedacht ist, die schon Erfahrung im Taschennähen haben. Ich hatte den Hinweis zwar gesehen, aber nicht weiter beachtet. Ich habe ja schon viel Schwieriges genäht- was sollte so ein Rucksack da schon an Problemen bieten?

Der Schnitt ist absolut toll gemacht. Ein kleiner Wermutstropfen mag sein, daß es keine A0-Datei zum Plotten gibt, man muß also A4 drucken. Andererseits sind das so wenig Seiten, das kriegt man mit Kleben und Ausschneiden wirklich gut hin.

eines meiner Lieblingsdetails: diese Trägeraufhängung!

Der Schnitt enthält die Nahtzugabe von 1 cm, es ist alles super ausführlich beschrieben, was aus welchem Material zugeschnitten werden soll. Die Anleitung besteht aus Fotos, in die aber oft Nahtlinien eingezeichnet sind. Eigentlich mag ich Fotoanleitungen nicht so sehr, da man darauf meist nicht das erkennt, was wichtig ist. In diesem Fall kam ich wunderbar damit zurecht. Man merkt sowohl bei der Anleitung als auch bei den Bildern, daß Frau Machwerk viel Erfahrung nicht nur im Nähen, sondern auch in der Didaktik hat. Vermutlich fließt die Erfahrung von unzähligen Nähkursen mit Teilnehmern der unterschiedlichsten Wissensstufen in ihre Anleitungen ein- davon profitieren wir jetzt..

Ich denke, daß der Schnitt drei Schwierigkeiten bietet, mir denen man sich befassen muß.

Das erste hängt sicher mit dem ausgeklügelten Schnittmuster zusammen. Arc enthältet viele gerundete Teile, wie die Taschen oder auch die Vorderteile. Hier sollte man einfach genau zuschneiden und genau nähen, dann paßt das alles wunderbar. Für mich war das kein so großes Problem- wer einmal ein Wochenende mit Pingel-Inge verbracht hat, kann exakt nähen.

Das zweite Problem ergibt sich aus den verwendeten Materialien. Zwangsläufig sind die Stoffe für einen Rucksack eher von der dickeren Sorte, dazu kommt Einlage und Leder, und so muß die Nähmaschine einiges leisten, um das alles zu bewältigen. Ich war froh über diverse Hilfsmittel, die ich einsetzen konnte, wie meinen Obertransportfuß. Da ich auch eine Paspel verabeitet habe, kam mein neuer Nähfuß zum Einsatz. Der Fuß hat zwar die Bezeichnung Strickwarenfuß, war aber für diese eher dicke Paspel genau das Richtige. Als Nadel hatte ich eine Microtexnadel verwendet- keine Ahnung, ob das optimal war, aber es hat gut funktioniert.

Die dritte Schwierigkeit zeigte sich beim Zusammennähen des Rucksackes. Ich bin wie gesagt nicht so die große Taschennäherin, aber bei den Taschen, die ich genäht hatte, war das Prinzip immer gleich: man näht die Außentasche, dann die Futtertasche und verstürzt das ganze . Falls man nicht die Wendeöffnung vergessen hat, kann man dann die ganze Tasche wenden und den erhebenden Anblick des fertigen Teiles geniessen.

Bei dem Arc-Rucksack wird natürlich auch Außen- und Futterteil verstürzt, allerdings geschieht das hier getrennt für Vorder- und Rückenteil. Das wäre ja nicht so schlimm, wenn nicht an diesen Teilen dann schon der gesamte Rucksack dranhängt, der dann beim Nähen weggesteckt/gedrückt/irgendwie zur Seite geschafft werden muß…das fand ich schon sehr schwierig. Und auch das Wenden wird nicht unbedingt einfacher, wenn man durch die Wendeöffnung dann so einen ganzen Rucksack ziehen muß- da hat man viel Zeit, über die Frage zu sinnieren, warum Wendeöffnungen eigentlich IMMER zu klein sind…

Aber das Ergebnis finde ich absolut grandios. Irgendwie ist es doch etwas anderes, so ein dreidimensionales Teil zu schaffen, als ein Kleid oder einen Pulli- wobei das ja auch alles dreidimensional ist, aber das Kleid steht eben nicht so hübsch im Blumenbeet wie dieser Rucksack.

Mittlerweile ist der Rucksack in Gebrauch genommen, er hat mir im täglichen Leben schon gute Dienste geleistet. Es paßt einiges hinein, übrigens auch ein Laptop, wenn man das dann mit transportieren möchte.

Ich habe in der Inneneinrichtung nur diese Laptoptasche eingenäht, die auch im Schnitt enthalten ist. Vielleicht wäre noch eine weitere Innentasche hübsch gewesen, andererseits reicht die großzügige Außentasche eigentlich für Handy und Geldbeutel aus. Ist natürlich nicht diebstahlsicher, aber da ich zur Zeit nie in einem Menschengedränge unterwegs bin, spielt das keine Rolle. Wer von uns weiß eigentlich noch, wie sich Menschengedränge anfühlt? Ich zumindest nicht mehr.

Der Rucksack trägt sich sehr gut, durch die Polsterung sind die Träger recht bequem. Allerdings habe ich das Problem, daß beim Anziehen des Rucksackes das zweite Polster gern mal verrutscht und dann zurechtgezuppelt werden muß. Vielleicht werde ich die Träger noch auf dem Polster festnähen, dann wäre dieses Problem gelöst.

Und das schönste an diesem Schnitt ist ja, das ich mich jetzt noch auf zwei weitere Arc-Variationen freuen kann, nämlich den Kulturbeutel und die Reisetasche!

verlinkt: DufürDicham Donnerstag

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Gilbert-Bluse von Helens Closet

Kurzärmelige Blusen sind in meinem sonst gut gefüllten Kleiderschrank Mangelware. Im Sommer trage ich gerne ärmellose Blusen oder Tops, wenn es kühler wird, mag ich zumindest dreiviertellange Ärmel. Aber kurzärmelig? Fehlanzeige!

Das fiel mir jetzt im Spätsommer auf, und ich hatte bald auch sehr genaue Vorstellungen, wie diese Bluse sein sollte. Ich wollte einen Hemdenkragen, eine schlichte, gerade Form, insgesamt nicht zu lang. Diese Ideen waren nicht sehr originell, denn in dieser Art gibt es viele Schnitte, sowohl bei den Schnittdesignerinnen als in den einschlägigen Zeitschriften.

Ich habe mich letztendlich für Gilbert von Helens Closet entschlossen, einfach deshalb, weil ich diese Designerin sehr mag und ja überhaupt gerne Schnitte der individuellen Schnittdesignerinne nähe. Ich mag die ausführlichen Anleitungen, die vielen Paßzeichen und das durchdachte Design, damit ist für mich meistens ein entspanntes Nähen gesichert.

Also Gilbert: ein Blusenschnitt, den es in zwei Längen gibt. Ich zeige hier die kurze Version, die eigentlich noch eine Schleife vorne hat. Die habe ich dann weggelassen, da mir das zu sommerlich für mein Herbstblüschen erschien.

Der Schnitt ist wirklich schlicht, er hat lediglich einen Brustabnäher und ist sonst gerade geschnitten. Im Rücken gibt es eine Passe, die Ärmel sind bei der Kurzarmversion gerade. Es gibt noch eine Langarmversion mit nach unten breit zulaufenden Ärmeln- das sieht schon schick und modern aus, aber da ich mir nicht vorstellen kann, mit solchen Ärmeln meinen Alltag zu bewältigen, habe ich doch lieber die kurzen Ärmel genäht.

Schön ist ja die Innenverarbeitung der Bluse. Die Passe ist gedoppelt und mit der Burrito-Methode verstürzt. Für die , die Burrito nicht kennen: es handelt sich um eine Nähmethode für Oberteile, bei denen Teile gedoppelt sind. Damit alle Nahtzugaben schön nach innen geschlagen sind, wird beim Nähen das gesamte Teil immer wieder zusammengerollt wie ein Burrito und die zu vernähenden Teile darüber geschlagen-schwer zu erklären, aber wenn man es einmal gemacht hat, recht logisch.

Auch die Verarbeitung des Vorderteilbeleges ist schön, denn der Beleg wird eingeschlagen und dann festgesteppt. Das führt natürlich zu einer sichtbaren Naht auf dem Vorderteil, die man bei einfarbigen Stoffen als Designelement sehen wird. In meinem buntgemustertetn Stoff geht diese Naht weitgehend unter.

Der Stoff ist ein Libertystoff , genauer gesagt ein Baumwollstoff aus Tana Lawn. Bezogen habe ich den Stoff hier, genauso wie die hübschen Corozo-Knöpfe, die freundlicherweise genau den gleichen Farbton wie der Stoff haben. Corozo ist ein pflanzliches Material für Knöpfe und wird aus dem Samen der südamerikanischen Steinnusspalme hergestellt. Ich habe die Knöpfe schon einige Male verarbeitet und bin immer wieder begeistert von den Farben und vor allem von der Haptik dieser Knöpfe. Die Qualität des Liberty-Stoffes ist natürlich auch toll, gut zu vernähen und alles- aber er knittert wie jeder andere Baumwollstoff auch.

Er knittert nicht im täglichen Leben, aber wenn man bei einer Wanderung über der Bluse ein Sweatshirt trägt, beim Bergaufgehen auch noch schwitzt, dann ist die Bluse einfach verknittert.

Einige Outtakes, bei denen ich versucht habe, das Schlimmste zu glätten:

Bei der Gelegenheit fiel mir auch wieder ein, warum ich so ungerne kurzärmelige Blusen tragen, denn das Problem, daß die Ärmel kraus werden, wenn man eine Jacke oder einen Pulli drüber trägt, das hatte ich auch früher schon mal registriert.

Aber nun war es einfach so, die Bluse war verknittert, die Wanderung schön, einen Picknickplatz gab es auch…was will man mehr? Manche Dinge muß man einfach akzeptieren.

Die Hose, die ich auf den Bildern trage, ist die Seaforth-Pants von HeyJune, die ich hier schon mal ausführlich vorgestellt habe. Auf der Wanderung lief die Hose in ihrem jogginghosenähnlichen Stil natürlich zu ihrer Hochform auf, das war ihr Element. Sie trägt sich wirklich gut, und ich habe mich mit den Gummizughosen mittlerweile sehr angefreundet. Es ist aber auch zu praktisch, eine bequeme Hose zu haben, die man sowohl in der Freizeit als auch „für gut“ anziehen kann.

Ich mag die Gilbert-Bluse gerne, sicher auch wegen des tollen Stoffes. Trotzdem finde ich die Form der Bluse mittlerweile nicht mehr so ganz ideal für mich, irgendwie ist sie mir dann doch zu grade und kantig . Wenn ich sie noch mal nähe, würde ich bei dieser kurzen Form doch die Schleife in den Vorderteilen mitnähen, vielleicht in einer Sommerversion nächstes Jahr. Oder ich nähe sie in der längeren Version, dann aber mit normalen langen Ärmeln mit Manschetten, man könnte auch einfach Rückenabnäher ergänzen, damit die Form nicht ganz so kastig wird.

Also, es gibt viele Pläne und Ideen…aber nach diesem Memademittwoch werden die sicher alle wieder verworfen, da dort eine Vielzahl von neuen Inspirationen und Schnitten gezeigt werden.

Danke fürs Lesen, ich freue mich wie immer auf Eure lieben Kommentare und die wertschätzende Interaktion, die ich auf meinem Blog erlebe!

B Hosen

Seaforth Pants von HeyJune

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Die Gummizughose ist ja mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Man sieht sie überall, in den Geschäften, an den Frauen- natürlich auch an Männern, aber Männer mit Jogginghosen gab es immer schon, das ist normalerweise ein Grund, den Blick voller Grausen abzuwenden.

Aber die Frauen tragen jetzt wirklich schicke Jogginghosen, oft mit einem schönen Oberteil und schicken Schuhen kombiniert, und das sieht dann recht gut aus. Vielleicht ist das auch einfach eine Frage der Sehgewohnheiten, und wenn man etwas oft genug sieht, gefällt es einem- so wird ja wohl auch jeder Modetrend kreiert.

Beim Nähen der Pietra Pants von Closetcore im letzten Jahr hatte ich mich noch gefragt, ob Karl Lagerfeld mit seinem bekannten Zitat („wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“) eigentlich recht hat. Meine Pietrahose wird gerne getragen, und die Kontrolle über mein Leben habe ich seither nicht verloren. Es gab auch noch eine zweite Pietrapants, leider noch nicht verbloggt, folgt vielleicht noch irgendwann. Aber insgesamt war ich mit diesem Versuch einer Jogginghose sehr zufrieden.

Wobei ja die Pietra gar keine richtige Jogginghose ist, da das typische Bündchen am Knöchel fehlt. Und genau solche Schnitte erschienen jetzt auf dem Markt der individuellen Schnittdesignerinnen. Helens Closet brachte die Arden Pants heraus, und Hey June die Seaforth Panths. Wahrscheinlich gibt es auch noch viele ähnliche Schnitte, aber das waren die beiden, die ich für mich in die engere Wahl gezogen habe.

Entschieden habe ich mich für die Seaforth Hose, denn diese hat Taschen, die mit einem Reißverschluss versehen sind, das ist manchmal ja doch ganz gut, wenn so wichtige Dinge wie der Fahrradschlüssel drin sind. Außerdem hat der Schnitt rückwärtige Abnäher, wodurch er zumindest einen Hauch von Paßform bietet, soweit das eben bei einer Hose mit Gummizug möglich ist.

Viel mehr läßt sich über den Schnitt nicht sagen. Genäht habe ich Größe 6, nach meiner Hüftweite, und die Schrittkurve etwas steiler gestellt. Die Anleitung ist sehr gut, Nahtzugabe ist enthalten, also alles so, wie man es sich von einem stabilen Indie-Schnittmuster erwartet.

Der Stoff- ja, was soll ich über den Stoff sagen…ursprünglich wollte ich den Blogpost ja „eine Jogginghose aus Seide- nobel geht die Welt zugrunde“ nennen, aber das fand ich dann doch nicht mehr so passend. Aber es ist tatsächlich Seide, und zwar die sogenannte „raw silk noil“, ein Abfallprodukt bei der Seidenentstehung. Einzelheiten über die Produktion dieses Stoffes kann man bei den Hello Heidis nachlesen, wo ich meinen Stoff auch bezogen habe. Kurz gefaßt ist es so, daß bei der Seidengewinnung viele kurze Fasern anfallen, die für einen hochwertigen Seidenstoff nicht mehr geeignet sind. Daraus wird dann z.B. Bouretteseide produziert, oder eben die „raw silk noil“. Während die Bourettseide noch den Seidenleim enthält und deshalb recht typisch riecht, ist dieser Leim bei der Raw Silk Noil entfernt.

Ich hatte von dieser Stoffqualität noch nie etwas gehört und war ensprechend gespannt auf meine Lieferung aus der Schweiz, wo ich meinen Stoff bestellt hatte. Und der Stoff ist schon schön, hat eine etwas noppige Struktur und einen angenehmen Griff, so ähnlich wie Bouretteseide. Aber als ich den Stoff aus dem Päckchen nahm, war ich zunächst etwas enttäuscht. Die Farbe wird als Khaki bezeichnet, und das ist natürlich ein weiter Begriff zwischen grün und braun. In diesem Fall war es schon ziemlich braun, also eine richtige – Entschuldigung- Kackfarbe.

Deshalb lag der Stoff auch eine Weile im Stapel und wurde nicht zum geplanten Rock verarbeitet, für den er eigentlich gedacht war. Aber jetzt war er dran, und mittlerweile finde ich die Farbe auch gar nicht mehr so schlimm. Und farblich paßt er sich wirklich gut an die Farben des mecklenburgischen Strandes an!

Auch das Top, das ich dazu trage, ist sehr erwähnenswert. Es ist eines der ersten Oberteile, die ich genäht habe, und es hat duchaus eine historische Bedeutung. Genäht habe ich es 2016 und hier verblogt. Der Schnitt heißt Koko und ist von Named Patterns. Bei Named gibt es diesen Schnitt nicht mehr, er wurde aus dem Sortiment genommen. Eigentlich schade, denn es ist ein hübscher Schnitt: aus Jersey genäht, mit einem Einsatz aus Spitze vorne und hinten und witzigen kleinen Flügelärmelchen. Ärmelchen ist auch noch zuviel gesat, es sind eher kleine Schulterabdeckungen, die aber zumindest die empfindlichsten Stellen vor Sonnenbrand schützen können.

Wie antiquarisch der Schnitt ist, habe ich daran gemerkt, daß er auf Instagram nicht zu finden ist. Was leben wir doch in einer rasanten Zeit! Ich finde den Schnitt übrigens immer noch sehr hübsch, vielleicht nähe ich nochmal ein Koko Top, damit unter dem Hashtag #namedpatternskoko zumindest zwei Beispiele zu finden sind…

Auch der Stoff des Oberteiles ist historisch interessant, ein Jersey der finnischen Firma Nosh. Wie schade, daß diese Globalisierung schon vor Jahren aufgekündigt wurde…

Mittlerweile kann ich auch auf einige Wochen Trageerfahrung der Hose zurückblicken. Meine anfänglichen Bedenken wegen der Stofffarbe haben sich zum Glück nicht bestätigt. Die Farbe paßt sich insbesondere jetzt im Herbst sehr gut in meine Garderobe ein, und die Assoziation mit irgendwelchen Verdauungsprodukten haben sich nicht wiederholt. Der Schnitt ist wirklich schön, bequem und fahrradtauglich. Ob es wirklich so schick ist, eine Jogginghose aus Webstoff im täglichen Leben zu tragen, wird sich wahrscheinlich erst in einigen Jahren entscheiden. Ich vermute, man wird dann irgendwann sagen „in den 2020er Jahren war es kurzfristig modern, Gummizughosen auch auf der Straße und im Büro zu tragen- stellt Euch das mal vor!“ – so wie wir heute uns über die Moder der 70er oder 80er Jahre lustig machen- oder sie wieder schick finden. Es wiederholt sich ja einiges immer wieder.

Das Tragegefühl des edlen Stoffes ist eher gewöhnlich, ich merke hier keine Unterschiede zu anderen Stoffen wie Leinen oder Baumwolle. Der Fall des gekräuselten Bundes ist schön weich, aber das hätte ich mit einem vorgewaschenen Leinen wahrscheinlich auch erreicht. Ich hatte das Gefühl, daß ich an den jetzigen warmen Tagen eher wenig schwitze in der Hose, aber auch das wäre wahrscheinlich mit Leinen oder Viskose genauso zu erreichen.

Insgesamt bin ich also nach diesem Nähprojekt nicht unbedingt zu einem großen Anhänger der Raw Silk Noil geworden- ich finde, es gibt andere spannendere Stoffe.

Verlinkt: DufürDicham Donnerstag

Kleid

Elodie Wrap Dress von ClosetCorePatterns

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Dieses Kleid, das Elodie Wickelkleid von Closet Core entstand ausschließlich nach dem Lustprinzip.

Natürlich kann man jetzt einwenden, daß alles, was ich nähe, nur aus Lust am Nähen entsteht. Ich könnte ja auch meine Klamotten kaufen, oder, noch besser, mich mit dem bescheiden, was der gut gefüllte Kleiderschrank beherbergt.

Aber bei vielen Dingen, die ich nähe, ist schon ein Sinn dahinter erkennbar. So entstehen schöne Kleidungsstücke, die mir besser passen als Kaufkleidung, aus schöneren oder ökologisch vertretbareren Stoffen und nach Schnitten, die mir stehen. Ja, ich würde schon sagen, daß ich meinen Stil gefunden habe. Aus den Zeiten, in denen ich noch gekauft habe, erinnere ich immer wieder Fehlkäufe, also Kleidung, die dann nicht getragen wurde. Das passiert mir bei den genähten Sachen mittlerweile fast nicht mehr.

Und trotzdem ist es manchmal einfach die Lust am Nähen, die zur Entscheidung eines genähten Stückes führt und über die Vernunft siegt. Die Vernunft sagte mir in diesem spätsommerlichen Fall, daß es keinen Sinn mehr macht, jetzt noch ein Sommerkleid zu nähen. Sie meinte auch, ich könne mich jetzt wirklich mal mit der Herbstgarderobe befassen, und hatte mir auch schon einen Rock- und einen Blusenschnitt herausgelegt.

Aber dann kam dieser neue Schnitt von Closet Core heraus, ein Wickelkleidschnitt, dessen Schnittführung mir sofort gefiel. Meine Vernunft, die alte Nörglerin, hatte natürlich sofort ihre Gegenargumente bereit: Wickelkleider sitzen nicht, klaffen nur auf und sind nicht alltagstauglich- ja, da hatte sie natürlich recht, das waren so meine Erfahrungen bisher mit Wickelkleidern. Andererseits habe ich mit den Schnitten von Closet Core bisher überwiegend sehr gute Erfahrung gemacht. Und das entscheidende war – ich hatte einfach Lust darauf , diesen Schnitt zu nähen.

Die Stoffwahl war nicht so schwierig, denn es gab noch diesen genialen Liberty-Stoff im Stoffregal, der auf seine Verwendung wartete.

Gekauft hatte ich ihn ursprünglich für ein Kleid nach einem der vielen schönen Sewoverit-Schnitte, konnte mich dann aber nicht für einen Schnitt entscheiden und deponierte den Stoff erstmal auf dem Stoffstapel. Dort war er absolut nicht richtig aufgehoben, denn so oft ich ihn betrachtete und streichelte, wurde mir bewußt, was für ein tolles Material es ist. Viel zu schade zum alleinigen Streicheln! Das Muster stammt übrigens aus dem Jahr 1933 und wird seither immer wieder in verschiedenen Farben neu aufgelegt. Mich erinnert es an stilisierte Beeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren? egal, jedenfalls irgendwas sehr Appetitliches!

Aber jetzt war der Zeitpunkt da, Stoff und Schnitt paßten zusammen, es gab noch zwei freie Tage am Ferienende und die Vernunft wurde ausgeschaltet.

Für die Nählust sind die Schnitte von Closet Core immer ideal. Die Anleitung ist so ausführlich, daß das Gehirn wunderbar von Vernunft auf Lust schalten kann, der Schnitt näht sich also sozusagen fast von alleine. Über die Anpassung muß man sich bei diesem Schnitt auch keine so großen Gedanken machen, weil er wirklich raffiniert gemacht ist. Die Ärmel sind überschnittene Kimonoärmel- da fallen die Probleme mit Schulter und Armausschnitt schon mal weg. Die Abnäher im Vorderteil sind offene Abnäher, also nur abgesteppte Falten, da muß der Brustpunkt vielleicht auch nicht so ganz genau definiert werden. Die Taille reguliert sich mit dem Bindeband, und die Hüftweite verschwindet unter dem weiten Rock. Und trotzdem entsteht kein formloses Gebilde, sondern ein Kleid, das Figur zeigt- ich finde, so was ist schon ein Zeichen, daß der Schnitt einfach gut gemacht ist.

Ich habe die Größe 8 genäht und zur Taille hin auf eine 10 gradiert, damit bin ich sehr zufrieden. Mittlerweile erschien auch ein Tutorial bei ClosetCore, in dem verschiedeneSchnittanpassungen wie eine FBA/SBA und anderes beschrieben werden. Ich hätte wohl eigentlich eine FBA machen sollen aufgrund meiner Maße, aber eigentlich finde ich die Paßform des Oberteiles so recht gut.

Natürlich hat der Schnitt Taschen, in diesem Fall aufgesetzte Taschen, die aber zum Stil des Kleides gut passen, finde ich.

Wunderbar ist die Form des Halsausschnittes. Normalerweise steht der immer leicht etwas ab bei mir, da ich eigentlich einen Nackenabnäher benötige. In diesem Fall liegt alles perfekt an.

Der Rücken hat eingelegte Falten an der Taille, in Verbindung mit dem perfekt anliegenden Nackenausschitt ergibt sich eine schön blusige Form des Oberteiles, das ist eines meiner Lieblingsdetails an diesem Schnitt.

Der Schnitt enthält drei verschiedene Längen, von Mini bis Maxi. Ich habe zuerst sehr mit der Maxi-Variante geliebäugelt, aus einer gut fallenden Viskose, und dann an einem lauschigen Sommerabend ein Konzert besuchen…diese Träume habe ich jetzt erstmal auf 2021 geschoben, aus naheliegenden Gründen. Meine Version ist ein Mittelding zwischen der Mini- und Midiversion, und ich finde die Länge so ganz schön.

Das Oberteil klafft wirklich kaum auf, jedenfalls nicht im normalen Leben. Wenn ich mich allerdings auf die Couch flegele, gewährt es natürlich einige Einblicke, aber das ist auf der Couch vielleicht auch nicht so schlimm. Ich wollte das Kleid, da es ja so schön und so neu war, eigentlich bei einem Streichquartett- Vorspiel anziehen- davon habe ich dann aber doch abgesehen. Ich spiele Bratsche im Streichquartett und bewege mich dabei naturgemäß mit dem Oberkörper und den Armen. Ich bin zwar durchaus fähig zum Multitasking, aber gleichzeitig darauf zu achten, nicht allzu viele falsche Töne und keine unliebsamen Einblicke zu produzieren, das hätte mich dann doch überfordert. Ich habe dann lieber ein anderes Kleid angezogen.

Der Rock ist recht weit überlappend, aber er ist nun mal ein Wickelrock und zeigt viel Bein, vor allem wenn man auf einer windigen Wiese im Spessart steht. Im normalen Leben ist das nicht so schlimm, eine gewisse Öffnung des Rockteiles gehört sicher dazu zu einem Wickelkleid. Da ist es gut, wenn der Stoff halbwegs durchgefärbt ist wie bei meinem Liberty-Stoff, eine weiße Stoffrückseite würde sich nicht gut machen. Die Nähte habe ich übrigens alle französisch gearbeitet, auch in Gedanken an eventuelle Einblicke in das Innenleben des Kleides.

Ich habe das Kleid in den letzten warmen Tagen des Augusts häufig und gerne getragen. Genial ist wirklich das Tragegefühl des Stoffes. Ich mag ja die Libertys schon lange wegen den schönen Mustern, ein Kleid daraus hatte ich noch nie genäht. Aber es ist wirklich ein unvergleichliches Gefühl, diesen Stoff auf der Haut zu tragen.

Für den Herbst werde ich das Kleid wohl mit einem Unterkleid tragen, dann sind unverhoffte Einblicke auch nicht mehr das Problem.

Und die Stimme der Vernunft, die mir ja so vom Nähen des Kleides abgeraten hatte, wurde immer leiser, je weiter ich im Nähprozess fortschritt. Irgenwann hörte ich sie noch mal leise grummeln: „…ist ja doch sehr schön geworden“ … „kann man sicher im nächsten Jahr auch wieder anziehen“…

Also ich glaube, ich habe alles richtig gemacht! Und als nächstes nähe ich wirklich ganz vernünftig meine Herbst-Garderobe!

Dieses Kleid ist mein Beitrag zum September –Memademittwoch – die Linkparty zeigt viele, viele andere schöne Kleider!

Kleid Schnittkonstruktion

Sommerkleid

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Die Idee für dieses Kleid hatte ich vor zwei Jahren. Es waren diese heißen Hochsommertage, an denen man eigentlich überhaupt nichts anziehen möchte, und wenn es dann doch sein muß, dann nur ein leichtes, ganz lockeres Kleid.

Solche Kleider habe ich damals in Mengen bei einschlägigen Geschäften hängen sehen. Sie waren aus einer leichten , gekreppten Baumwollware, gefertigt in einem fernöstlichen Staat und der Preis entsprechend niedrig. Natürlich habe ich keines dieser Kleidungsstücke gekauft, und genäht hatte ich damals dann auch nichts ähnliches, sondern ein Viskosekleid, nämlich das Felixkleid von Grainline Studio. Das war ja dann auch ein schönes Kleid, was mich durch die heißen Tage des Jahres 2018 gebracht hat.

Auch 2019 habe ich wieder ein ärmelloses Viskosekleid genäht, nämlich das Kittykleid von Sewoverit. Auch dieses Kleid brachte mich wieder gut durch die heißen Sommertage des letzten Jahres.

Aber dieses Jahr konnte ich endlich meinen Plan von vor zwei Jahren umsetzen. Denn sobald ich diesen schönen Baumwoll-Leinenstoff in den Händen hielt, fiel mir meine Kleideridee von vor zwei Jahren wieder ein. Der Stoff hat eine leichte Crinkle-Struktur, genau so sollte er sein für mein Sommerkleid 2020!

Das Kleid sollte ein schlichtes Oberteil haben und daran einen eingekrausten Rock. Solche Schnitte gibt es sehr viele. sowohl in den Zeitschriften als auch bei den Indie-Schnitterstellerinnen. Da ich mir aber grade einen ärmellosen Oberteilschnitt zusammengebastelt hatte, lag es nahe, auch diesen Schnitt für mein Kleid zu nehmen.

Die Sache mit den ärmellosen Schnitten ist ja nicht so trivial, wie es manchmal gesehen wird. Wenn ich bei einem Schnitt lese, daß man für die Version ohne Ärmel einfach die Ärmel weglassen soll, kräuseln sich mir sämtlich Nackenhaare. Der Witz bei einem ärmellosen Schnitt ist ja, daß der Armausschnitt soweit verkleinert wird, daß es nicht zu unliebsamen Einblicken seitlich ins Kleid kommt. Das Felixkleid, das ich oben erwähnt habe, ist dafür ein Beispiel. Eigentlich kann ich es ohne Top darunter gar nicht in der Öffentlichkeit tragen. Aber an den bewußten heißen Tagen will man ja keine Tops unter dem Kleid anziehen, das ist alles viel zu warm.

Die Schulterpunkt ist bei einem ärmellosen Oberteil weiter innen als bei einem Schnitt, in den Ärmel eingesetzt werden. Wenn er zu weit nach innen rutscht, ist das zwar sehr angenehm beim Tragen, wie man beim Kittydress sieht. Das ganze nennt sich glaube ich amerikanischer Armausschnitt- man sieht dann aber die BH Träger, oder muß einen Neckholder BH tragen.

Bei meinem selbst gebstelten Oberteilschnitt habe ich versucht, das alles zu berücksichtigen, und meine beiden genähten Exemplare werden gerne und viel getragen.

Den schönen V-Ausschnitt habe ich von Tunika von Inge kopiert, und auch die Verarbeitung mit einem Beleg habe ich aus ihrem Video übernommen. Bei mir ist der Beleg allerdings durchgehend, da ja auch die Armausschnitte damit versäubert werden müssen.

An diesen Oberkörperschnitt habe ich dann einen eingekrausten Rock gehängt. Das ganze ist ziemlich simpel, so daß ich hier gar nicht das Prädikat „selbstkonstruiert“ anwenden möchte. Die einzige Denkarbeit war die Frage , wo die Taille des Kleides sitzen sollte (ich hatte mich für die natürliche Taille entschieden) und das Ausmaß der Taillierung (hier habe ich die Abnäher im Rücken- und Vorderteil alle genäht, aber alle mit einem etwas geringeren Abnäherinhalt). Die Hoffnung war, daß das Kleid auf diese Art nicht allzu formlos und umstandskleidmäßig aussehen würde. Um die Mehrweite zu Kräuselung des Rockes mußte ich mir keine großen Gedanken machen, denn die wurde durch die Stoffbreite festgelegt, da Vorder- und Rückenteil nebeneinander auf die Stoffbreite passen mussten und auch noch diese blöde Karoanpassung zu berücksichtigen war.

Ach ja, die Karoanpassung…wenn dies jetzt ein Arbeitstzeugnis wäre, würde wohl zum Thema Karoanpassung stehen „war stets bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“….ich hatte mich schon bemüht, ganz gelungen ist es mir nicht. Es war aber auch schwierig, da ich auch noch einen rückwärtigen Reißverschluss mit eingebaut habe und der Crinkle-Stoff beim Nähen sich immer so einbißchen verschoben hat. Mit dem Ergebnis kann ich leben- es ist immer noch um Klassen besser als bei vielen Kaufkleidern.

Insgesamt bin ich mit meinem Sommerkleid 2020 sehr zufrieden. Durch den leichten Stoff trägt es sich grandios, und zum Radfahren ist es viel besser geeignet als die Viskosekleider der beiden letzten Jahre. Natürlich ist es sehr schlicht, um nicht zu sagen langweilig, raffinierte Schnitt kann ich (noch) nicht selbst erstellen. Mal sehen, was ich im Sommer 2021 nähen werde!

Jetzt schaue ich mir erstmal die Galerie der August-Nähwerke des Memademittwoch an. Sicher gibt es da viele schöne Sommerkleider zu bewundern!

Kleid Uncategorized

Fibremood Joanne oder „Das Alltagskleid“

Normalerweise hebe ich alle ausgedruckten oder abgepausten Schnitte erst mal auf, mehr oder weniger ordentlich in Klarsichthüllen archiviert. Den Schnitt von diesem Kleid allerdings habe ich voller Genuß in der Mülltonne versenkt, als das Ende der Näharbeiten erkennbar war. Was war passiert?

Die Aktion des Schnittversenkens in der Mülltonne (ja, es war die Papiermülltonne, soweit hat der Verstand dann doch noch funktioniert) war nur das Ende eines langen Wechselbades der Gefühle, in die mich dieser Schnitt geführt hatte.

Der Schnitte Joanne erschien letztes Jahr in der Fibremood. Ich hatte mir die Zeitschrift extra wegen dieses Modelles gekauft- so schön erschien mir das Kleid, von einem jungen schlanken Modell in einer bewegten Pose auf dem Titelbild der Zeitschrift präsentiert.

Quelle: Fibremood No 5

Die Elemente des Kleides gefielen mir gut: eine leichte A-Form des Rockes, ein breites Taillenband, das duch ein Bindeband am Rücken auf Form gebracht wurde und leicht überlappende Oberteile, die sowas wie einen V-Ausschnitt formten.

Beim näheren Betrachten des Schnittes kamen mir dann Bedenken: würde der Ausschnitt nicht zuviel von der Brust freigeben? Auf den Bildern im Heft war das nicht so ganz erkennbar, aber zu ahnen. So wanderte das Heft erst mal auf einen der vielen Stapel und die Nähpläne für Joanne in den Hintergrund.

Dieses Jahr fiel mir der Schnitt wieder ins Auge, und wieder war der erste Eindruck eine absolute Begeisterung für die Silhouette dieses Kleides. Sollte es mir nicht doch gelingen, eine schöne Version des Schnittes zu nähen?

Eigentlich mag ich diese Phase des Nähens ja gerne. Man hat eine Idee für einen Schnitt, überlegt sich, was man gerne tragen würde, vielleicht gibt es ja auch tatsächlich eine Lücke im Kleiderschrank (wobei der letzte Punkt bei mir nicht mehr so oft zutrifft, das gebe ich zu, der Schrank ist üppig gefüllt, leider auch überwiegend mit selbst genähten und gern getragenen Sachen!)

In dieser Phase der Planung und Schnittfindung schaue ich immer ins Internet. Wer hat den Schnitt schon genäht, welche Blogbeiträge gibt es, wie sehen die genähten Beispiele aus, gibt es Probleme mit dem Schnitt? Die Suche nach Blogbeiträgen führt mittlerweile ja leider immer wieder ins Leere, denn viele Nähbloggerinnen haben sich auf Instagram zurückgezogen und beschränken sich da auf das Präsentieren von mehr oder weniger aussagekräftigen Bildern.

Bei den Indieschnitten aus dem englischsprachigen Raum hat man da noch mehr Glück, insbesondere die englischen Nähbloggerinnen bloggen unverdrossen weiter, ist mein Eindruck. Bei den Fibremood-Schnitten findet man, wenn überhaupt, nur Blogbeiträge auf niederländisch oder flämisch. Das sind Sprachen, die ich nicht so fließend beherrsche, auch wenn ich manches dann ahnen kann. Deutsche Blogbeiträge über Joanne- Fehlanzeige!

Und ich wollte eigentlich auch nicht über dieses Kleid bloggen und mich auf meinen kurzen Instagram-Post zurückziehen, den ich im Rahmen des Memademay gemacht hatte. Aber ich dachte dann immer wieder, das ist doch eigentlich schade, ich habe mir jetzt soviel Gedanken über das Kleid gemacht, vielleicht kann ich damit einer anderen Näherin weiterhelfen. So entstand der Plan zu diesem Blogpost!

Also, der Schnitt ist eigentlich wunderschön, er hat aber ein Problem, oder eigentlich einen Fehler, wie ich finde.

Joanne hat ein Taillenband, das in einer Spitze zwischen den Brüsten ausläuft. Auf dem Taillenband sind die Knöpfe befestigt. Das Oberteil darüber hat nur eine einfache Stofflage, der Rand ist mit Schrägband versäubert.

Quelle: Fibremood

Die Oberkante des Taillenbandes soll, vermute ich mal einfach, unter der Brust verlaufen. Der oberste Knopf liegt üblicherweise auf der Brustlinie. Zwischen diesen beiden Linien liegt im Schnitt eine Entfernung von ca 3,5 cm, damit komme ich auf einen Brustdurchmesser von 7cm. Das entspricht der Brust einer gerade pubertierenden Elfjährigen…hmm, so kann es ja nicht gemeint sein bei einem Modell für eine erwachsene Frau. Erschwerend kommt hinzu, daß zumindest ich das oberste Knopfloch nicht so weit oben in der Spitze des Taillenbandes platzieren konnte, denn da sind Nahtzugaben im Weg und eben die Stoffkanten der Spitze- da streikt meine Knopflochautomatik. Gut, vielleicht hätte ich manuell das Knopfloch noch etwas höher nähen können, aber ein Knopfloch an einer derart exponierten Stelle soll ja auch perfekt aussehen, und das kann doch nur die Knopflochautomatik.

Ich denke, das ein gewisses Aufklappen der Oberteil vermutlich gewünscht war von der Designerin des Schnittes, so wirkt es jedenfalls im Heft. Ob das aber so tragbar ist, ist sicher eine ander Frage. Die meisten Näherinnen des Schnittes sahen es offensichtlich anders, denn so merkt man auf vielen Beispielen der Instagram-Joannes das Bemühen, diesen klaffenden Brustausschnitt zu bedecken, durch zusätzliche Knöpfe oder Haken.

Ich hatte mir das ganze im Vorfelde des Nähens auch schon überlegt, kam aber zu keiner entscheidenden Lösung. Ich hatte mich dann entschieden, das Kleid einfach mal zu nähen und dann zu sehen, wie es sich trägt.

Vor dem Nähen kommt das Zuschneiden, und noch davor das Kopieren oder Ausdrucken des Schnittes. Ich hatte ja das entsprechend Fibremood Heft, aber die Tätigkeit des Schnittkopierens scheue ich wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Mir geht es dabei nicht nur um die Zeit, die in meinen Augen verloren geht, sondern auch um die vielen Fehler und Ungenauigkeiten, die zumindest ich dabei mache. Und da die Fibre Mood auch pdf Dateien ihrer Schnitte anbietet, investiere ich da gerne etwas Geld für meine Bequemlichkeit. So dachte ich zumindest, bis dann mein ausgedruckter Schnitt vom Plot-Service zurückkam- der war überlappend gedruckt, musste also teilweise nochmal abgepaust werden.

Vielleicht hatte ich bei der Auswahl der Datei auch etwas verkehrt gemacht, ich lasse mich da gerne belehren oder schaue beim nächsten Mal noch genauer hin. Im Fall von Joanne war das aber die nächste Enttäuschung, die sich im Nähprozess ereignete.

Und so ging es weiter…ich hatte bald das Gefühl, daß die Passform des Oberteiles nicht so super werden würde, andererseits ist das auch ein simpler, weiter Schnitt mit lediglich Taillenabnähern im Rückenteil, vielleicht kommt es da auf eine exakte Paßform nicht so drauf an. Ich hatte das Oberteil um ca 1,5 cm verlängert, damit das Taillenband unter der Brust abschliesst, sonst aber keine Änderungen vorgenommen.Beim Nähen habe ich viele Fehler gemacht, Teile verkehrt zusammengenäht, wieder getrennt um sie dann nochmal verkehrt zusammen zu nähen. Der Halsausschnitt wird mit Schrägband versäubert, eine Technik, die auch nicht zu meinen Lieblingsnähtechniken gehört. Irgenwann war mir dann auch alles egal, ich wollte das Kleid fertig stellen, mir den Mißerfolg des Schnittes eingestehen und dann zum nächsten, hoffentlich erfolgreicheren Projekt übergehen. Also, schnell noch den Rock gesäumt, natürlich mit der Maschine, gebügelt und erstmal weggehängt. An diesem Punkt folgte dann die Aktion der Schnittvernichtung in der Papiermülltonne, ich war mir sicher, daß ich diesen Schnitt niemals wieder nähen würde.

Am nächsten Tag habe ich das Kleid nochmal angezogen. Einige Knöpfe hatte ich angenäht, und stellte fest, daß es eigentlich doch nicht so schlimm aussah. Aber das Oberteil klaffte weit auseinander, da fehlte eindeutig ein Knopf. Ich habe dann einfach ein weiteres Knopfloch ins Oberteil genäht- in ein Teil mit einfacher Stofflage, unverstärkt, mein Nähgewissen hat da schon sehr aufbegehrt. Aber dann sah das ganze gleich besser aus, und irgendwie hatte das Kleid schon eine schöne Silhouette. Gut, das Oberteil saß nicht so richtig, aber an dem Taillenband waren ja Bändel befestigt, mit denen man das ganze auf die gewünschte Weite oder Enge schnüren konnte. Für den Garten oder für die Freizeit sollte das Kleid schon gut sein! Und ich hatte auch einen eigentlich sehr schönen Stoff genommen, einen Robert Kaufman- Chambray, der völlig zu Unrecht schon eine Weile im Stoffstapel schlummerte.

Also, das Kleid war fertig- und wurde bald angezogen. Mir war ja klar, daß es kein so super Beispiel für meine Nähkünste war, deshalb sah ich auch keinen Grund, das Kleid zu schonen. Bei besonders schönen Teilen, die ich genäht habe, habe ich nämlich den Hang, das genähte Teil für eine besondere Gelegenheit aufzuheben und möglichst nicht gleich im Alltag zu verschleissen. Aber bei diesem Kleid kam es ja nicht darauf an, das mußte nicht geschont werden. Also trug ich es- zum Einkaufen, beim Kochen, bei der Gartenarbeit. Eisessen, und es tropft etwas Schokoladeneis auf das Kleid? kein Problem, einfach abgewischt, kommt ja nicht so drauf an! Beim Radfahren getragen, durchgeschwitzt- alles gut möglich, ist ja kein Paradeteil, das muß das alles ertragen. Und so kam ich langsam zu der Erkenntnis, das dieses ungeliebte Kleid absolut das Potential zu einem Alltagsrenner hat. Es trägt sich aber auch wirklich angenehm: es ist luftig, bedeckt aber trotzdem die Schultern, die Weite läßt sich problemlos regulieren und die Länge ist genau richtig, um locker die Beine zu bedecken und trotzdem noch radfahrtauglich zu sein.

Und so trug ich das Kleid auch gerne bei dieser Wanderung durch den sommerlichen Kraichgau. Wandertauglich ist das Kleid natürlich auch!

Mittlerweile habe ich mir wirklich überlegt, ob ich den Schnitt nicht doch nochmal nähen sollte. Auch wenn der Papierschnitt entsorgt wurde, habe ich die Datei natürlich immer noch, und auch das Heft zum Abpausen. Ich glaube, wenn ich das Kleid nochmal nähen würde, würde ich das Oberteil doppeln oder füttern. Dann hätte ich das Problem mit der Schrägbandversäuberung nicht mehr. Ich würde auch aus dem vorderen Halsausschnitt etwas Länge nehmen, damit er nicht mehr so klafft, und natürlich auch vom Rücken etwas Stoff entfernen, vielleicht einfach durch tiefere Taillenabnäher.

Ja, und natürlich einen weiteren Knopf und Knopfloch einplanen, dann aber auf einer schön verstärkten doppelten Stofflage, so wie sich das gehört. Mein Knopfloch hält ja bisher ganz tapfer durch, aber das wird irgendwann ausreißen, da bin ich mir sicher. Und dann werde ich mir sicher denken, wie schade um das schöne Kleid, daß ich so oft und so gerne im Alltag getragen habe…

verlinkt: Du für Dich am Donnerstag

The creative lover

Rock Schnittkonstruktion Uncategorized

Stadtrock von stokx

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Wickelröcke sind eine tolle Erfindung. Problemlos passen sie sich den Schwankungen der Taillenweite an und sitzen immer an der richtigen Stelle der Taille. Beim Nähen erspart man sich zeitraubende Verschlusstechniken wie Reißverschluss oder Knöpfe, wird ja alles nur einfach gewickelt. Auch über die Anpassung und Größenwahl bei der Bundweite muss man sich im Vorfeld keine Gedanken machen.

Diesen unbestreitbaren Vorteilen steht aber ein gravierender Nachteil dagegen: ein Wickelrock hat natürlich irgendwo immer eine Öffnung, sozusagen eine Sollbruchstelle, und die befindet sich bei den typischen Wickelröcken im Vorderteil. Sieht im Stehen immer hübsch aus, beim Sitzen muß man dann schon sehr auf die Beinhaltung achten, um nicht allzu viel Einblicke zu erlauben. Die Katastrophe kommt beim Fahrradfahren- spätestens da weiß dann jeder Betrachter über die Farbe des Unterhöschens Bescheid.

Da zumindest ich das nicht möchte, habe ich mir den Stadtrock von Stokx Patterns genäht.

Die Schnitte von Melinda Stokes sind vielen von uns schon lange bekannt. Die australische Modedesignerin ist eine Freundin von Meike (besser bekannt als Frau Crafteln), und Meike hatte vor einigen Jahren schon eine Sammlung von Stokx Schnitten veröffentlicht. Die Stokx-Schnitte sind alle irgendwie ungewöhnlich- aber in einem sehr positiven Sinn. Sie sind sehr darauf ausgelegt, daß sie bequem sind und im Alltag gut funktionieren. Dabei sind sie aber ausgesprochen schick, und in dem Berliner Geschäft von Frau Stokes werden sie zu einem sehr hohen Preis vertrieben.

Die Kombination , daß eine Designerin ihre Mode sowohl in einem eigenen Geschäft vertreibt als auch die Schnitte bereitstellt, ist in meinen Augen recht ungewöhnlich. Ich glaube, ich habe das auch mal bei einer französischen Designerin gesehen, kann mich aber an den Namen nicht mehr erinnern.

Zum Schnitt: der Stadtrock hat eine leichte A-Form, in Vorder- und Rückenteil sind Abnäher. Das Vorderteil hat ein leicht nach oben geschwungene Passe. Auch das Rückenteil ist geschlossen, es gibt also keine Möglichkeit für ein peinliches Aufschwingen des Rockes. Das Rückenteil hat eine deutliche Mehrweite und zwei aufgesetze Bändel- wenn man an diesen zieht, formt sich eine Falte und die Bändel können dann vorne vorm Bauch gebunden werden.

Ich bin nach wie vor überrascht, daß das so gut klappt mit dem Binden. Ich hätte ja gedacht, daß der Zuppel-Faktor ziemlich hoch sein wird, aber es ist wirklich so- man zieht an den Bändeln, und die Falte formt sich.

Der Rock hat auch noch eine Seitentasche, die mit einem Reißverschluss geschlossen wird. Die Tasche könnte man natürlich auch weglassen- aber ich finde sie sehr praktisch.

Die Anleitung ist auf englisch. Sie ist umfassend und sehr gut. Man braucht sie vielleicht nicht, weil die Grafiken, die dabei sind, einfach hervorragend sind.

Genäht habe ich den Rock in Größe 1- Stokx hat ein eigenes Größensystem, und die Masse des fertigen Kleidungsstückes werden angegeben. Den Schnitt gibt es (bisher?) nur als pdf, dafür ist der Preis …hm…sehr im oberen Bereich angesiedelt und liegt noch über dem Preis vieler anderer Indie-Designerinnen aus dem englischsprachigen Raum. Ich könnte mir vorstellen, daß der hohe Preis manche vom Kauf des Schnittmusters abhalten wird. Andererseits ist der Preis gerechtfertigt, wenn ich die viele Arbeit einrechne, die in so einem Schnitt steckt, und vor allem dieses unbezahlbare Hintergrundwissen einer erfahrenen Schnittdesignerin. Vielleicht sind alle anderen Schnitte einfach zu billig?

Ich habe jedenfalls den Kauf dieses Schnittes bisher keine Sekunde bereut. Ich trage den Rock sehr gerne, er sieht unglaublich schick aus und ist dabei absolut alltagstauglich. Und Fahrradfahren geht super!

Genäht habe ich den Rock aus einem Tencel der dänischen Stoff-Firma Meet Milk. Mittlerweile gibt es ja so viel schöne Tencel Stoffe von MeetMilk oder auch von Mindthemaker, daß ich nicht mehr so ganz den Überblick über die verschiedenen Qualitäten habe. Dies ist ein Tencel Jacquard mit einem kleinen Elasthan-Anteil, bestellt hatte ich ihn ohne große Pläne, sozusagen ohne Sinn und Verstand, weil ich die Stoff-Struktur so wunderschön fand. Als ich den Stoff aus dem Päckchen holte, sprach er sofort zu mir, daß er ein Rock werden wolle…manche Stoffe sagen einem das ja sofort. Nur welcher Rock, das wußte er damals noch nicht, so ein Stoff kann ja auch nicht alles wissen! Aber mit dem Stadtrock war er sofort einverstanden, und ich glaube, da hat er eine gute Bestimmung gefunden. Er knittert übrigens kaum, auch das macht den Rock im Alltag so angenehm und radfahrtauglich.

Auch das Top, das ich auf diesen ersten Bildern trage, ist aus einem sehr schönen Stoff genäht. Eine Viskose der französischen Stofffirma Cousette, deren Stoffe in Deutschland glaube ich eher weniger bekannt sind. Der Schnitt ist selbst gebastelt und beruht auf meinem Oberkörpergrundschnitt. Mein Ziel war, ein ärmelloses Top zu nähen, das weit genug ist, um ohne Verschluss auszukommen, aber trotzdem nicht formlos. Ich dachte an so etwas ähnliches wie das Willow-Tank von Grainline, das ich schon zweimal genäht hatte und im Sommer gerne tragen. Das Willow ist aber doch recht kastig, das wollte ich versuchen zu ändern, außerdem einen V-Ausschnitt und einen durchgehenden Beleg für Arm- und Halsausschnitt, um das Gefummel mit der Schrägbandverarbeitung zu vermeiden.

Das dunkelgeblümte war der erste Versuch. Wie man sieht, ist der Armausschnitt zu weit, sonst war ich eigentlich schon ganz zufrieden mit dem Oberteil. Beim Nähen fand ich den Stoff auch schön passend zu meinem dunkelblauen Rock, die Ernüchterung kam erst, als ich die Kombination aus beiden Teilen dem Fotografen aka Ehemann vorführte, der erklärte, das Top passe ja überhaupt nicht zum Rock. Beim Betrachten der Bilder mußte ich ihm recht geben, farblich ist es nicht optimal, obwohl die Viskose einen dunkelblauen Hintergrund hat.

Also mußte ich noch ein Top nähen, diesmal aus einer Viskose von Atelier Brunette. Der Vorteil an diesen ärmellosen Tops ist ja, daß sie schnell genäht sind und außerdem nicht allzu viel Stoff benötigen. Den Armausschnitt hatte ich bei dieser Version jetzt etwas verkleinert. Dazu habe ich den Schulterpunkt etwas tiefer gelegt und im vorderen Armausschnitt im Schnitt einen Abnäher gezeichnet (den dann natürlich in den Brustabnäher gedreht). Jetzt ist der hintere Armausschnitt vielleicht noch ein bisschen zu weit, aber sonst bin ich mit der Bastelei ganz zufrieden. Ich kann es gut über den Kopf anziehen, obwohl es keinen Verschluss hat, es bedeckt Schultern und BH Träger und ist trotzdem luftig.

Und paßt ausserdem gut zum Rock! Der Fotograf war diesmal zufrieden und hat wieder eine Reihe von schönen Bildern gemacht.

Und wer bis hierher gelesen hat, fragt sich vielleicht auch, warum ich jetzt einen so schönen wordpress-Blog habe…hier muß ich natürlich zugeben , daß das nicht mein Werk ist. Auch wenn ich offensichtich lesen und schreiben kann, betrachte ich mich im digitalen Bereich durchaus als Analphabeten. Zum Glück gibt es aber andere, die sich dort gut auskennen, und in diesem Fall war es meine liebe Nähbloggerkollegin Gabi Made with Blümchen, die meinen Blog umgezogen hat. Ich freue mich sehr darüber und hoffe, daß alles auch weiterhin im neuen Blog funktioniert, insbesondere die Kommentare- wenn nicht, bitte ich um Eure Geduld, wie gesagt, digitaler Anaphabetismus, nicht so einfach zu ändern!

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